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Er hat Dresden bewegt

Raimund Wördemann war der erste Citymanager der Stadt. Jetzt ist er mit nur 52 Jahren gestorben.

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© Goethe-Institut

Von Andreas Weller

Es ist sein letzter Eintrag bei Facebook, einen Tag vor seinem 52. Geburtstag im Juli, und sagt eigentlich alles über Raimund Wördemann – die Karikatur mit dem Text: „Zum ARD-Brennpunkt ,Stau auf der A 7’ jetzt unser Terrorismus-Experte ...“ Er mochte keine Übertreibungen, wahrte immer die Verhältnisse. Am 25. November ist Wördemann gestorben. Er war Dresdens erster Citymanager und hat den Dresdnern beigebracht, ein Gefühl für ihre Innenstadt zu entwickeln.

Die Amtszeit von Wördemann fällt in die von Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP). Die SZ erreichte den Ex-OB. „Dass Herr Wördemann 2003 als Citymanager gegangen ist, war ein klarer Verlust“, erinnert sich Roßberg. „Er war ein liebenswerter Mensch und hat unheimlich viel für die Innenstadt getan.“ So gilt Wördemann als Erfinder der Unity-Night, die eine der größten Innenstadt-Tanzveranstaltungen in ganz Deutschland ist.

Er hat für verkaufsoffene Sonntage gekämpft, lange Einkaufsnächte organisiert, die City mit Kunstaktionen wie bunten und gestalteten Bänken aufgepeppt. Immer wieder hat Raimund Wördemann sich auch in die Politik eingemischt: So kämpfte er gegen die Entscheidung für die Erweiterung des Elbeparks, damit die Innenstadt nicht geschwächt wird, ist Rathausmitarbeitern in die Amtsstube gestiegen, damit Dreckecken und Schandflecke endlich beseitigt werden.

Nach der verheerenden Flut 2002 hat er sich für die Händler eingesetzt, Partner gefunden, die ihnen Holzhütten organisierten, damit sie überhaupt weiterarbeiten und verkaufen konnten. Dafür nahm er auch Kritik aus der Verwaltung in Kauf, weil die Buden angeblich nicht als Sondernutzung angemeldet waren. Solche Konflikte löste Wördemann stets konstruktiv und machte deutlich, dass er keinen Kleinkrieg wolle, sondern Lösungen, mit denen alle leben konnten. Man einigte sich.

Wördemann stand auch nach seinem Weggang immer in engem Kontakt zu seiner Wahlheimat Dresden. Nach einem Zwischenspiel als Geschäftsführer bei der Edeka Juniorengruppe, ging er 2005 zurück zum Goethe-Institut, bei dem er vor seiner Zeit als Citymanager gearbeitet hatte. Zunächst baute er die Außenstelle im chinesischen Shanghai auf, ab 2008 leitete er das Pendant im koreanischen Seoul.

Aber immer wieder führte ihn sein Weg nach Dresden, seine Familie lebte lange weiter hier. So blieb er auch mit der Dresdner Politik immer eng verbunden. Als Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP), damals noch Wirtschaftsbürgermeister, Ende 2008 in Seoul heiratete, war Wördemann nicht nur Hochzeitsgast, weil es für ihn zur Feier nur ein Katzensprung war. 2010 ging Wördemann nach Tokio und musste das schwere Erdbeben und die Atomkatastrophe in Fukushima erleben.

„Die Nachricht von Herrn Wördemanns Tod war für den Oberbürgermeister ein Schock“, so Rathaussprecher Kai Schulz. „Die beiden waren auch nach dem Weggang in engem persönlichen Kontakt.“ Wördemann leitete von 2000 bis 2003 das Citymanagement, die Interessensvertretung der Dresdner Innenstadt. OB Hilbert wollte sich zunächst nicht zum Tod äußern, sondern zuerst mit der Familie sprechen. Wördemann hinterlässt seine Frau Brigitta und die zwei Töchter Klara und Maria. Er ist 52 Jahre alt geworden, starb nach schwerer Krankheit in Berlin, im Kreise seiner Familie. Das teilten Ehefrau und Töchter mit den Worten mit: „Wir müssen Euch und Ihnen eine ebenso unerwartete wie erschütternde Nachricht überbringen ...“

Immer wieder spielte Wördemann mit dem Gedanken, wieder ganz nach Dresden zurückzukehren. Aber die Ferne lockte ihn ebenso. Zuletzt war er für das Goethe-Institut in Ankara (Türkei) tätig, mittlerweile war seine Familie nach Berlin umgezogen. Im Nachruf des Instituts heißt es: „Trotz seiner Krankheit fand er die Kraft, die Wiedereröffnung des Goethe-Instituts Ankara nach langer Sanierung mit vollem Tatendrang und Einfühlungsvermögen zu gestalten sowie Impulse für die Arbeit in den Flüchtlingsprojekten zu geben.

Aus dieser Tätigkeit hat ihn der Tod jetzt herausgerissen.“ Da ist von Humor und Selbstironie die Rede, die er bei Widrigkeiten an den Tag legte. Der Satz: „Er blieb stets Optimist“, lässt sich so auch auf seine Arbeit in Dresden übertragen. Denn immer, wenn er gegen die Mühlen der Verwaltung ankämpfte, konnte Wördemann trotzdem lachen. Nur selten war er genervt. So als 2003 von einer der Kunstbänke ein 30 Zentimeter langer Holzphallus geklaut und der Citymanager in Medien zum „Pimmel-Dieb-Jäger“ wurde. Das empfand Wördemann dann doch als etwas zu „unseriös“.