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Ende der Striesener Beschaulichkeit

Großbaustellen sorgen für extremen Lärm in dem Dresdner Viertel. Einen Schutz für Anwohner und Beschäftigte in Büros gibt es nicht. Sogar der Kreuzchor ist bald direkt betroffen.

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© R. Meinig

Von Sophie Arlet

Brigitte Menzel kann schon lange nicht mehr auf den Balkon gehen. „Es ist zu laut“, sagt die 84-jährige Striesenerin. Sie wohnt direkt an dem Grundstück zwischen Schandauer und Glashütter Straße. Auf dem 12 000 Quadratmeter großen Areal baut die USD vier Mehrfamilienhäuser mit 190 Eigentumswohnungen. Seit Monaten rammt die Baufirma von früh bis spät riesige Betonpfähle in die Erde. Das rhythmische Stampfen ist noch viele Straßen weiter zu hören, je nach Windrichtung verliert es sich erst an der Elbe.

Auf der anderen Seite der Baustelle vibriert Katrin Stephans Schreibtisch. Sie arbeitet in der Wüstenrot-Filiale am Pohlandplatz. „Das Schlimmste ist, dass es ununterbrochen so geht“, sagt die junge Frau. Die Anwohner und Nutzer der umliegenden Büros müssen mit dem zermürbenden Lärm wohl oder übel klarkommen, denn einen Schutz gibt es kaum. In der Dresdner Polizeiverordnung gibt es keine eigene Regelung zu Baulärm. Dort ist lediglich die Nachtruhe geregelt sowie eine Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr an Sonn- und Feiertagen. Diese Regelungen beziehen sich auf private Haus- und Gartenarbeiten sowie auf Ruhestörungen aller Art. Für Baustellen gibt es eine spezielle Verordnung im Immissionsschutzgesetz vom Bund. Die legt Ruhezeiten für bestimmte Geräte wie zum Beispiel Rasentrimmer oder Baumaschinen fest. Das Dresdner Umweltamt überwacht die Einhaltung dieser Richtlinien, oft nach Hinweisen von Anwohnern.

„Die USD-Baustelle zwischen Schandauer und Glashütter Straße ist eine besondere Herausforderung für die unmittelbaren Anwohner und den Baubetrieb gleichermaßen“, teilt ein Mitarbeiter des Umweltamtes mit. „Die akustische Belastung durch die Ramme überschreitet die Schallimmissionsrichtwerte bei mehreren unmittelbaren Anwohnern. Aus diesem Grunde wurde die Betriebszeit für dieses Gerät stark eingeschränkt“, heißt es weiter. So wurde zum Beispiel eine Mittagspause festgelegt. In der können die Kinder des Horts der 25. Grundschule am Pohlandplatz und an der Montessori-Schule kurz zur Ruhe kommen. Durch die erzwungene Pause entsteht auf der Baustelle aber wiederum eine Zeitverzögerung, und die Arbeiter brauchen insgesamt länger. Nun ist ein Ende aber absehbar. Nur wenige Kilometer stadtauswärts gibt es die nächste Großbaustelle auf der Schandauer Straße.

Auf dem alten Straßenbahnhof Tolkewitz entsteht der neue Schulkomplex für das Gymnasium Tolkewitz und die 32. Oberschule. Lärmtechnisch haben die Anwohner dort das Schlimmste bereits überstanden. „Die Baustelle hatte 2016 zwei Sondergenehmigungen für lärmintensive Arbeiten beim Guss der Bodenplatte, die sich jeweils bis in die späten Abendstunden hinzogen“, teilt das Umweltamt mit. Mittlerweile ist der Rohbau fertig, jetzt sind Schlosser, Tischler und Trockenbauer im Inneren des Gebäudes unterwegs. Sie müssen sich sputen, denn der Schulbetrieb soll im Februar 2018 losgehen.

Bis dahin muss auch der gerade begonnene Ausbau der Wehlener und Kipsdorfer Straße abgeschlossen sein. Denn die Schüler sollen im Unterricht nicht vom Baulärm gestört werden.

Der steht allerdings den Kreuzschülern bevor. Denn auf dem Schulgelände an der Ermelstraße beginnt jetzt der Bau eines zusätzlichen Alumnatsgebäudes. Richtig los geht es im September, dann wird die Baustelle eingerichtet. Für knapp 5 Millionen Euro baut die Stadt dann ein neues Internat für bis zu 44 Kruzianer.

Der Neubau kommt direkt aufs Schulgelände zwischen dem bestehenden Alumnat, der Sporthalle und dem Schulhof. „Das Kreuzgymnasium ist während der gesamten Ausführungsplanung als Nachbar beteiligt worden und wird auch während der Bauausführung an Prozessen, welche den Schulbetrieb tangieren könnten, in Form von Absprachen einbezogen“, teilt die Stadt mit. Die Maxime für die Arbeiten sei, den Schulbetrieb so gering wie möglich zu beeinträchtigen.

Das zuständige Planungsbüro verweist auf die Möglichkeit, die Bauzeiten an die Unterrichtszeiten sowie die Probenzeiten des Kreuzchors anzupassen. Notfalls müsste der Chor das Gelände ganz verlassen und andere Proberäume mieten. Doch das ist nicht geplant. Zunächst müsse man schauen, wie laut die Baustelle tatsächlich wird, sagt Kreuzchorsprecher Christian Schmidt. Möglicherweise verlieren sich die Geräusche über dem Schulhof bis zum Hauptgebäude, wo die Proben stattfinden.