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Ermittlungen wegen Nazi-Symbolen

Beim Dorffest-Umzug in Colmnitz trug ein Teilnehmer einen Koffer mit Hakenkreuz. Das ist verboten und hat Folgen.

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© Foto: dpa/M.Fischer

Von Maik Brückner

Dippoldiswalde. Dreieinhalb Jahre haben sich die Colmnitzer auf dieses Fest vorbereitet. Es sollte ein Großes werden, eines mit einem Festumzug, in dem sich die wichtigsten Ereignisse seit 1346, der Ersterwähnung des Dorfes bei Dippoldiswalde, widerspiegeln. Und so ist es auch gekommen. Der Festumzug rollte am Sonntag durchs Dorf. In knapp 60 Bildern wurde die Dorfgeschichte gezeigt.

Für den Ort war das ein Kraftakt, den er allein nicht stemmen konnte. Deshalb holte man sich Unterstützer dazu. Und das sollte sich rächen, wie sich noch am späten Nachmittag zeigte. Denn eine der „eingekauften“ Gruppen stellte den Zweiten Weltkrieg dar.

Dabei handelt es sich um lose organisierte Sammler von Wehrmachtstechnik aus Sachsen und Brandenburg, sagt Oliver Großmann. Der Freitaler gehört auch zur Gruppe. Wie gewünscht, habe man in Colmnitz einen Rot-Kreuz-Hilfstransport aus dem Zweiten Weltkrieg gezeigt.

Mit den Vorschriften allerdings nahm es mindestens einer Darsteller offenbar nicht so genau. Zwar ist das Tragen von historischen Uniformen aus dieser Zeit erlaubt, sagt Ilka Rosenkranz von der Polizeidirektion Dresden. Allerdings nur, wenn die Symbole und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen überklebt sind. Dazu zählen neben der SS-Rune auch das Abzeichen der Sturmabteilung SA und das Hakenkreuz. Letzteres war auf einem Sanitätskoffer zu sehen, den ein Mann in historischer DRK-Uniform trug.

Dem Freiberger Fotografen Marcus Fischer war das aufgefallen. Er sendete das Foto über den Nachrichtenkanal Twitter. Dort wurde der Vorfall sofort und zum Teil sehr bissig kommentiert, wie diese Beispiele zeigen: „Wohl das einzige, worauf #Colmnitz ... stolz ist.“ Ein anderer Twitter-Nutzer schrieb: „Wow, jetzt fallen alle Hemmungen im braunen Sachsen.“

Bundesweiter Protest

Kurz nach dem Festumzug hatte dessen Organisator, Eckhard Schmieder, die erste Anfrage. Da ahnte er schon, dass die Reaktionen auf den Umzug ganz anders ausfallen würden, als er es sich erträumt hatte – und das bundesweit. Denn die überregionalen Medien griffen das Thema sofort auf. Das Internet-Portal Spiegel-Online titelte: „Colmnitz in Sachsen: Mit Nazi-Symbolik zum Dorffest“. Und die Wochenzeitung Die Zeit fasste in ihrem Online-Auftritt den Umzug unter der Überschrift zusammen: „Mit dem Hakenkreuz zum Dorffest“.

Inzwischen beschäftigt sich auch die Polizei mit dem Vorfall. Nach den Medienberichten ermittelt sie wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Colmnitzer sind geschockt. Der Organisator des Umzuges ging – vermutlich aufgrund der vielen Anrufe – am Montag nicht mehr ans Telefon. Der Colmnitzer Ortsvorsteher Thomas Schumann (CDU) erklärt gegenüber der SZ, dass man möglicherweise zu „blauäugig“ war, diese Gruppe einzuladen. Und er sagt deutlich: „Wenn Fehler gemacht wurden, muss man sie auch aussprechen.“ Die Colmnitzer wehren sich aber, nun als rechtsextrem hingestellt zu werden. Mit Erschrecken habe er Berichte gelesen, in denen ein Zusammenhang zu rechtsradikalen Vorfällen in Freital hergestellt wird, sagt Ortsvorsteher Schumann. Das sei nicht in Ordnung.

Bürgermeister Torsten Schreckenbach (Bürger für Klingenberg) verurteilt das Zeigen des Hakenkreuzes, nimmt aber den Heimatverein in Schutz. „Im Nachhinein ist man immer schlauer“, sagt er. Fakt sei: Militärtechnikfreunde haben auch an anderen Umzügen teilgenommen. Schreckenbach plädiert dafür, bei künftigen Festumzügen sensibler mit der Darstellung des Zweiten Weltkrieges umzugehen. Nur Militärtechnik zu zeigen, habe einen „Touch von Heroisierung“. Wichtiger sei es, an Leid und Elend zu erinnern.

Oliver Großmann entschuldigt sich indes öffentlich beim Heimatverein. Er könne sich das nur so erklären: Der Aufkleber auf dem Hakenkreuz müsse während des Umzuges abgefallen sein. Hätte man den Kofferträger darauf hingewiesen, hätte der es sicher wieder überklebt.