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Erfolgsquote 70 Prozent

Nach fünf Jahren scheidet Friedensrichter Albrecht Rahtgens aus dem Amt. Eigentlich hätte er gern mehr Streitfälle geschlichtet.

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© Claudia Hübschmann

Von Tom Fischer

Meißen. Meistens sind die Kampfhähne direkte Nachbarn. Der eine lässt seine Bäume so hoch wachsen, dass sie ins Nachbargrundstück ragen. Dann kommt es zu Beleidigungen. Der Streit schaukelt sich hoch. „Da passiert es auch mal, dass der eine Nachbar dem anderen den Müll vor die Tür kippt“, erinnert sich Albrecht Rahtgens. Während er seine Worte an Oberbürgermeister Olaf Raschke richtet, schnappt er sich ein Stückchen Würfelzucker und lässt es in seinen Kaffee fallen. Schon richtet sich sein Blick wieder auf den Gesprächspartner.

Bevor Rahtgens 2011 das Amt als Friedensrichter in Meißen antrat, schloss er eine Ausbildung zum Mediator ab und war in dieser Funktion an der Afra-Grundschule tätig. Der Rückblick auf die letzten fünf Jahre fällt kurz und präzise aus. „Ich hätte gerne mehr Fälle gehabt. Häufig höre ich von Streitigkeiten im Raum Meißen. Das Echo war nicht so groß. Das erschließt sich mir nicht ganz“, fasst der pensionierte Jurist zusammen. Er blickt auf knapp 30 Fälle zurück. Ein weiterer wird wohl bis zur Vereidigung seiner Nachfolgerin Sigrid Kreußel am 3. November nicht mehr hinzukommen. Daran stört sich der seit 1995 in der Region lebende Niedersachse nicht. Er blickt bereits in die Zukunft.

Viel zu selten kommen die Fälle der Streithähne beim Friedensrichter an, kritisiert Rahtgens. In ruhigem Tonfall gibt er Olaf Raschke Vorschläge mit auf den Weg. Um die Erreichbarkeit zu verbessern, könnten im Rathaus Anfragen telefonisch und auf postalischem Weg entgegengenommen werden. Interesse dafür gäbe es reichlich. Ein weiterer Punkt betrifft die Dienststelle des Streitschlichters. Das Zimmer liegt in einem versteckten Winkel des Hauses. „Das hat dazu geführt, dass ich manchmal auch im Seniorenzimmer gelandet bin“, erklärt er und fängt an zu lachen. Dabei liegt in genau dieser Altersgruppe das größte Konfliktpotenzial. Rahtgens hat dafür seine eigene Erklärung gefunden. „Sehr alte Menschen über 80 Jahren streiten sich anscheinend gerne.“

Der Mittsiebziger ist sich sicher, dass viele Streitigkeiten einfach zu lösen sind. Dazu bedürfe es nur der Bereitschaft beider Parteien.

In seiner Amtszeit wurden knapp 70 Prozent der Fälle einvernehmlich gelöst. In den anderen Fällen blieb Albrecht Rahtgens oft nicht anderes übrig, als „die Segel zu streichen“.

Die ehrenamtliche Tätigkeit als Friedensrichter macht ihm „einen Riesenspaß“. Ziel des Ganzen ist es, die Gerichte zu entlasten. Seine Nachfolgerin erwartet ein breites Aufgabenspektrum. Neben den alltäglichen Grenz- oder Nachbarschaftsstreitigkeiten kommen auch schon mal Schadensersatzforderungen nach Körperverletzung und Mietrechtsfragen auf den Tisch. Die Streitschlichtung erfolgt hier auf schnellem und kostengünstigem Weg. Dazu treffen sich die Parteien in den meisten Fällen auf neutralem Gelände. Der Friedensrichter dient den Streitparteien als Vermittler. Bewerben für den Posten können sich alle, deren Alter zwischen 30 und 70 Jahren liegt. Die Auswahl richtet sich nach Persönlichkeit und Fähigkeiten. Über die Eignung der Bewerber befindet der Stadtrat. Auf Empfehlung der Kandidaten durch den Verwaltungsausschuss wählt der Stadtrat den Friedensrichter und dessen Stellvertreter.