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Endspurt auf der Schandauer

Während noch die letzten Löcher mit Asphalt geschlossen werden, wird die Eröffnung der sanierten Straßenbahntrasse vorbereitet.

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© Sven Ellger

Von Tobias Wolf

Ein gutes Auge ist gefragt, wenn Straßenbauer René Böhme die letzten Anschlussfugen zwischen Schiene und neuer Asphaltfahrbahn ausgießt. Zusammen mit seinen Kollegen soll er sicherstellen, dass der Verkehr am Montag auf der wichtigsten Hauptstraße im Dresdner Osten wieder rollen kann.

Während Böhme die weiche Teermischung in die Fugen fließen lässt, bereitet sich Roland Kluge von den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) auf seinen Einsatz vor. In einer alten Tatra-Straßenbahn wird er über das Wochenende noch einmal die gesamte Fahrleitung zwischen Junghansstraße und Ludwig-Hartmann-Straße checken. Zur Sicherheit, denn ab Montag sollen nach Monaten des Stillstands auch die Straßenbahnen wieder über die Schandauer rollen. Der Tatra-Waggon ist dazu umgebaut worden, hat ein zusätzliches Glasdach bekommen, durch das die Experten um Roland Kluge auf Hochsitzen jeden Zentimeter der neuen Oberleitung erfassen können. „Damit prüfen wir auch das Zusammenspiel zwischen Stromabnehmer und Leitung.“ Denn die Kabel sind im Zick-Zack-Kurs gespannt, damit der Stahldraht nicht irgendwann in den Abnehmerbügel auf dem Dach schneidet.

Bis Sonntagabend muss Fachingenieur Kluge mit der Prüfung fertig sein, denn ab Montag, 3.30 Uhr, rollt die Linie 4 zur Jungfernfahrt über die frisch sanierte Schandauer nach Laubegast. Parallel zu Kluges Oberleitungsmessfahrt ist eine jahrzehntealte Straßenbahn unterwegs, die sicherstellt, dass die Schienen korrekt verlegt sind. „Dieses Modell hat den längsten Radstand“, erklärt DVB-Infrastrukturchef Leonhard Hanusch. „Wo die durchkommt, kommt auch jede andere Bahn durch, auch die historischen aus unserem Museumsfuhrpark.“ Rund sechs Millionen Euro haben allein die Verkehrsbetriebe in den Bauabschnitt von der Junghansstraße bis zur Ludwig-Hartmann-Straße investiert, rechnet DVB-Chef Reiner Zieschank vor. Die Gesamtkosten für die Strecke zwischen Fetscherplatz und Programmkino Ost liegen bei rund 35 Millionen. „Das ist ein Mammutprojekt, für das wir jahrelang gekämpft haben“ sagt Zieschank.

Stoßdämpferschreck ist Geschichte

Bei Anwohnern löst das nahe Ende der Großbaustelle Freude aus. „Ich habe täglich erlebt, wie hier emsig gearbeitet wurde, das war echt toll“, sagt Dietmar Weinhold. Der 76-Jährige wohnt seit über 40 Jahren im Viertel und kennt den alten Zustand genau. Nicht nur Autofahrern galt die holprige Kopfsteinpflasterpiste seit Jahrzehnten als Stoßdämpferschreck. Am Wegesrand verstreute Radkappen gehörten zum alltäglichen Anblick. Dem Verkehrsfluss kam die Schlaglochstrecke nicht wirklich zugute. Die Straßenbahnen der DVB konnten zuletzt sogar nur noch mit Schrittgeschwindigkeit über die Schandauer fahren, weil hochstehende Betonplatten neben den Schienen sonst die Wagen und Fahrwerke beschädigt hätten. Mit der Sanierung der Schandauer sind nun auch neue Haltestellen gebaut worden, die auch älteren oder körperbehinderten Fahrgästen das barrierefreie Einsteigen ermöglichen.

Die elektronischen Abfahrtstafeln müssen jedoch in den nächsten drei Wochen noch angeschlossen werden, schränkt Zieschank ein. Solange sollen auch noch die Arbeiten an der Kreuzung Schandauer/Ludwig-Hartmann-Straße dauern. Dort wird noch ein provisorisches Gleis verlegt, damit die Straßenbahnen aus Richtung Schillerplatz sicher auf die Strecke nach Laubegast einbiegen können. Im kommenden Jahr soll dann der gesamte Abschnitt von der Kreuzung bis zur Ankerstraße saniert werden, später bis zur Schlömilchstraße.

Wegen der Restarbeiten endet die Straßenbahnlinie 12 über Schillerplatz an der Ludwig-Hartmann-Straße, die Linie 6 aus Richtung Messe am Fetscherplatz. Dafür fahren die 4 und die 10 jeweils entlang der Schandauer Straße bis nach Laubegast beziehungsweise über Tolkewitz nach Niedersedlitz.