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Endspurt auf den Erdbeerfeldern

Das Selberpflücken lohnt sich immer noch. Aber die Nachfrage sinkt. Und das hat Folgen.

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© René Plaul

Von Jana Ulbrich

Lianas Erdbeerkörbchen ist schon voll. Die Siebenjährige aus Bischofswerda hat mit ihrem Bruder um die Wette gepflückt. Lianas Oma will heute Marmelade kochen. „Es gibt doch nichts Besseres als selbst gekochte Erdbeermarmelade aus selbst gepflückten Früchten.“ Die Oma schmunzelt. Sie weiß, wovon sie redet. Die Familie ist schon zum zweiten Mal zum Selberpflücken auf das Erdbeerfeld an der Neustädter Straße in Bischofswerda gekommen. Die Oma trägt zwei kleine Fünf-Liter-Eimer zur Waage. Sie ist sehr zufrieden: Die Beeren schmecken köstlich.

Das Erdbeerfeld in Bischofswerda gehört zum Gutshof Kaschwitz, dem größten Erdbeerproduzenten im Landkreis. Auf mehr als elf Hektar wachsen die süßen Früchte bei Kaschwitz, Großnaundorf und Bischofswerda. Der größte Teil der Flächen ist für Selbstpflücker geöffnet. Nur 2,70 Euro kostet das Kilo, wenn man sich selber bückt. Und frischer bekommt man die Erdbeeren nirgends.

Beeren lieber aus dem Supermarkt?

Trotzdem kommen immer weniger Selbstpflücker auf die Erdbeerplantagen. „Die Leute kaufen lieber gleich einen fertig gepflückten Korb“, sagt Geschäftsführer Christian Bock, auch wenn der auf Gut Kaschwitz fast doppelt so viel kostet wie ein selbst gepflückter. Für die Obstbauern wird das Angebot auch immer mehr zum Vabanquespiel. „Bei schlechtem Wetter kommt überhaupt keiner zum Pflücken, wenn es zu heiß ist, auch nicht“, sagt Christian Bock. „Dann ist es schade um viele ungeerntete Erdbeeren.“

Hier kann gepflückt werden

Gutshof Kaschwitz: Auf den Feldern in Bischofswerda (Neustädter Straße) und Kaschwitz läuft die Ernte noch einige Tage, auf dem Feld in Großnaundorf (Richtung Oberlichtenau) reichen die Früchte noch etwas länger.

Stolle-Obst Schirgiswalde: Die Saison geht zu Ende, aber auf dem Feld an der Bauernstraße in Schirgiswalde lohnt sich das Pflücken noch.

Lückersdorf/Gelenau: Auf dem Feld in Gelenau sind die neu gepflanzten Sorten reif. Gepflückt werden kann noch bis Mitte Juli.

Hofladen Weixdorf: Die Saison geht auch in Weixdorf langsam zu Ende, aber auf dem Feld an der Pastor-Roller-Straße lohnt sich das Pflücken noch. Am Wochenende ist geöffnet.

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Trotzdem will der Obstbaubetrieb am Konzept des Selberpflückens festhalten. Auch Bernhard Stolle aus Schirgiswalde und die Agrarproduktivgenossenschaft Lückersdorf/Gelenau stellen Felder für Selbstpflücker zur Verfügung. Aber auch sie spüren eine sinkende Nachfrage.

Josef Brummer hingegen hat aufgegeben. Der Spargel- und Erdbeerbauer aus der Nähe von Oschatz hatte sachsenweit zahlreiche Flächen für den Anbau gepachtet, so auch bei Kleinwelka und Bautzen-Ost. „Es hat sich nicht mehr gelohnt“, sagt der 56-Jährige. „Es sind einfach zu wenige Leute zum Pflücken gekommen.“ Josef Brummer glaubt, dass viele ihre Erdbeeren lieber im Supermarkt kaufen. „Das geht schnell, da müssen sie ja nur noch zugreifen.“ Der Obstbauer will seine Flächen jetzt nach und nach weiter reduzieren. Eine Rückkehr nach Ostsachsen schließt er aus.

Hagelschäden mit Folgen

Matthias Domanja hingegen will das Erdbeerfeld in Bautzen-Stiebitz nächstes Jahr neu bepflanzen. In dieser Saison konnte er es nicht zum Selberpflücken freigeben, weil es durch den Bau der neuen Rettungswache Behinderungen gab. Nächstes Jahr will er anderthalb Hektar neu bepflanzen. Er hofft dann wieder auf viele Kunden.

Noch verkauft Matthias Domanja Erdbeeren an den Marktständen und in seinem Landwirtschaftsbetrieb im Wittichenauer Ortsteil Hoske. Die Ernte ist in diesem Jahr auf seinen Feldern wesentlich schlechter ausgefallen als in den Vorjahren. Über Hoske sind fast 70 Liter Regen niedergegangen. „Das hat den Erdbeeren nicht gutgetan“, sagt Domanja. „Viele sind auf dem Feld verfault.“

In Kaschwitz sind die frühen Sorten dem Hagel zum Opfer gefallen. „Da war viel Arbeit umsonst“, sagt Christian Bock. Die späten Sorten aber, die jetzt reif sind, hätten eine gute Qualität. Auch Bernhard Stolle im Oberland musste Verluste verbuchen. „Wir haben ein Viertel der neu bepflanzten Flächen wieder umgebrochen, weil die Pflanzen schlecht waren“, sagt er. Er rechnet dennoch mit einer halbwegs guten Ernte. Und er hofft wie seine Kollegen in Kaschwitz und Gelenau, dass auch jetzt in den letzten Tagen noch zahlreiche Selbstpflücker kommen – und das Ernteglück genießen. In Kaschwitz übrigens sind jetzt auch schon die Himbeeren reif.