Merken

Elternhaus in Reichenbach ist nur noch ein Schutthaufen

Jan Peschel wollte demnächst das Haus an der Reißaus-Kreuzung sanieren. Die Pläne sind Opfer eines Feuers geworden.

Teilen
Folgen

Von Constanze Junghanß

Reichenbach. Übrig geblieben ist nur ein riesiger Berg Schutt. An den verkohlten Holzbalken haftet Brandgeruch. Ein bisschen erschöpft sind Jan und Falk Peschel. Die jungen Männer räumen mithilfe eines Baggers auf, was aufzuräumen geht. Denn es ist ihr Elternhaus, das ein Opfer der Flammen wurde. Hier sind die beiden mit ihren Geschwistern aufgewachsen.

Gegen vier Uhr war Falk Peschel am Dienstag aus dem Bett geklingelt worden. Es meldete sich die Polizei. Die Beamten teilten dem in Nostitz lebenden Familienvater mit, dass das Haus im benachbarten Reißaus in Flammen steht. Da hatten bereits 60 Kameraden umliegender Feuerwehrwehren inklusive Polizei an der Ampelkreuzung nach Reißaus ihren ersten Einsatz auf dem lichterloh brennenden Hof hinter sich.

„Mein erster Gedanke vor Ort war: Hoffentlich liegt da niemand verletzt oder tot unter den Trümmern“, erzählt der 34-Jährige. Denn obwohl das Haus bereits etwas länger als vier Jahre unbewohnt ist, gab es regelmäßigen Besuch. Unerwünschten allerdings. „Hier wurde alles im Laufe der Zeit herausgeholt, was nicht niet- und nagelfest war“, erzählt sein Bruder Jan.

Immer wieder brachen Unbekannte die schwere Eichenholztür auf, montierten elektrische Leitungen ab, klauten den verbliebenen Hausrat. Sogar die steinernen Futtertröge und die alte gusseiserne Schwengelpumpe vom Hof wurden von Dieben gestohlen. Mehrfach erstatteten die Brüder Anzeige bei der Polizei, verschraubten die Eingangstür und die Fenster. Nichts half. „Kein einziger Täter wurde gefasst“, sagt Falk Peschel. Das alles passierte, als Jan Peschel – der Jüngste der vier Geschwister – von Reißaus wegmusste. „Unsere Eltern sind zuvor nach Österreich gezogen“, erzählt er. „Und ich überlebte 2012 einen Unfall knapp mit schweren Verletzungen.“

Die erste Zeit nach dem Unfall konnte der heute 29-Jährige nicht ohne Unterstützung allein im Haus weiterwohnen und zog deshalb zum dritten Bruder und seiner Familie nach Oppach. Heute, wo es ihm wieder gut geht, schmiedete der 29-Jährige Pläne, gemeinsam mit seiner Freundin zurückzukommen und das Elternhaus in Reißaus zu sanieren und zu beziehen.

Die Planungen dazu sollten in diesem Jahr abgeschlossen sein. Doch das Feuer hat Jan Peschel und seinen Plänen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Eine Versicherung gibt es nicht. Und welche Kosten nun auf sie durch den Abriss und die Entsorgung zukommen, wissen die Brüder noch nicht. Ebenso bekamen die beiden, so sagen sie, bisher keine Auskunft, wer die Feuerwehreinsätze bezahlt, bei den sich zwei Feuerwehrleute Verletzungen zugezogen haben.

Das alles spielte aber zunächst in der Nacht zu Dienstag keine Rolle. Da musste die Feuerwehr einfach nur löschen. Dreimal rückten die Wehren aus. Immer wieder zündelten die Flammen hoch. So qualmte es am Dienstagabend ein zweites Mal mächtig aus den Trümmern und auch am nächsten Morgen. Letztlich legte die Feuerwehr beim letzten Einsatz einen Schaumteppich über die Ruine. Zu allem Unglück ereignete sich während des Feuerwehreinsatzes am Ort des Geschehens noch ein Verkehrsunfall. Ein Pkw war trotz Absperrung durch die Einsatzstelle gefahren und mit einem Mannschaftstransportwagen kollidiert.

Die Aufregung des Wochenbeginns ist nun aber ganz fern. Jan Peschel streicht mit den Händen über einen Granitsockel. In den ist die Jahreszahl 1862 eingraviert. Vermutlich das Baujahr des Hauses. So genau wissen das die Brüder nicht. Alt war das Haus auf jeden Fall. Vor Jahrzehnten flogen hier die Funken in der Schmiede von Reißaus. Das ist schon lange Geschichte. Nun wird auch ihr Elternhaus Geschichte sein. Irgendwann wollen sie auf dem Grundstück eine Erinnerungstafel errichten.

Peschels blicken trotzdem optimistisch in die Zukunft: „Zum Glück ist keinem Menschen etwas Schlimmes passiert. Und wir werden durch den Brand nicht obdachlos, weil wir alle Wohnraum haben.“ Dankbar sind sie ihren Freunden, die mit beim Aufräumen halfen. Wie es zu dem Feuer kam, ist nun Sache der Polizei. „Die Ermittlungen der Kriminalpolizei zum Verdacht der Brandstiftung dauern an“, bestätigte am Freitag Polizeisprecher Thomas Knaup. Offen ist auch, was aus dem winzigen, zu Reichenbach gehörenden, Ortsteil Reißaus wird. Denn es besteht nach dem Abriss des Brandhauses nur noch aus einem einzigen Gebäude, dem ehemaligen Garten-Center.