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„Endlich Arbeit“

Im Landkreis gibt es Dutzende Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge – aber nur die Hälfte ist besetzt.

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© Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Samuel Kebedom ist glücklich. Der 39-jährige Eritreer hat einen von zehn Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge in Riesa ergattert. Er steht an einer Werkbank und hobelt feine Späne vom Tisch einer Bierzeltgarnitur. Vier Stunden am Tag geht er dafür in das Gebäude des sozialen Trägervereins Sprungbrett an der Speicherstraße. „Die Arbeit macht mich glücklich. Ich würde gerne mehr machen“, sagt Kebedom auf Englisch. „Aber das funktioniert wohl nicht.“ Mehr als die vier Stunden dürfen die Teilnehmer einer Arbeitsgelegenheit nicht ran. Nur unter  dieser Maßgabe fließt Geld von der Ausländerbehörde. 1,05 Euro in der Stunde bekommen die Flüchtlinge für ihre Arbeit. Die Träger können inzwischen außerdem Arbeitsmaterialien wie Schaufeln oder Arbeitskleidung abrechnen.

Die Tische und Bänke, die die Flüchtlinge aufarbeiten, kommen bei Sprungbrett-Veranstaltungen oder etwa beim Gröbaer Brückenfest zum Einsatz. „Wenn diese Arbeit hier nicht erledigt würde, dann würde sie wahrscheinlich niemand machen“, sagt Sprungbrett-Chef Andreas Näther. „Dadurch können wir die Tische länger nutzen. Das entlastet am Ende auch den Steuerzahler.“ Hobeln und Schleifen sind nicht die einzigen Aufgaben, die die Flüchtlinge an der Speicherstraße erledigen. Auf der Brache zwischen dem Gebäude und der Lauchhammerstraße sind zwei Männer damit beschäftigt, die Fläche von Sträuchern zu befreien. Und in einer Garage repariert ein Albaner Fahrräder aus dem Fundbüro für die Flüchtlinge. 20 stehen bereits abfahrbereit in einer Reihe. Damit die Räder wieder an die Basis zurückkommen, wenn sie kaputt sind oder der Nutzer die Stadt verlässt, werden die Drahtesel mit einer Nummer versehen, bevor sie abgegeben werden.

Vor Ort für die Aufsicht der derzeit neun Arbeiter zuständig ist Sprungbrett-Mitarbeiter Bieliauskas Kestutis. „Immer nur einen Stock in den Häcksler und sofort loslassen“, ruft er zu den Männern auf der Brache hinüber.

„Die Bereitschaft hat nachgelassen“

Um seine Anweisung zu verdeutlichen, macht er die Bewegung nach, wie er sie ausführen würde. „Man muss mit Händen und Füßen sprechen, damit das hier klappt“, sagt Kestutis. Er kann die Probleme der Flüchtlinge vielleicht besser nachvollziehen als andere. Er hat ebenfalls Migrationshintergrund. Als Spätaussiedler kam er aus Litauen nach Deutschland. „Die Leute halten mich wegen meines Akzents immer noch für einen Russen.“ Wenn das vorkomme, dann nicke er nur und lasse sein Gegenüber in dem Glauben. Die Männer auf der Brache haben Kestutis’ Anweisungen verstanden. Sie nicken und arbeiten weiter. Ein Stöckchen nach dem anderen verschwindet im Häcksler. Die größeren Stücke landen in einem Container. Das Holz ist für die Gröbaer Lichterzeit bestimmt, die jeden Dezember stattfindet.

Auch andere Kommunen haben Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge beim Landratsamt beantragt. Zeithain etwa hat zehn Stellen. Bis letzte Woche waren allerdings nur fünf davon besetzt. „Anfangs hat es eine sehr hohe Bereitschaft gegeben“, sagt Bürgermeister Ralf Hänsel (parteilos). Das habe allerdings nachgelassen. „Dabei habe ich genug zu tun in der Gemeinde.“ Drei neue Arbeitswillige haben sich inzwischen aber noch gefunden, weiß Marion Pfund, Geschäftsführerin der Immobilien- und Verwaltungsgesellschaft Riesa, kurz IVR. Anstatt eines Vereins wie in Riesa übernimmt in Zeithain die Firma die Vermittelung und die anschließende Abrechnung mit der Ausländerbehörde. Damit sind es immerhin wieder acht Freiwillige, die den Mitarbeitern des Bauhofs zur Hand gehen. „Die Vermittlung in die Arbeitsgelegenheiten ist nicht immer ganz leicht“, berichtet Marion Pfund. Die Eritreer besuchten fast alle einen Sprachkurs, und bei Albanern und Kosovaren sei die Bereitschaft wegen geringer Bleibechancen relativ gering, so die IVR-Chefin weiter. Auch in Gröditz und Nünchritz waren schon Asylbewerber im Einsatz. Beide Gemeinden waren bislang zufrieden mit der geleisteten Arbeit. In Gröditz sollen nach dem Winter wieder Flüchtlinge in Ein-Euro-Jobs arbeiten. Da hat auch die Handwerkskammer ein Auge drauf. Genehmigt werden die Stellen nur, wenn sie einem lokalen Unternehmen nicht die Arbeit streitig machen.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles fordert derzeit 450 Millionen Euro vom Finanzminister. Die SPD-Politikerin möchte damit 100 000 Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge schaffen. Erste Erfahrungsberichte könnte die Ministerin aus dem Landkreis Meißen bekommen.