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Erfolg mit Beigeschmack

Das Meißner Bestattungswesen schreibt schwarze Zahlen. Das liegt auch an den Preisen. Aber nicht allen gefällt das.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Ein gutes Preis-Leistungsverhältnis für Einäscherungen und Effizienz durch moderne Technik. Das sei das Rezept für den Erfolg des Meißner Krematoriums bzw. des städtischen Bestattungswesens, sagt der langjährige Geschäftsführer Jörg Schaldach. Mit den gutlaufenden Geschäften der GmbH schmückt sich auch die Stadt gerne. Als 100-prozentiger Eigentümer streicht sie Überschüsse, die das Unternehmen erwirtschaftet, ein. 2015 und 2016 waren das nach SZ-Informationen jeweils 40 000 Euro. Der Umsatz lag bei jeweils 2,5 Millionen Euro. Dass Verstorbene in Meißen schnell, sauber und preisgünstig verbrannt und bei Bedarf bestattet werden, ist aus Sicht von Jörg Schaldach ein lange Zeit gewachsener Verdienst der Mitarbeiter und kluger Köpfe im Betrieb.

„Wir sind auf dem neuesten Stand hinsichtlich der Steueranlagen für unsere beiden Verbrennungsöfen, erreichen immer bessere Rauchgaswerte.“ Außerdem gelinge seit Jahren eine verminderte Rußbildung bei den monatlich bis zu 200 Einäscherungen – etwa durch spezielle Katalysatoren aus dem Edelmetall Ruthenium. Regelmäßige Umweltkontrollen geben Schaldach Recht. Trotz Drei-Schicht- und somit Hochbetrieb in der Verbrennungsanlage gab es bisher keine Grenzwertüberschreitungen im Meißner Krematorium. Das gilt sowohl für organische Reststoffe (Dioxine) als auch Kohlenmonoxid.

Dass es in Meißen gelingt, bei Feuerbestattungen weniger Gas und Strom zu verwenden als anderswo, bringt geringere Kosten mit sich. „Das schlägt sich natürlich auch im Preis nieder, wovon die Hinterbliebenen profitieren“, erklärt Schaldach.

Eine Einäscherung kostet im Schnitt 200 Euro, während Hinterbliebene in Berlin etwa 300 Euro, in Ludwigsburg sogar mehr als 500 Euro bezahlen. Deshalb ist das Krematorium längst auch überregional gefragt. Das bringt es mit sich, dass Leichen in Särgen nach Meißen transportiert werden. Längst kommen die Toten nicht mehr nur aus dem Umkreis, sondern auch aus anderen Bundesländern. Die dafür nötigen Sammeltransporte nach Meißen finden zum Teil mehrmals wöchentlich mit bis zu zwölf Toten pro Transport statt. Kritiker halten das für pietätlos. „Als Bestatterverband lehnen wir Sammeltransporte mit Verstorbenen grundsätzlich ab“, sagt etwa Ralf Michal, Vorsitzender des Bestatterverbandes Bayern. Er bekräftigt, dass Preise unter 200 Euro netto ohne zweite Leichenschau mit einer ordentlichen Abgasbehandlung und fest angestellten Mitarbeitern nicht seriös durchführbar seien.

Die Aufregung um Sammeltransporte und niedrige Preise kann Jörg Schaldach indes nicht nachvollziehen. „In jeder größeren Stadt ist es normal, dass auch Sammeltransporte durchgeführt werden. Das geht häufig gar nicht anders. Hinzu kommt der Bedarf der Hinterbliebenen, die sich teure Einäscherungen mit langen Wartezeiten nicht leisten können.“ Dass man in Meißen die dafür nötige Effizienz bieten könne, sei nicht verwerflich und erst recht nicht anrüchig, meint Schaldach.

Außerdem geht es auch noch billiger, wie Zahlen des Fördervereins Bestattung- und Grabgestaltung „Aeternitas“ verdeutlichen. Demnach kostet eine Einäscherung inklusive Aschekapsel in Chemnitz laut dortiger Gebührensatzung 137,40 Euro. Aeternitas-Mitarbeiter Alexander Helbach bestätigt, dass Sammeltransporte von Leichen keinesfalls ungewöhnlich sind. „Das machen meiner Meinung nach fast alle Krematorien so, vor allem die größeren mit weitem Einzugsbereich.“

Anderer Meinung ist da Gert Krockert, Eigentümer eines Grundstücks in der Nähe des Meißner Bestattungswesens. „Kirchen und Stadt sollten den Sammeltransporten den Garaus machen, weil sie das Image der Stadt mit ihren vielen Touristen schwer beschädigen“, sagt der Journalist. Für ihn sei unerklärlich, dass in Meißen über 20 Mitarbeiter in zwei und drei Schichten arbeiten, während in einer mehr als doppelt so großen Stadt wie etwa Gießen nur vier Mitarbeiter im Krematorium bei rund 200 Einäscherungen pro Monat tätig seien. Solche Vergleiche hält Jörg Schaldach für unangebracht. „Wir haben hier andere Voraussetzungen geschaffen. Kurze Fristen, ständige Einlieferungen, schnelle Bearbeitung. Das hilft den Hinterbliebenen, egal woher sie kommen. Das ist unser Anspruch. Und für den schämen wir uns auch nicht“, sagt er.