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Endlich dabei

Etwa 1 600 Osterreiter zogen am Sonntag durch die Lausitz. Für die Neulinge war das besonders aufregend.

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Von Kerstin Unterstein

Rund 1 600 Osterreiter waren am Sonntag in neun Prozessionen unterwegs, um den Nachbardörfern die Botschaft von der Auferstehung Jesu zu überbringen. Endlich ein Teil dieser jahrhundertealten Tradition durfte Marko Rycer sein, der im größten Zug von Wittichenau nach Ralbitz und zurück geritten ist. Im Vorjahr fehlten ihm noch ein paar Monate bis zum 14. Geburtstag, sodass er zusehen musste, wie viele seiner Klassenkameraden aus der Sorbischen Oberschule Ralbitz bereits ihre Osterreitpferde sattelten.

Stolzer Osterreiter: Marko Rycer war zum ersten Mal dabei.Foto: Kerstin Unterstein
Stolzer Osterreiter: Marko Rycer war zum ersten Mal dabei.Foto: Kerstin Unterstein
Zum 200. Mal ritten die Nebelschützer in ihre Partnergemeinde Ostro. Eine Ehrenpforte erinnerte daran.
Zum 200. Mal ritten die Nebelschützer in ihre Partnergemeinde Ostro. Eine Ehrenpforte erinnerte daran.
In Ralbitz segnete Pfarrer Michael Nawka die Osterreiter, darunter den Vorsitzenden der Domowina, David Statnik.
In Ralbitz segnete Pfarrer Michael Nawka die Osterreiter, darunter den Vorsitzenden der Domowina, David Statnik. © es gelten meine agb.

Dabei war Marko mit diesem besonderen Brauch zum Ostersonntag groß geworden – nicht nur deshalb, weil die Osterreiter direkt an seinem Zuhause vorbeikommen. So lange er denken kann, waren Mitglieder seiner Familie im Zug vertreten, denn der Onkel und vorher der Opa im Wittichenauer Ortsteil Hoske stellen die Pferde auch für die Rycers gern zur Verfügung. In diesen Genuss kommt seit einigen Jahren Markos älterer Bruder Jan, der den Neuling am Sonntag auch als Partner im Paar begleitete. Der Onkel Matthias Domanja hatte ganz in der Nähe immer ein wachsames Auge auf den Neuling, aber keine Bedenken, denn mit seinem am besten geeigneten Pferd sollte das schon klappen: „Lissi ist schon 25 und hatte es bereits mit Generationen von Reitanfängern zu tun. Sie ist ein ganz gutmütiges, sicheres Pferd.“ So hatte auch Marko zwar Respekt, aber keine Angst. Denn einige Reitstunden in Hoske sorgten im Vorfeld dafür, dass er einigermaßen entspannt auf dem Pferderücken sitzen konnte. Zudem hatte er in den vergangenen Tagen viele Stunden im Stall beim Ausmisten und Striegeln verbracht. Nicht zu vergessen die kleinen Extra-Hafer-Rationen für seine Lissi.

Gewaschen und geputzt wurde die Stute gemeinsam mit den anderen Vierbeinern bereits am Sonnabend, denn am Sonntag klingelte für den Osterreit-Neuling der Wecker bereits 3.30 Uhr. Pünktlich 5 Uhr begann in der bis auf den letzten Platz gefüllten Wittichenauer Kirche der Osterreitergottesdienst. Dort erhielten die Jubilare zur 25. oder 50. Teilnahme ihre silbernen oder goldenen Kränzchen. Die Neulinge wie Marko, gekennzeichnet durch grüne Kränzchen, sorgten selbst für diesen Schmuck, den sie frisch vom Gärtner abgeholt hatten. Danach gab es auf dem Domanja-Hof in Hoske viel zu tun, denn vier Pferde mussten festlich herausgeputzt werden, erhielten Geschirr und Sattel. Auch die Männer warfen sich mit Gehrock, weißem Hemd, Fliege und Zylinder in Schale – auch das gehört dazu, wenn man die Osterbotschaft überbringt.

Reihenfolge genau geregelt

Den ersten Teil des Wittichenauer Zuges bilden – das ist einmalig in allen Prozessionen – deutsche Reiter, die in deutscher Sprache singen und beten. Danach folgen die Gruppen aus Wittichenau und den einzelnen Ortsteilen. „In diesem Jahr reiten wir 14 Hosker ganz am Ende des Zuges und rutschen dann jedes Jahr wieder einen Platz nach vorn“, erläuterte Matthias Domanja. Deshalb mussten alle Freunde und Verwandten an der Straße lange warten, bis sie einen sichtlich stolzen Jungreiter Marko Rycer erblicken konnten, denn mehr als 400 Reiter-Pferd-Paare machten sich am Vormittag in Wittichenau auf den Weg. „In fast jedem Dorf stand jemand an der Straße, den ich kannte. Das war eine ganz schöne Atmosphäre. Und Lissi ist so ruhig gegangen, dass ich die Zeit beim Singen und Beten wirklich genießen konnte.“

In Ralbitz wurden die Wittichenauer Osterreiter bei strahlender Mittagssonne von Hunderten Schaulustigen und Pfarrer Nawka begrüßt, der die Osterbotschaft entgegennahm. In zwei Runden ging es über den Ralbitzer Friedhof mit seinen einheitlich weißen Kreuzen. Danach hatten sich Marko und seine Mitreiter, aber besonders die Pferde, eine Pause verdient. Im Stammquartier bei Familie Schneider gab es eine festliche Stärkung, gegen 15 Uhr startete nach einer Andacht und der Verabschiedung durch den Pfarrer der Heimritt. Dabei ging es für Marko vorbei an seinem Zuhause in Schönau. Aber was den Neuling dann in Wittichenau erwartete, wird der 14-Jährige wohl nie vergessen: „Der Markt in Wittichenau war voller Menschen, sie standen ganz eng gedrängt. Das sah von oben wirklich wunderbar aus.“ Von Wittichenau aus ritten die Teilnehmer der Dörfer geschlossen in ihre Ortsteile zurück. Auch in Hoske beendete eine Schlussandacht das Osterreiten 2014, das Marko Rycer immer besonders in Erinnerung behalten wird – es war ja sein erstes Mal. Nach einem heißen Bad gegen eventuelle Schmerzen nach dem langen Ritt lag der 14-Jährige gegen 23 Uhr glücklich und stolz in seinem Bett.