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Apothekerin gibt nicht auf

Der Markt in Elstra verwaist. Rezepte können Patienten aber einlösen. Trotz anderslautender Gerüchte.

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© René Plaul

Von Manuela Reuß

Langsam kann Ulrike Finger es nicht mehr sportlich nehmen. Dreimal habe man in den vergangenen Jahren ihre Apotheke schon totgesagt. Immer sei sie der Gerüchteküche relativ entspannt begegnet. „Doch jetzt finde ich es langsam nicht mehr lustig“, gibt die gestandene Geschäftsfrau leicht vergnatzt zu. Sie sieht sich als „Opfer einer Gerüchteküche, die überhaupt keine Grundlage hat“.

Die Flüsterpropaganda halte sich schon fast ein Vierteljahr. „Und in letzter Zeit werden ich und meine Mitarbeiterinnen immer wieder darauf angesprochen.“ Das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen brachte schließlich die beiläufige Äußerung einer Kundin, wie schade es doch sei, dass die Apotheke schließe und sie sich deshalb nun nach etwas Neuem umschauen müsse.

Natürlich erklärte Ulrike Finger der Frau, dass sie ihr Geschäft keinesfalls aufgeben wird. Schon gar nicht im 25. Geschäftsjahr. Doch das Gerede ist damit längst nicht aus der Welt. Verstehen kann die Apothekerin die wilden Spekulationen aber nicht. Natürlich verwaise der Elstraer Markt immer mehr. Wenn am 1. April nun auch noch das Fleischergeschäft schließt, werden sicher noch weniger Leute als bisher auf den Markt kommen, ist sich Ulrike Finger sicher. „Das tut mir leid und auch ein bisschen weh.“ Zumal sie die Innenstadt auch noch ganz anders kennt. Nämlich gut besucht. Mit Haushalt- Eisenwaren-, Schreibwaren und Schuhladen, mit Sparkasse und BHG.

Apotheke hat langfristigen Mietvertrag

Doch die Apotheke bediene eine ganz andere Zielgruppe und sei deshalb von dieser Entwicklung eher nicht betroffen. Im Gegenteil. Die gesundheitliche Infrastruktur des kleinen Städtchens könne sich durchaus sehen lassen. „Wir haben zwei Allgemeinärzte, zwei Zahnärzte, eine Physiotherapie, einen Heilpraktiker und eine Apotheke allein hier im Ort.“ Davon träume manch andere Kommune.

Möglicherweise hängt der Klatsch auch mit dem Haus zusammen, in dem sich die Apotheke befindet, mutmaßt die in Steina lebende Geschäftsfrau. Denn die Immobilie, die einer Erbengemeinschaft gehört, soll verkauft werden. „Das ist allerdings nichts Neues.“ Schon seit ein paar Jahren werde dafür ein Käufer gesucht, weiß Ulrike Finger.

Allerdings habe jetzt das beauftragte Maklerbüro gewechselt. Der neue Vermittler habe die Offerte, die lange Zeit im Internet zu finden war, und auch den Verkaufshinweis am Haus entfernt. „Wem das aufgefallen ist, der denkt vielleicht, das Haus sei jetzt verkauft und deshalb verschwindet auch die Apotheke“, versucht sich die Apothekerin einen Reim auf die Gerüchte zu machen. Doch das Haus habe keinen neuen Eigentümer. Und selbst wenn es einmal den Besitzer wechselt, muss die Apotheke nicht weichen. „Ich habe einen langfristigen Mietvertrag. Der wurde jetzt erst neu geschlossen.“ Auch die ebenfalls im Haus ansässige Zahnärztin habe so einen Langzeit-Vertrag. Den müsse ein neuer Eigentümer fortführen.

Arbeiten im Traumberuf

Seit 1991 führt die inzwischen 50-Jährige die Apotheke am Elstraer Markt. Sie arbeitet in ihrem Traumberuf. Geprägt durch Großvater und Mutter, die ebenfalls Pillen und Co. verkauften. Gleich nach ihrem Approbationsjahr kamen Ulrike Finger und ihr Mann nach Elstra. Das Ehepaar kaufte der Treuhand die schon zu DDR-Zeiten existierende Apotheke ab und führte sie zunächst gemeinsam. Der Vertrag legte fest, dass das Personal zu übernehmen sei. Das waren damals drei Mitarbeiter. Im Laufe der Jahre kletterte die Mitarbeiterzahl auf sechs. Ihr Mann ist allerdings nicht mehr im Team. Er führt seit Jahren seine eigene Apotheke in Panschwitz-Kuckau.

Viele Jahre wohnten Fingers auch in dem jetzt zum Verkauf stehenden Haus. Quasi über ihrem Laden. „Das war damals, als die Kinder noch kleiner waren, eigentlich ideal.“ Inzwischen lebt das Apotheker-Ehepaar in Steina, hat dort ein Haus gebaut. „Jetzt erzählen die Leute schon, dass wir unser Haus verkaufen.“ Die Gerüchteküche wird wohl so schnell nicht kalt.