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Erholungsort mit Einschränkungen

Die Anerkennung der Gemeinde als Erholungsort ist neu bestätigt worden. Für das Rathaus ist das auch mit Auflagen verbunden.

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© Arvid Müller

Von Nicole Czerwinka

Weinböhla. Winzerstraßenfest und Weingegend, Wald, Wiesen, Wanderwege, dazu eine gute Anbindung in die Landeshauptstadt: Weinböhla hat alles, was das Touristenherz begehrt. Auch der Titel „Staatlich anerkannter Erholungsort“ wurde im Sommer nach 14 Jahren erneut vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr bestätigt. Weinböhla ist damit neben Diesbar-Seußlitz derzeit der einzige Erholungsort im Landkreis Meißen.

„Für Weinböhla hat der Erhalt dieses Titels eine ganz besondere Bedeutung. Er bestätigt uns in unserer Entwicklungskonzeption und bringt natürlich auch einen Imagegewinn für die Gemeinde“, sagt Julia Schneider, die Hauptamtsleiterin in der Gemeinde Weinböhla. Zudem könne der Titel auch vorteilhaft sein, wenn etwa Fördermittel im touristischen Bereich beantragt werden müssen. Zum Beispiel bei der Anlage neuer Wander- und Radwege. „Besonders die Gastgeber und Gaststätten können davon profitieren, wenn sie ihr Marketing darauf einstellen“, meint Julia Schneider. Aktuell gibt es in Weinböhola zwei Hotels, vier Pensionen und 30 Ferienwohnungen, -häuser sowie -zimmer. Die Statistik weist für Weinböhla 2014 insgesamt 9 240 Ankünfte mit 60 948 Übernachtungen aus.

Natur lockt Gäste

Gerade den Gastwirten in Weinböhla fällt es jedoch noch schwer, die Bedeutung des Titels „Staatlich anerkannter Erholungsort“ für die Auslastung ihrer Pensionen und Ferienwohnungen einzuschätzen. Barbara Kämpfer etwa vermietet seit fast sieben Jahren Zimmer in der Pension Barbara auf der Moritzburger Straße. Sie ist überzeugt, dass ihre Gäste vor allem wegen der schönen Natur hierherfinden: „Die Leute bewundern immer diese schöne Gegend und sagen, sie wollen wiederkommen. Viele tun das dann auch. Hier gibt es viel Grün, den Wald, von der Pension aus kann man Füchse beobachten“, sagt sie.

Dass die Gäste sich von dem Titel Erholungsort leiten lassen, glaubt sie weniger. „Die kamen doch vorher schon“, sagt Barbara Kämpfer. Auch Maik Richter kann nicht genau sagen, ob der Titel „Erholungsort“ tatsächlich Gäste nach Weinböhla lockt. Er betreibt seit drei Jahren die Pension Reblaus auf der Beethovenstraße. „Der Titel Erholungsort ist eher das I-Tüpfelchen“, sagt Richter. „Die meisten Gäste kommen hierher, um sich das Elbland anzugucken, vor allem die Nähe zur Elbe und Radwege locken die Gäste zu uns“, sagt er. Auch die Wanderwege seien für Touristen interessant, wer nach Weinböhla reist, der suche meist Ruhe. Ideal sei die gute Anbindung mit Zug und Straßenbahn nach Radebeul und Dresden.

Probleme mit Lärm

Allerdings: Genau wegen dieser schönen Landschaft, der Wander- und Radwege darf sich Weinböhla auch als Erholungsort bezeichnen: „Der Charakter eines Kur- und Erholungsortes ist durch einen hohen Standard der hygienischen Verhältnisse, ein leistungsfähiges Hotel-, Pensions- und Gaststättengewerbe, ein ausreichendes Angebot zur sportlichen und kulturellen Betätigung, die Tourist-Information sowie durch markierte Wanderwege und durch eine landschaftlich bevorzugte Lage gekennzeichnet“, erklärt Sabine Penkawa, Referentin des Sächsischen Staatsministeriums für Wirschaft, Arbeit und Verkehr.

Doch es gibt in Weinböhla auch ein paar Dinge, die den Besuchern weniger gefallen. Manche vermissen ein richtiges Spaßbad – dazu muss man nach Dresden oder Meißen fahren. „Es ist auch schade für die Gäste, dass man in Weinböhla am Abend nicht viel unternehmen kann. Neulich hatten wir jemanden hier, der hat um 21 Uhr nicht mal ein Bier in der Gaststätte bekommen. Das ist traurig“, sagt Maik Richter.

Das Gutachten des Ministeriums weist zudem Konflikte mit Richtwertüberschreitungen durch den Schienenverkehr aus. „Hier kann die Gemeinde sich nur permanent durch Appelle an die Landes- und Bundesregierung wenden. Wir unterstützen alle Aktivitäten der Bürgerinitiative Bahnemission Elbtal e.V., die auf eine Änderung zielen“, sagt Julia Schneider. Die Gemeinde habe zu den Plänen des Eisenbahnbundesamtes Stellung genommen und wolle weiterhin Einfluss nehmen.

Gästezahlen gehen zurück

Die Anerkennung des Titels ist grundsätzlich unbefristet. Jedoch können die Anerkennungsvoraussetzungen nach zehn Jahren noch einmal geprüft werden. Dreimal ist es in Sachsen schon vorgekommen, dass ein Erholungsort seinen Status nicht bestätigt bekam: Das war 2006 in Wilthen, unter anderem wegen fehlender Freiflächen für Erholung und zu starkem Durchgangsverkehr der Fall. Steina musste 2011 wegen zu geringer Bettenanzahl und geringer gastronomischer Möglichkeiten den Titel abgeben. Lawalde hat 2015 dagegen wegen fehlender finanzieller Mittel selbst den Verzicht auf die Weiterführung des Prädikats erklärt.

Für Weinböhla wurde der Titel zwar bestätigt, jedoch mit einer Auflage: Die Gemeinde soll demnach eine „Präzisierung der Entwicklungskonzeption“ vornehmen und insbesondere zur sinkenden Besucherzahl in den vergangenen Jahren Aussagen machen. „Diese Auflage erfordert von uns weitere Ausarbeitungen und Stellungnahmen zur Zielgruppe und zum Außen- und Innenmarketing“, erklärt Julia Schneider dazu nur knapp.

Sie betont zudem: „Auch wenn die statistischen Gästezahlen der letzten drei Jahre einen leichten Rückgang belegen, bedingt durch die Schließung des Elblandhotels, gibt es im Sektor der Ferienwohnungen einen enormen Aufwärtstrend. In Weinböhla haben wir 30 Ferienwohnungen und -zimmer. Das sind dreimal so viele wie 2001.“ Hinzu kämen rund 2 600 Wochenendurlauber, die sich regelmäßig in ihren Bungalows aufhalten.