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Erster Bauabschnitt im Zentralwerk geschafft

Die Türme an der alten Druckerei Völkerfreundschaft sind saniert. Bis September wird auch das Haupthaus belebt.

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Von Marcus Herrmann

Das Vorzeigeprojekt im Dresdner Norden nimmt immer mehr Form an. Die Fassaden der beiden denkmalgeschützten Türme auf dem Areal an der Riesaer Straße 32 sind frisch verputzt. Im Inneren wurden die ersten Büros und Ateliers für Bildende Künstler, Architekten oder eine Theaterwerkstatt bezogen.

„In den beiden sechsgeschossigen Türmen sind 33 Räume vermietet, für vier Euro Kaltmiete. Drei sind noch frei“, sagt Nikolaus Woernle. Zusammen mit Mitstreiter Jan Böhme und 34 weiteren Personen gehört der freischaffende Musiker und Sounddesigner der 2013 gegründeten Genossenschaft Zentralwerk an. Sie möchte aus dem ehemaligen Industriebau auf 7 000 Quadratmetern Nutzfläche einen Ort zum Wohnen und Arbeiten sowie für Kunst- und Kulturprojekte machen. Es geht voran: „Wir werden auch im Haupthaus bald überall Strom und Heizungsanschlüsse haben. Die Entkernung und Abbrucharbeiten sind bereits beendet“, sagt Softwareentwickler und Genossenschafts-Vorstand Jan Böhme. Bis September 2016 soll das Haus fertig saniert sein. Als Nächstes werden die Fenster erneuert und die Atelierräume und Büros im ersten und zweiten Stock so hergerichtet, dass sich die zukünftigen Mieter nur noch einrichten müssen. „Die erste Etage wird an Künstler oder kleine Gewerbe wie Landschaftsarchitekten oder den Kulturverein Sachsen vermietet. Ansonsten werden auch Mietwohnungen entstehen“, so Böhme.

Laut Satzung gilt: Zwei Drittel der Fläche stehen Künstlern zur Verfügung, ein Drittel wird zum wohnen genutzt. Das sei mit dem Besitzer des Grundstücks abgesprochen. Es gehört der Stiftung Trias, die Grund und Boden vor spekulativem Umgang bewahren will. Deshalb hat sie das Gelände für knapp vier Millionen Euro erworben. Zwei Millionen haben der Freistaat und die Stadt über eine städtebauliche Vereinbarung gezahlt. „Unserer Genossenschaft ist es über ein Erbpachtmodell möglich, das Areal zu nutzen“, erklärt Woernle. In dem gut erhaltenen Saal gegenüber dem Haupthaus finden schon seit Jahren Kunstprojekte, Vorträge und anderes statt. „Uns war von Anfang an wichtig, den Standort hier zu bespielen, auch wenn vieles noch sanierungsbedürftig ist.“

Noch immer werkeln Dutzende Handwerker in den einzelnen Gebäuden, setzen Türrahmen ein oder beginnen die Fassade am Haupthaus in Schuss zu bringen. Im Innenhof stehen Lkw und Baufahrzeuge. „Seit zwei Wochen haben wir im Haupthaus Gasanschlüsse, jetzt kommt noch der Strom hinzu“, so Böhme. Im Keller wurden Bodenplatten entfernt und Heizungsrohre verlegt. „Es geht spürbar vorwärts“, sagt Woernle, der fast täglich vor Ort ist. Auch um zu gucken, ob alle Baumaterialien noch an Ort und Stelle sind. „Wir hatten in den letzten Monaten leider immer wieder mit Diebstahl, vor allem von Werkzeugen, zu tun. Inzwischen ist die Situation besser, weil fast alle Durchgänge durch Türen gesichert sind“, so der 42-Jährige. Einen Wachschutz wolle die Genossenschaft nicht beauftragen. Um in diese einzutreten, müssen Interessenten übrigens einen Pflichtanteil von 600 Euro zahlen. Billiger ist es da, eine Patenschaft für einen symbolischen Quadratmeter im Saal des Zentralwerks zu übernehmen.

„Die Aktion läuft weiter. Für 99 Euro können die Leute die kulturelle Nutzung und die Instandhaltung des Saals unterstützen“, erläutert Woernle. Zehn Prozent der Fläche des Zentralwerks seien für die öffentliche Kultur vorgesehen. Im neuen Jahr wird zum Beispiel Performance-Künstlerin Dana Caspersen da sein. „Sie wird im April eine soziale Choreografie mit ausgewählten Gästen aus sozialen Einrichtungen durchführen“, so Woernle. Am 18. und 19. Juni findet außerdem zum zehnten Mal das Kunst-Festival Sichtbetonung im Zentralwerk statt. Bis dahin will die Genossenschaft neben der Fertigstellung der Wohnungen und Räume noch ein wichtiges Ziel erreichen: „Um unseren Saal langfristig ohne teuere Grundsanierung nutzen zu können, haben wir für ihn Bestandsschutz beantragt. Das würde uns langfristig Planungssicherheit geben, hier weiter kulturell aktiv zu sein“, sagt Woernle.