Merken

Erinnerung an Arnsdorfer Nazi-Opfer

Hunderttausende Behinderte wurden zwischen 1933 und 1945 umgebracht. Darunter waren auch Patienten des Arnsdorfer Krankenhauses.

Teilen
Folgen
© Bernd Goldammer

Von Bernd Goldammer

Arnsdorf. Am Freitag trifft sich erstmals der Arbeitskreis „Gedenk-Kultur Arnsdorf“. Und dieses Gedenken ist aktueller denn je. Denn gerade in diesen Zeiten müsse aufgezeigt werden, sind die Organisatoren jedenfalls überzeugt, zu welchen Verbrechen Menschen fähig sind, wenn sie von einem menschenfeindlichen Regime getrieben werden. Und so kommen am Freitag auch aus diesem Grund Christen aller Glaubensrichtungen und auch Nichtchristen im Konferenzraum von Haus Linde zusammen, das ein Teil der Behinderten-Wohnstätte „Haus am Karswald“ in Arnsdorf ist.

Damit wird nun in Arnsdorf ein jahrelanges Anliegen angegangen. „Schon 2013, zu den Feierlichkeiten anlässlich des 100. Weihejubiläums der Arnsdorfer Krankenhauskirche wurde ja auf sehr emotionale Weise an die Leiden der todgeweihten Patienten erinnert“, denkt Arnsdorfs Bürgermeisterin Martina Angermann (SPD) zurück. Denn in den Jahren 1940 bis 1945 waren in Arnsdorf Tausende geistig behinderte Patienten aus dem Krankenhaus von NS-Ärzten wissentlich zur Vergasung überstellt worden. Und das, ohne dass es damals öffentliche Aufregung gegeben hätte.

Die Opfer brauchen Unterstützung

Doch was bedeutet würdiges Gedenken im Hier und Heute? „Vor allem Aufklärungsarbeit“, sind sich die Kunsttherapeutin Jana Droste und Wohnstättenleiterin Martina Mittag einig – und brachten genau deshalb auch das Arbeitsgremium auf den Weg. Denn auch ein Menschenleben später brauchen die Opfer Unterstützer, die der Nachwelt erzählen, welcher Leidensweg sich hinter der Bezeichnung „Euthanasie“ tatsächlich verbirgt. Psychisch und körperlich behinderte Menschen gerieten damals in die propagandistisch vorbereitete Maschinerie der Nazi-Mord-Aktion unter der Bezeichnung „T 4“. Eingeleitet wurde die Barbarei dabei mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Bis zu 400 000 Männer und Frauen wurden damals zwangssterilisiert. Über 6 000 von ihnen überlebten das nicht. Seelisch abgestumpfte Ärzte testeten sogar Impfstoffe an ihnen. Kurz darauf folgte die Erwachsenen-Euthanasie, etwa 70 000 Bewohner von Heil- und Pflegeanstalten sowie Behindertenheimen sind damals gezielt umgebracht worden. Dazu gehörten im Übrigen auch ehemalige Soldaten des Ersten Weltkrieges, die auf den Schlachtfeldern schwere Schockerlebnisse erlitten.

Es müsse heute einfach Sorge getragen werden, „dass menschenverachtendes Verhalten nicht ohnmächtig und sprachlos hingenommen wird“, lautet eines der Ziele der Vereinsgründer. Und jede Unterstützung ist dabei herzlich willkommen, heißt es ausdrücklich.