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Erfolgreichster Zeppelin seiner Zeit

Die „Sachsen“ war ein Luftschiff, das in Dresden Dauergast war. Vor 100 Jahren ging es auf seine letzte Fahrt.

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© Sammlung Holger Naumann

Von Lars Kühl

Dicker Qualm und Rauchkringel – Fehlanzeige! Obwohl die Zigarre „an“ ist. Sie schwebt. Viele Male. Während heute bei schönem Wetter am Feierabend die Ballons mit ihren bunten Werbebotschaften über Dresden fahren, flogen die Passagiere vor rund 100 Jahren zur Belustigung mit dem „Schiff“ durch die Lüfte. Die Stadt spielte dabei eine bedeutende Rolle.

Wenn die „Sachsen“ in Dresden auf dem Flugplatz in Kaditz landete, gab es immer einen großen Aufruhr. Der Zeppelin drehte bisweilen auch seine Runden über dem Dresdner Stadtzentrum.
Wenn die „Sachsen“ in Dresden auf dem Flugplatz in Kaditz landete, gab es immer einen großen Aufruhr. Der Zeppelin drehte bisweilen auch seine Runden über dem Dresdner Stadtzentrum. © Sammlung Thomas Lohse

Wenige Begriffe sind mit einem Namen so eng verbunden wie Luftschiff mit Ferdinand von Zeppelin. Jener Graf wurde mit seinem Spleen, seinem Mut und seiner Hartnäckigkeit erst zum Pionier und dann zum Synonym. Am 2. Juli 1900 war es gewesen, als sich von einem schwimmenden Floß auf dem Bodensee die erste Riesenzigarre, immerhin 130 Meter lang, in Richtung Himmel erhob. Dabei sah der Mensch Zeppelin anfangs eher die militärischen Möglichkeiten solcher Luftschiffe.

Es dauerte neun Jahre mit Weiterentwicklungen, vielen Versuchen, auch Bruchlandungen und der ewigen Suche nach Geldgebern. Dann wurde 1909 die „Deutsche Luftschiffahrts-Aktiengesellschaft“ gegründet, die erste Fluggesellschaft der Welt. Zwischen Städten sollte es einen geregelten Luftverkehr geben, über lohnenden Zielen, wie Dresden und angrenzende Landschaften, zudem regelmäßige Rundflüge. Für die Passagiere war es ein unvergessliches Erlebnis, das fast geräuschlose, beschauliche Dahingleiten, über und unter den Wolken, die Städte und die Natur in Miniaturausführung immer im Blick. Und alles mit einem gehörigen Maß an Komfort, ähnlich einer Zugfahrt. Es gab sogar Speisesäle für die vornehme Gesellschaft.

Namen für zivile Luftschiffe

Die Firma Luftschiffbau Zeppelin in Friedrichshafen produzierte in Serie. Jede Zigarre bekam ein Kürzel mit fortlaufender Nummer, dazu ab der siebten einen Namen, wenn sie zivil eingesetzt wurde. „LZ 17“ war die „Sachsen“, ging am 3. Mai 1913 auf Jungfernfahrt und wurde das erfolgreichste Passagierluftschiff der frühen Zeppelin-Ära. Bevor es im Ersten Weltkrieg für die Marine zu Schulungszwecken zum Einsatz kam, gingen 9 839 Passagiere für 419 Fahrten über insgesamt knapp 40 000 Kilometer an Bord. Beeindruckende Zahlen, die erst vom berühmten Nachfolger LZ 127 „Graf Zeppelin“ (1928 bis 1937) und Luftschiffe der heutigen Zeit vom Typ Zeppelin NT (seit 1997) getoppt und deutlich übertroffen wurden.

Nachdem die „Sachsen“ zunächst im süddeutschen Raum unterwegs und auch einmal in Wien war, kam sie im Juni 1913 nach Sachsen. Dresden besuchte sie am 19. September 1913. Es war nicht der erste Zeppelin, den die Elbflorentiner zu Gesicht bekamen. Ein Jahr zuvor, am 18. August 1912, hatte die „Viktoria Luise“ (LZ 11) schon eine erfolgreiche Landung hingelegt. Die „Sachsen“ war die meiste Zeit in einer Luftschiffhalle Leipzig stationiert. Von dort aus steuerte sie Dresden an. Nachdem die Passagiere vor der fast fertigen Luftschiffhalle auf dem neuen Kaditzer Flugplatz aus- und neue eingestiegen waren, startete LZ 17 zu einem ersten, anderthalbstündigen Rundflug über die Sächsische Schweiz.

Das war der Auftakt zu einer Erfolgsgeschichte. 20 Menschen passten in die Gondel. Obwohl ein Ticket je nach Fahrdauer zwischen 100 und 200 Mark und damit so viel wie der Monatslohn eines qualifizierten Arbeiters kostete, war die Nachfrage groß. Vor allem bei der betuchten, neugierigen Oberschicht. Auch Liegnitz (Legnica) in Schlesien und das böhmische Haida (Novy Bor) waren Reiseziele.

Am 5. Juli 1914 absolvierte die „Sachsen“ ihre 400. Fahrt. Von Leipzig nach Dresden, am nächsten Tag zurück. Doch der Erste Weltkrieg zog bereits als düstere Bedrohung auf. Ab 1. August stand die LZ 17 im Dienst des Heeres. Von Köln aus unternahm das Luftschiff Aufklärungs- und Angriffsfahrten auf das belgische Antwerpen, und später von Allenstein über der Ostfront. Ohne dabei große militärische Wirkung zu erzielen. Im September 1915 wurde der Zeppelin abgezogen und in Dresden als Schulschiff eingesetzt. Fast täglich startete es von Kaditz aus. Die Schüler warfen auf den 70 Ausbildungsfahrten immer wieder Bordpostkarten ab: unbekümmert und lebensfroh, ohne zu ahnen, dass mehr als die Hälfte von ihnen im Krieg ihr Leben lassen würde. Im Juni 1916 wurde die Schulungsabteilung der Marine nach Hamburg verlegt, mit ihr die ehemalige „Sachsen“. Am 7. September vor 100 Jahren startete sie um 8.45 Uhr zum letzten Mal: für die Überführung nach Düren. Dort wurde das berühmte Luftschiff demontiert – nach insgesamt 800 Fahrten.

Anlässlich der letzten Fahrt des Luftschiffes LZ 17 „Sachsen“ vor 100 Jahren findet am 27. August ein Symposium im Verkehrsmuseum statt. Von 13.30 bis 17 Uhr wird es mehrere Vorträge geben, unter anderem von Jürgen Bleibler vom Zeppelinmuseum Friedrichshafen.