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Entspannt feiern mit Flüchtlingen

Die Aktion Zivilcourage hat einen Tag der Begegnungen organisiert. Dabei wurde nicht nur geredet.

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© Marko Förster

Von Maik Brückner

Pirna. Ronald Becker sitzt ganz entspannt auf dem grünleuchtenden Sitzsack. Die Party läuft – genauso wie er es sich vorgestellt hat. Die einen kochen, die anderen spielen, quatschen oder hören einfach nur Musik. Die Atmosphäre im Garten des Mehrgenerationenhauses auf der Pirnaer Schillerstraße ist gelöst. Nicht nur die jungen Leute, die aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und dem Iran geflohen sind, jetzt in Pirna und Heidenau wohnen, fühlen sich sichtlich wohl. Auch die Jugendlichen aus Pirna und Umgebung, die zu diesem Treffen gekommen sind, sind gut drauf. Und genau das wollte das Team um Ronald Becker erreichen. Der Politikwissenschaftler hatte dieses Treffen angeregt.

Es ist das zweite seiner Art. Bereits im Juni lud er zu einer ähnlichen Veranstaltung in die Schulungsräume des Bildungsträgers ASG ein. Damals waren 100 Jugendliche gekommen. „Es war ein voller Erfolg“, sagt Becker. Schon damals wurde er von jungen Flüchtlingen gefragt, ob es nicht bald wieder so ein Treffen geben könnte. Denn in den Schulen finden viele von ihnen nur schwer Anschluss. Aufgrund der guten Erfahrungen entschloss sich Ronald Becker, einen zweiten Begegnungstag vorzubereiten.

Organisiert werden sollte er aber wieder von Jugendlichen, die an seinem Projekt „Die gläserne Stadt“ teilnehmen. In diesem beschäftigen sich die Jugendlichen mit verschiedenen Facetten der Kommunalpolitik. Dazu treffen sie sich einmal in der Woche, um Antworten auf Fragen wie diese zu finden: Wer entscheidet über die Geschicke in einer Stadt? Wer kümmert sich um die Versorgung und wer hält die Bürgerschaft auf dem Laufenden? Dazu organisierte Becker Besuche in den Stadtwerken und Rathäusern.

Seit August stand im Projekt die Organisation des Begegnungsstages mit Flüchtlingen im Mittelpunkt. Als Anna Marie Hahn von dem Vorhaben hörte, fühlte sich die 18-jährige Pirnaerin sofort angesprochen und stieg ein. „Ich bin kontaktfreudig und interessiere mich für andere Kulturen, die ich gern kennenlernen möchte“, sagt sie. In den letzten Wochen beteiligte sie sich an der Diskussion, wie dieser Tag der Begegnung aussehen könnte, wo er stattfinden sollte und was beim Organisieren zu beachten ist.

Ronald Becker moderierte diese Diskussion und ließ die Jugendlichen machen. So mussten sie zum Beispiel auch die Finanzierung des Festes klären. 500 Euro standen ihnen zur Verfügung. Das Geld hatte die Aktion Mensch zur Verfügung gestellt, sagt Ronald Becker. Die Jugendlichen mussten auch die Verhandlungen mit dem Eigentümer des Mehrgenerationenhauses, dem Famil e.V., führen. „Den Vertrag habe aber ich unterschrieben“, sagt Becker.

Um möglichst viele Jugendliche aus Pirna und Umgebung und die hier lebenden jugendlichen Flüchtlinge zu erreichen, wurde in den letzten Wochen ein kleiner knapp einminütiger Werbefilm gedreht. Der kann übers Internet angeschaut werden und zeigte ganz offensichtlich Wirkung. Im Laufe des Nachmittags kamen immer mehr Jugendliche.

Am Ende waren es rund 75, darunter war auch Abubaker Karhot. Der 17-jährige Syrer lebt seit 2015 in Deutschland und wohnt derzeit in Klipphausen bei Meißen. Er kam mit einem Freund nach Pirna. „Es ist sehr schön hier“, sagt er auf Deutsch. „Ich habe schon einige Freunde gefunden.“ Gelegenheiten dazu gibt es viele. Denn das Organisationsteam um Ronald Becker hat mehrere Workshops vorbereitet, bei denen sich die Jugendlichen kennenlernen sollen. Anna Marie Hahn zum Beispiel bietet einen Tanzkurs an, bei dem sie zeigen will, wie Discofox getanzt wird. Doch bevor der startet, wird noch zusammen gegessen. Das Küchenteam hat dazu zwei Gerichte vorbereitet: Sächsische Kartoffelsuppe und gerösteter grüner Weizen, eine Spezialität aus Syrien.

Ob es einen dritten Begegnungstag geben wird, steht noch nicht fest. „Das entscheiden die Jugendlichen in der nächsten Woche“, sagt Ronald Becker. Dann werde das Treffen ausgewertet.