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Energiewald ist Geschichte

Die Bahn ist mit ihrer Idee gescheitert, regionalen Ökostrom zu produzieren. Der Konzern hat einen Schuldigen ausgemacht.

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© SZ-Archiv/Schröter

Von Antje Steglich

Bobersen. Dem Energiewald in Bobersen sollten ursprünglich noch viele weitere folgen. Als die Deutsche Bahn vor vier Jahren Hunderte Pappel-Stecklinge auf die Fläche des ehemaligen strategischen Gleises zwischen Zeithain und Bobersen pflanzte, ging das Unternehmen davon aus, auf diese Weise zunächst bis zum Jahr 2024 immer wieder Biomasse zur Energiegewinnung produzieren zu können. Das Projekt sollte ein Baustein der Bahn auf dem Weg dahin sein, bis zum Jahr 2050 ausschließlich Ökostrom zu nutzen. Doch das Projekt ist zumindest in Bobersen gescheitert.

Die Pflege der Anlage und die Verwertung sind wirtschaftlich nicht darstellbar, sagte Bahnsprecherin Erika Poschke-Frost auf Anfrage der Sächsischen Zeitung. Hauptgrund dafür sei der schlechte Boden gewesen, der wiederum ein schlechtes Wachstum der Bäume nach sich zog. Die wurden vor wenigen Wochen deshalb endgültig gerodet und der energetischen Verwertung zugeführt.

Eine Gefährdung der Tierwelt habe es durch die Fällaktion aber nicht gegeben, so Erika Poschke-Frost. Bei der Anlage des Energiewaldes, der auch Kurzumtriebsplantage genannt wird, sind die Naturschutzbehörden einbezogen gewesen. „Aufgrund der geringen Größe der Flächen und des Ursprungszustands ist nicht von einer Beeinträchtigung auszugehen“, so die Unternehmenssprecherin.

Bäume werden zu Hackschnitzel

Im Normalfall funktioniert ein Energiewald so, dass etwa 20 Zentimeter große Stecklinge – in Bobersen waren es Pappelhybride – gesetzt werden und in drei bis fünf Jahren bereits Höhen von bis zu sieben Metern erreicht haben. Durch einen Maishäcksler mit einem speziellen „Gebiss“ werden die Triebe dann abgetrennt und zu Hackschnitzel verarbeitet. Aus dem zurückbleibenden Stumpf treiben neue Triebe aus, welche in drei bis fünf Jahren erneut geerntet werden können. Die geerntete Biomasse wird dann jedes Mal zunächst getrocknet und zur Energiegewinnung verbrannt. Auch eine Weiterverarbeitung zu Pellets sei möglich.

Gleichzeitig nutzte die Bahn das Projekt quasi als Verschönerungsaktion: So sollten ungenutzte Flächen wie die 30 000 Quadratmeter am ehemaligen Gleis vor der Vermüllung geschützt und das Erscheinungsbild insgesamt verbessert werden. Die Kritik von Bürgerinitiativen der Region, mit dem kleinen Wald ein weiteres Hindernis im Überschwemmungsgebiet der Elbe zu schaffen, wies und weist die Bahn zurück. Die Einstellung des Projektes habe auch nichts mit dem Hochwasserschutz zu tun, so Erika Poschke-Frost.

Zukunft der Fläche unklar

Welche Pläne die Deutsche Bahn künftig mit der Fläche hat, ist zurzeit unklar. Da die Pappeln jedoch lediglich bodennah abgeerntet wurden, werden sie wohl bald wieder austreiben.

Statt wie einst geplant mehrere Energiewälder zu betreiben, unterhält das Unternehmen damit zurzeit lediglich noch eine Musterplantage im Nordosten Deutschlands, heißt es. Allerdings gibt es zahlreiche Beispiele in Sachsen und anderen Bundesländern, wo an dem Konzept festgehalten wird.