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Er bringt Leben in den Luisenhof

Carsten Rühle hat schon in vielen Töpfen gerührt. Und hatte das Aussichts-Restaurant stets im Blick.

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© R. Kasprzack

Von Sandro Rahrisch und Kay Haufe

Dresden. An der Brühlschen Terrasse dreht das Fernsehen der DDR den Mehrteiler „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“. An der Leipziger Straße öffnet das Faunpalast-Filmtheater wieder, und im Luisenhof feiert Carsten Rühle Jugendweihe. Es ist 1983. Dass er die Gaststätte am Loschwitzer Elbhang einmal übernehmen wird, ahnt der 14-jährige Schüler zu diesem Zeitpunkt nicht. Nur eines spürt er damals schon: „Beim Blick aus dem Fenster, hinunter ins Tal, das macht Gänsehaut.“

Der Luisenhof trohnt hoch oben am Elbhang, leider ist er seit Ende Juni 2015 geschlossen.
Der Luisenhof trohnt hoch oben am Elbhang, leider ist er seit Ende Juni 2015 geschlossen. © Ronald Bonß

Jahre später, als er die Schuleinführung seiner Tochter in dem Restaurant feiert, verschwendet Rühle immer noch keinen Gedanken daran, den Betrieb zu führen. Zwar ist er längst Koch, hat im Hotel Newa an der Prager Straße gelernt, war Chefkoch in der Ullersdorfer Mühle und leitet jetzt die Küche des Sophienkellers am Zwinger. Im Luisenhof bewirtet jedoch Armin Schumann die Gäste. Er hat das Lokal wieder zu einer Top-Adresse gemacht, beköstigt Stars wie Schauspieler Gérard Depardieu, Moderator Thomas Gottschalk, Sängerin Anna Loos und Entertainer Gunther Emmerlich. Erst als Schumann im Sommer 2015 dem „Balkon Dresdens“ den Rücken kehrt, weil die neuen Hauseigentümer 5 000 Euro mehr Miete im Monat verlangen, denkt Carsten Rühle um.

Das 123 Jahre alte Haus an der Standseilbahn sei sehr, sehr reizvoll, und die Luisenhof-Makler seien auf den heute 48-Jährigen zugekommen, sagt er. Es muss die Zeit gewesen sein, als sich der italienische Wirt Giuseppe Gagliardi, Roncalli-Zirkusdirektor Bernhard Paul und der alte Steiger-Wirt Sebastian Matthes als neue Betreiber ins Gespräch brachten. Eines ist Rühle aber von Anfang an klar: Ein Restaurant mit über 500 Plätzen ist ihm viel zu groß. „Das wäre bei der Arbeitsmarktlage nicht machbar“, sagt er. Schon jetzt finden Gaststätten kaum Köche und gelernte Kellner. Schumanns Mannschaft zählte vor der Schließung um die 50 Köpfe. Dazu kommt der Mindestlohn. „Die Personalkosten müssen riesig gewesen sein.“ Die Eigentümer kommen Rühle und anderen Interessenten entgegen, die die Fläche für völlig überdimensioniert halten. Sie wollen den Luisenhof deutlich verkleinern, um die Hälfte. Doch die Denkmalschützer in der Stadtverwaltung machen nicht mit. Denn die Gäste hätten auf einen Teil der Aussicht verzichten müssen, zugunsten neuer Wohnungen. Auch Rühle sagen diese Pläne nicht zu. „Die Chance, den Luisenhof als Aussichtsrestaurant erfolgreich wiederzueröffnen, wäre weg gewesen.“

Also wird umgeplant. Jetzt soll der Gastraum wieder etwas größer werden, sodass das ganze Elbtal-Panorama Teil des Restaurants ist. 170 Plätze drin und 130 auf der Terrasse wären das in Summe. „Bei dieser Größe kann man das Personal gut planen“, sagt Rühle, der nach 13 Jahren im Sophienkeller nun seit acht Jahren als Restaurantleiter im „Dresden 1900“ auf dem Neumarkt arbeitet. Noch ist aber nichts unterschrieben. Zwar sind sich die Luisenhof-Eigentümerin, die Patria-Casa Vermögensverwaltung aus Aachen, sowie Carsten Rühle und seine Frau Carolin im Großen und Ganzen einig. Allerdings fehlt noch die Baugenehmigung. Erst wenn sie vorliegt, kann Rühle den Pachtvertrag unterschreiben. Alle Beteiligten hoffen, dass es im Oktober so weit ist. Bis dahin möchte sich der angehende Betreiber noch nicht über das künftige Angebot äußern. Nur so viel verrät er: „Es wird gute, deutsche Küche.“

Mit diesem Konzept war schon Armin Schumann erfolgreich. Kartoffelsuppe und Sauerbraten standen in der alten Speisekarte. „Es wäre toll, wenn der Luisenhof wieder öffnet, und ich hoffe, dass der neue Betreiber einen fairen Pachtvertrag erhält“, sagt Schumann. Auch Karl-Heinz Bellmann, nach dessen Konzept das Restaurant 1900 funktioniert, freut sich, dass sich die Türen des Luisenhofs bald wieder öffnen sollen. „Carsten Rühle hat große Erfahrung und ist ein Fachmann. Er packt das harte Geschäft auf dem Balkon Dresdens.“ Dennoch ist Rühle bewusst: „Das ist eine riesige Herausforderung.“