Merken

Er ist wieder da

Hernando Leon ist nach dem Tod seiner Frau nach Pirna zurückgekehrt – mit Kunst und einer neuen Idee.

Teilen
Folgen
NEU!
© Marko Förster

Von Heike Sabel

Pirna. Andere schreiben Autogramme, er schreibt seine Dresdner Telefonnummer auf Zettel. Hernando Leon ist wieder da! Er genießt es und die Pirnaer genießen es. Pirna und der Maler brauchen sich. Sie gehören zusammen, auch wenn sie es manchmal etwas schwer miteinander haben, noch schwerer aber ohne einander. Eine Zeit mussten sie ohne einander auskommen. Seine Frau ist im Dezember letzten Jahres gestorben, das hat ihn gelähmt.

Leon pendelt zwischen seiner Heimat Chile, Spanien und Deutschland. Jedes Land hat seine Bürokratie, sagt er, das sei schon viel. Doch er müsse sich dreifach mit ihr herumschlagen. Und dummerweise will gerade in dieser Beziehung jedes Land besser als die anderen sein.

Sein Atelierhaus in der Pirnaer Schifftorvorstadt, das er 1996 kaufte, hat er behalten, aber an eine junge Familie vermietet. Die habe zwar nichts mit Kunst zu tun, aber liebe das alte Haus. Leon ist immer gern gesehen, auch bei seinen alten Nachbarn. Das Haus in Pirna hat er schon 1961 während seines Studiums an der Dresden Hochschule für Bildende Künste Dresden das erste Mal gesehen. Jetzt ist es wie der Koffer, den Marlene Dietrich noch in Berlin hatte. So behält er einen Fuß in Pirna. Jetzt sind es sogar anderthalb.

Auf der Dohnaischen Straße 90 hat er mit fünf anderen Künstlern zum Tag der Kunst am 1. und 2. Juli ausgestellt. Die unsanierten Räume sind sympathisch, sagt er. Es sei der Platz für eine lebendige Bereicherung des Pirnaer Kunstlebens. Hoffentlich werde das Haus erst später saniert. Bis dahin nämlich wollen es die Künstler nutzen. Man werde da noch mit dem Verwalter des Hauses reden. Leon ist wieder da, irgendwie ganz der Alte und doch verändert. Er gibt Küsschen und streckt dabei die Hand mit der Zigarette, damit der Rauch nicht stört. Er serviert Wein, freut sich über viele Bekannte, die ihn begrüßen und sich ihrerseits über das Wiedersehen freuen. Fast geht dabei seine künstlerische Botschaft unter. Es ist das Flüchtlingsschiff, das den Namen Esperanza – Hoffnung – trägt. Dazu hat Leon die Worte der chilenischen Dichterin Gabriela Mistral geschrieben: Die Fremde – sie redet mit dem Akzent ihrer barbarischen Meere. Auf dem Schiff stehen acht bunte Puppen eng beieinander. Ihre Körper reichen weit über den Schiffsrumpf hinaus, sie sind angreifbar, wirken jeder für sich schwach, zusammen aber trotzen sie dem Wind, dem Wasser. Die Puppen hat eine Frau Margarita Pellegrin geschaffen. Sie und Leon wissen, wie sich flüchten anfühlt, auch wenn sie nicht auf einem Holzboot 1974 aus Chile in die DDR emigrierten.

Raum für Hoffnung

Bis August will der 83-Jährige jetzt in Deutschland bleiben. Und wenn er wieder geht, dann nur, um wiederzukommen. Die Idee, auf der Dohnaischen Straße 90, mit „Anstand zu zeigen, was hier produziert wird“, treibt ihn. Pirna sei bereit dafür – und seine Kollegen, mit denen gemeinsam er die Idee von der Galerie entwickelt hat, auch. Hernando Leon hat seine Sprache wiedergefunden: Es ist die Kunst.

Leon wird Pirna nie ganz verlassen. Er ist nur ab und zu mal weg. Hier hat die Hoffnung für ihn einen Raum.

In mehrfachem Sinn …