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Erst die Russen, dann die Chinesen

Im Mai besuchten so viele Touristen wie noch nie die Landeshauptstadt. Doch die Hoteliers sind unzufrieden.

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© Sven Ellger

Von Andrea Schawe

Es war voll in der Dresdner Innenstadt, so voll wie nie. 446 111 Übernachtungen buchten Touristen in den vier Maiwochen. „Das ist absoluter Rekord“, sagt Bettina Bunge. „Der Mai war der stärkste Monat in der Geschichte des Dresden-Tourismus.“ Die Geschäftsführerin der Dresden Marketing GmbH stellte am Freitag die Tourismusbilanz für das erste Halbjahr dieses Jahres vor. Für den Rekordmonat seien vor allem die Dampferparade, das Dixielandfestival und die Dresdner Musikfestspiele verantwortlich. Mehrere Kongresse wie der der Neurochirurgen und die International Magnetics Conference haben mit zwischen 1 000 und 4 500 Teilnehmern zusätzliche Touristen angelockt. „Hier hat die Stadt auch noch Potenzial, das wir nutzen müssen“, sagt Bunge.

Insgesamt kamen von Januar bis Ende Juni etwa 918 700 Touristen, das sind 9,8 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2013. Etwa 80 Prozent der Besucher kommen aus Deutschland, knapp 350 000 aus dem Ausland. Hier habe Dresden noch Einiges aufzuholen, in anderen Städten liege der Anteil der ausländischen Touristen bei etwa 30 Prozent. „Es kommen aber schon mehr Gäste aus dem Ausland“, sagt Bunge. Der Anteil der Gäste ist im vergangenen halben Jahr mit 10,6 Prozent stärker gestiegen, als der der deutschen. Am häufigsten besuchen US-Amerikaner, Schweizer und Österreicher die Landeshauptstadt.

Auch die Zahl der osteuropäischen Touristen steigt weiter. Im ersten Halbjahr buchten Besucher aus Polen 35,9 Prozent mehr Übernachtungen als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl tschechischer Besucher stieg um 28 Prozent auf knapp 10 900, die russischer um 23,6 Prozent auf etwa 27.400 Übernachtungen. „Und das trotz der Krise in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland“, sagt Bettina Bunge. Dresden könne sich da glücklich schätzen. „Die Prager Tourismusbranche verzeichnet Einbrüche ohne Ende.“ Karlsbad habe fast überhaupt keine russischen Gäste mehr.

Für den Tourismus in Dresden bleibt Osteuropa deswegen ein wachsender Markt. Mittlerweile gibt es vom Dresdner Flughafen elf Flugverbindungen in der Woche nach Russland, mit steigenden Passagierzahlen.

„Ich plädiere auch dafür, dass wir mit den Chinesen kooperieren“, sagt Bunge. Sie rechnet damit, dass die Zahl der chinesischen Touristen in den nächsten Jahren weiter steigt, weil die Menschen mehr Geld haben werden. Schon jetzt ist Dresden ein beliebtes Reiseziel für die Asiaten. Sie buchten fast 13 000 Übernachtungen, 19,6 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2013.

Hotelzimmer sind zu günstig

Trotz der steigenden Touristenzahlen ist die Hotelbranche unzufrieden. „Die Nachfrage konnte auch in diesem Jahr nicht mit den rasant angestiegenen Zimmerangeboten mithalten“, sagt Johannes Lohmeyer, der Vorstandsvorsitzende des Dresdner Tourismusverbandes. In Dresden gibt es mittlerweile 22 817 Betten in 119 Herbergen, also Hotels, Hostels und Pensionen. Vier neue werden momentan geplant oder gebaut, unter anderem am Altmarkt, auf der Ostra-Allee und am Neumarkt.

Die meisten davon verdienen zu wenig, um zu investieren. Dabei müssten viele Betriebe renoviert werden. „In Zukunft droht eine Schieflage, die zu einem Qualitätsverlust führen wird“, so Lohmeyer. Das liege zum einen an den Preisen. Ein Zimmer kostet durchschnittlich 71,10 Euro, davon bleiben 42 Euro für den Betrieb übrig. Im Vergleich zu anderen Städten liegt Dresden da ganz hinten. In Berlin verdienen die Hotels 20 Euro mehr, in Frankfurt und München sogar das Doppelte. „Die Hotels sind zum Teil selbst schuld“, sagt Lohmeyer, der auch Geschäftsführer der Macrander Hotels ist. „Die Hälfte verkauft sich zu Preisen, die unvernünftig sind.“

Der Stadt fehlen aber auch sogenannte Hochpreistermine, an denen die Hotels fast ausgebucht sind und damit die Preise steigen – wie zum Stadtfest, zu Silvester und an manchen Striezelmarkt-Wochenenden. „Dresden ist aber auch wegen dieses guten Preis-Leistungs-Verhältnisses so beliebt“, sagt die Marketing-Chefin. Die Besucher geben weniger für das Hotel aus, aber mehr für Kultur. Und davon habe die Stadt viel zu bieten: die Filmnächte am Elbufer, das Stadtfest und die Weihnachtszeit mit dem Striezelmarkt.