Merken

Erfinder sorgte für rege Investitionstätigkeit

Friedrich Gottlob Kellers Holzschliff fasste vor über 100 Jahren auch an der Bahra Fuß. Daran wird stetig erinnert.

Teilen
Folgen
© Sammlung Steinmann

Von Heinz Gliniorz

Heimatgeschichte. Aus heutiger Sicht ist es kaum nachvollziehbar, dass am „Dörren Wasser“, einem Nebenfluss der Gottleuba, über Jahrhunderte eine Mahlmühle in Betrieb war, heute als Schleife bekannt. Das Wasser der Bahra reichte aus, um Getreide und ähnliche Feldfrüchte mithilfe von Mühlsteinen zu zerkleinern und für die Weiterverarbeitung bereitzustellen. Diese Anlage, auch als Mahl- und Schneidemühle an der Bahra bekannt, wurde im Jahr 1880 aufgegeben.

Friedrich Gottlob Keller.
Friedrich Gottlob Keller. © Sammlung Steinmann

Ein neuer bis dahin unbekannter Industriezweig, der Holzschliff, wurde für die am Wasser liegenden Fabriken interessant. Denn kein Geringerer als der geniale Erfinder des brauchbaren Holzschliffs – Friedrich Gottlob Keller aus Krippen – wollte auch hier seine Entdeckung industriell umsetzen. Der Unternehmer Eduard Hartmann erkannte die Gunst der Stunde und baute auf seinem ehemaligen Mühlengelände eine über Jahrzehnte arbeitende Holzschliffanlage mit einer 250-PS-Wasserturbine. Drei Kaltschleifer mit jeweils sechs Pressen garantierten die durchgehende Herstellung des begehrten Holzschliffs. Die so entstehende faserige Masse ging in die Papierindustrie.

Durch die jahrelange beispielhafte Waldwirtschaft im Elbsandsteingebirge stand den Holzschleifereien genügend Fichtenholz zur Verfügung. Die tonnenschweren Schleif- oder Zerfaserungssteine wurden vor Ort in den Hartmann eigenen Sandsteinbrüchen in unmittelbarer Umgebung gefertigt oder von der Firma H. Schmidt, dem europaweit bekannten und erfolgreich arbeitenden Schleifsteinhersteller aus Pirna, bezogen. Einige ausgemusterte Schleifersteine konnte man noch über Jahre im Bahra-Fluss ausmachen.

Die Schleife gehörte neben den Holzschleifereien in Hermsdorf und der Hammerschleuse an der Biela zu den wichtigsten Holzschliff-Lieferanten der Papierfabriken im Raum Pirna.

Nach mehreren Besitzerwechseln kam der Betrieb an der Bahra im Jahre 1945 zum Erliegen. Die hochwertigen Maschinen der Firma Heinrich Voith aus Heidenheim wurden demontiert und vom Gelände der Schleife abtransportiert. Die Firma Toltzmann stellte auf dem Gelände an der Bahra später Artikel aus Pappe für den Bedarf einzelner Betriebszweige der Konsumgüterproduktion her. Noch einmal machte die Schleife zu DDR-Zeiten von sich reden. Fleißige Frauen aus den umliegenden Dörfern montierten hier mit großem Ehrgeiz Schallplattenabspielgeräte in hoher Qualität für den Export nach Holland, Frankreich und in die Bundesrepublik.

Heute ist das ehemalige Mühlengelände an der Bahra durch den Fleiß des Unternehmers Andreas Geisler eine geschliffene Perle auf dem Gebiet der Erinnerungskultur hinsichtlich der weltweit anerkannten Holzschliffherstellung nach Friedrich Gottlob Keller.