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Er hat den Westhonig verdrängt

Manfred Lau aus Radeberg ist seit einem halben Jahrhundert Hobby-Imker. Dabei begann alles mit einem Fehlstart.

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© Bernd Goldammer

Von Bernd Goldammer

Radeberg. Der Biologie-Lehrer ist schuld. Schuld daran, dass der Radeberger Manfred Lau seit nunmehr schon 52 Jahren Imker ist. Und das, obwohl er ja in einer Neubauwohnung zu Hause und von Hause aus Werkzeugmacher ist, was ja nun auf den ersten Blick so rein gar nichts mit dem Thema Bienen zu tun hat.

Aber Biologielehrer Johannes May begeisterte damals an der Leppersdorfer Schule seine Schüler so sehr für die Natur, dass Manfred Lau kurz nach seiner Lehrzeit dann zwei Bienenvölker übernahm – und Hobby-Imker wurde. Wobei er unumwunden einräumt: „Es war ein Fehlstart!“ Denn beide Völker kamen nicht über den ersten Winter. Dass er nach diesem Fiasko dennoch am Imker-Ball blieb, hat wiederum mit dem Friedersdorfer Tischlermeister Paul Haase zu tun. Denn auch der war ein begeisterter Imker. Und als er von Manfred Laus Malheur hörte, bot er ihm an, bei ihm die Geheimnisse der Bienenzucht gründlich zu erlernen. Von Paul Haase erfuhr Manfred Lau nun ganz genau, wie das Jahr der Bienen aussieht und wann die jeweiligen Imkerarbeiten erledigt werden müssen. „Er nahm mich regelrecht an die Hand“, beschreibt er. Durch das gemeinsame Hobby wurden die beiden dann auch enge Freunde. Und Manfred Lau zum erfolgreichen Imker. „Vor 50 Jahren habe ich dann meinen ersten Honig geerntet“, erinnert er sich noch ganz genau. Aus den Waben schleuderte er einen großen Wassereimer Honig. „Meine Mutter hat sich riesig gefreut, als ich ihr zwanzig volle Gläser übergab“, fügt er schmunzelnd an.

Preise vertraglich garantiert

Von seinen Imkerfreunden hat er viel gelernt, und wollte nun auch etwas zurückgeben. „Ich habe sehr viel Fachliteratur gewälzt und mich auf die Vermeidung von Bienenseuchen spezialisiert“, erzählt Manfred Lau. Noch heute ist er Sachverständiger für Bienenseuchen. Und aus dem ersten Wassereimer voller Honig ist längst eine umfangreiche Imkerei geworden. Und wieder bekam er dabei Hilfe. Vom Kleinwolmsdorfer Landwirt Siegfried Wünsche nämlich. Gemeinsam haben sie einen alten Anhänger zu einem Bienenwagen ausgebaut. 28 Völker konnten darin untergebracht werden. Mit diesem Wagen fuhr Manfred Lau dann jedes Jahr von Blütenmeer zu Blütenmeer. Wenn die Apfelblüten im nahen Borten aufbrachen, stand sein Bienenwagen schon vor Ort. Manchmal hat er dort gleich mit übernachtet. Anschließend wurde der Wagen dann zur Rapsblüte nach Großerkmannsdorf gezogen. Bei Moritzburg warteten danach schon die Blüten der Luzerne. In Grünberg war dann Rotklee zu bestäuben. Und um Heidehonig zu gewinnen, stand der Bienenwagen auch eine Zeit lang in Grüngräbchen. Waldhonig wurde derweil auf der Kleinwolmsdorfer Karswaldseite gewonnen. „Das Hobby nahm sehr viel Zeit in Anspruch“, sagt Manfred Lau. Nur ums Marketing musste er sich zu DDR-Zeiten keine Gedanken machen. „Den Honig verkauften wir in Fässern an die Bienenwirtschaft in Meißen – ordentliche Preise waren vertraglich garantiert, der Rubel rollte“, sagt er rückblickend. Das Imkerhobby kostete also viel Zeit, brachte aber durchaus auch gute Nebeneinnahmen. „Später erfuhren wir, dass große Teile unserer Honigernte in die Bundesrepublik verkauft wurde“, sagt der Radeberger. Die DDR brauchte dringend Devisen. „Aber für Stammkunden hatten die Imker natürlich einige Honiggläser zurückgehalten“, schiebt Manfred Lau augenzwinkernd nach. Als Tauschobjekt war der echte Imkerhonig schließlich nicht zu verachten.

Aufgeben ist keine Option

Nach der Wende mussten sich viele Imker dann total umstellen. „Jetzt mussten wir uns selbst um den Absatz kümmern“, erinnert sich Manfred Lau. 16 Zentner Honig hatte er 1989 geerntet. 1 600 Gläser mussten beschafft, befüllt und verkauft werden. Und da sein Arbeitgeber in dieser Zeit Kurzarbeit anordnen musste, hatte der Radeberger jetzt Zeit für den Honigverkauf. „Dabei habe ich jede Menge Leute kennengelernt, von denen ich das Verkaufen lernen konnte“, sagt er. Aber es gab ein Problem: Viele Ostdeutsche glaubten nun, dass Westhonig das einzig Wahre sei. Einige Imker ließen sich entmutigen und gaben auf. Für Manfred Lau war das keine Option. Er kämpfte. Und behielt recht. Ein großer Stammkundenkreis ist mittlerweile entstanden. Und seinen Bienenwagen hat Manfred Lau jetzt vorwiegend in Kleinwolmsdorf stehen. Und er weiß, „der Honig der Heimat ist gefragt“, sagt er. Und klingt auch ein bisschen stolz dabei.