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Erinnerungen an Freitals Mittelalter

19 Grabplatten, teils 700 Jahre alt, hängen hinter der Döhlener Kirche. Nun wird Geld für die Restaurierung gebraucht.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Freital. Mit Freitals Historie ist das ja so eine Sache. So richtig sieht man der Stadt, die 1921 unter diesem Namen gegründet wurde, ihr wahres Alter nicht an. Zuvor bestand das heutige Freital aus mehreren kleinen Dörfern, die im Laufe der Jahrhunderte zu einer Stadt zusammenwuchsen. Pesterwitz ist der älteste Ortsteil, er wurde bereits 1068 erwähnt. Döhlens Ersterwähnung stammt aus dem Jahr 1206, ebenso wie die von Potschappel und Wurgwitz. Tiefstes Mittelalter also. Und genau das kann man in Freital heute noch finden – hinter der Döhlener Kirche an der Lutherstraße.

Dort stehen an einem sonnigen Nachmittag Eberhard Kammer, ehrenamtlicher Denkmalpfleger aus Pesterwitz, und seine Frau Brigitte. Hinter ihnen öffnet sich ein überdachter Gang, Laub liegt auf dem Betonfußboden. „Die Denkmalhalle“, stellt Eberhard Kammer das kleine Bauwerk vor. An seiner Rückwand hängen 19 Grabplatten. Die älteste ist von 1356, damals wurde eine Barbara Küchenmeister in der Döhlener Kirche beerdigt. Die jüngste Grabplatte wurde im Jahr 1769 gemeißelt, als ein M.J. von Polenz starb. „1356! Das ist das älteste Zeugnis aus dieser Zeit aus dem Döhlener Becken“, schwärmt Kammer.

Dem Denkmalpfleger waren die Grabplatten lange nicht bekannt. 2010 kam er mit seiner Frau auf einem ausgedehnten Spaziergang hier vorbei. Damals sah die Halle heruntergekommen aus, erinnert er sich. „Der Putz war von den Wänden geplatzt, die Anlage war verwahrlost und wurde als Toilette missbraucht.“ Dabei hatte alles so gut begonnen. Als zum Ausgang des 19. Jahrhunderts die alte Döhlener Kirche einem Neubau weichen musste, rettete die Gemeinde die Grabplatten aus dem Kircheninneren. Sie wurden zunächst unter freiem Himmel gelagert. Dann nahmen die Döhlener Kontakt zum russischen Zaren auf. Nikolai II. hatte sozusagen familiäre Beziehungen nach Döhlen. Seine Frau Katharina, damals bereits verstorben, stammt aus einer Familie Zeutsch. Die Zeutschs wiederum waren Rittergutsbesitzer in Döhlen. Ihr Eigentum war der heutige Palitzschhof. Etliche Zeutschs waren in der Kirche begraben, ihre Namen finden sich auf den Grabplatten wieder. Der Zar spendete eine Geldsumme, eine offene Halle für die Grabplatten wurde errichtet und 1899 eingeweiht. Damals muss sie ein Schmuckstück gewesen sein, mit ihrem verzierten Holzdach und den farbigen Ornamenten an den Wänden.

Eberhard Kammer hofft sehr, dass die Denkmalhalle eines Tages wieder so aussieht. 2014 wurde ein Anfang gemacht, als mit der Neugestaltung der Döhlener Ortsmitte auch die Halle für 108 000 Euro saniert wurde. Nun ist deren Inhalt dran. Für zwei Grabplatten ist bereits Geld da, sie sollen in Kürze restauriert werden. Dabei soll die Innenschrift wieder lesbar gemacht und die Abplatzungen mit einer Füllmasse ausgebessert werden. Für die Restaurierung der 17 anderen Platten will Kammer jetzt Geld sammeln. Über die Crowdfunding-Plattform www.99funken.de kann jeder direkt spenden. Gebraucht werden 100 000 Euro. Ziel ist es, zum 100-jährigen Stadtjubiläum fertig zu sein.

Spendenkonto der Kassenverwaltung Pirna

IBAN: DE11 3506 0190 1617 2090 27, Verwendungszweck: Denkmalhalle Freital-Döhlen

Direktspende über Internet-Plattform:

www.99funken.de/denkmalhalle-doehlen