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Elch-Test mit der Feuerwehr

Die Freitaler Kameraden üben einmal im Jahr, wie sie sicher zum Einsatzort kommen. Ein Report aus dem Fahrerhaus.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Carina Brestrich

Freital. Bezzi gibt alles. Das Hainsberger Löschfahrzeug beschleunigt. Erst mit zehn, dann mit 20 und schließlich 55 Sachen nähert sich der 7,5 Tonnen schwere Koloss mit dem Spitznamen den rot-weißen Kegeln. Hinterm Steuer sitzt Thomas Raab, Fahrzeugwart bei der Feuerwehr Freital. Auf Höhe der Hütchen geht der 30-Jährige voll auf die Eisen. Das Antiblockiersystem reagiert, Bezzi ruckelt, doch Raab bleibt auf der Bremse. 20 Meter weiter kommt das Fahrzeug zum Stehen. Ein Kraftakt, der nach verbranntem Gummi riecht.

Das Fahrsicherheitstraining

Überblick behalten Die am Fahrzeug angebrachten Spiegel gehören zu den wichtigsten Hilfsmitteln. Neuere Modelle sind heute mitunter auch mit einer Rückfahrkamera ausgestattet.
Überblick behalten Die am Fahrzeug angebrachten Spiegel gehören zu den wichtigsten Hilfsmitteln. Neuere Modelle sind heute mitunter auch mit einer Rückfahrkamera ausgestattet.
Wissen auffrischen Wie war das noch mal mit dem Bremsweg und der Reaktionszeit? Thomas Raab erklärt dem Kameraden noch einmal das Wichtigste zum Thema Fahrsicherheit.
Wissen auffrischen Wie war das noch mal mit dem Bremsweg und der Reaktionszeit? Thomas Raab erklärt dem Kameraden noch einmal das Wichtigste zum Thema Fahrsicherheit.
Nicht viel Platz In einem abgesteckten Feld von 10,5 Mal 10,5 Metern üben die Männer das Rangieren mit dem Löschauto. Das Fahrzeug hier hat eine Länge von 7,20 Meter.
Nicht viel Platz In einem abgesteckten Feld von 10,5 Mal 10,5 Metern üben die Männer das Rangieren mit dem Löschauto. Das Fahrzeug hier hat eine Länge von 7,20 Meter.

Vor dem Löschauto stehen 20 Kameraden und werten aus, wer die Länge des Bremswegs richtig geschätzt hat. Immerhin gibt’s für den Sieger im Anschluss eine Bratwurst. „Ein bisschen Spaß soll das Ganze ja machen“, sagt Wehrleiter Manfred Schulz – auch wenn es um eine ernste Sache geht: Für die Männer steht das jährliche Fahrsicherheitstraining auf dem Programm. Eine asphaltierte Fläche auf der Halde des Edelstahlwerks bietet genug Platz, um mit zwei Löschfahrzeugen verschiedene Szenarien durchzuspielen: Ausweichen bei einem Hindernis, Rangieren auf kleinem Raum, richtiges Einschätzen der Fahrzeugbreite. Was in der Realität schmale Straßen oder im Weg stehende Autos sind, sind heute eine Menge rot-weißer Kegel und Flatterband.

Wie schwer es sein kann, ein Feuerwehrauto schnell aber sicher zum Einsatzort zu fahren, hat Carsten Bräunig schon etliche Male erlebt. „Baulicht und Martinshorn garantieren nicht, dass nicht doch jemand plötzlich im Weg ist“, sagt er. Den Lkw-Führerschein, den er fürs Fahren eines Löschfahrzeugs braucht, hat der Jugendwart schon zu DDR-Zeiten gemacht. „Als Junger war man froh, wenn man bei einem Einsatz mal fahren durfte“, sagt er. Heute dagegen sind bei der Freitaler Feuerwehr alle gefragt, die den Lkw-Führerschein – teils mit Zuschuss der Stadt – gemacht haben. Von allen sieben Löschzügen sind es etwa 50 Männer, die ein Löschfahrzeug steuern dürfen. „Aber nicht jeder fährt im Alltag so große Fahrzeuge. Deshalb trainieren wir“, sagt Manfred Schulz.

Der berühmte Elch-Test gehört dazu. Für Peter Seifert aber kein Grund, nervös zu werden. Der Maschinist im Niederhäslicher Löschzug arbeitet hauptberuflich im Rettungsdienst. „Ich bin schon seit 39 Jahren mit Blaulicht unterwegs“, sagt er. Das Lenkrad mit beiden Händen fest im Griff und die Außenspiegel immer im Blick, zirkelt er das Löschauto gekonnt um die Kegel. Bei 25 Stundenkilometern eine ziemliche Schunkelpartie für die Männer, die angeschnallt hinten im Auto sitzen. Nach achtmal Hin und Her und einem kurzen Reifenquietscher ist es geschafft. Alle Kegel und Kameraden sind noch an Ort und Stelle. Peter Seifert bremst ab. „Alles klar da hinten?“ – „Klar“ hallt es nach vorn.

Bis auf wenige kleine Schäden hat es mit den Fahrzeugen der Freitaler Feuerwehr noch keine größeren Unfälle gegeben. Dabei kann selbst der kleinste Kratzer zum Verhängnis werden. Denn auch beim größten Notfall gilt die Straßenverkehrsordnung. Feuerwehrchef Schulz erinnert sich an einen Vorfall beim Hochwasser 2013. Schlaglöcher brachten das Löschauto so ins Schwanken, dass es ein anderes Fahrzeug touchierte. „Zum Glück waren wir schon am Einsatzort, sodass die Kameraden trotzdem helfen konnten.“ Wäre es dagegen auf dem Weg dahin passiert, hätten die Feuerwehrleute nicht weiterfahren dürfen. „Der Einsatz wäre für den Trupp beendet. Alles andere wäre Fahrerflucht.“

Auch wenn Bezzi an diesem Tag keinen Kegel berührt: Das beste Training nutzt nichts, wenn nicht auch die Bürger mitziehen. So beobachten die Kameraden immer häufiger, dass Autofahrer Schwierigkeit haben, eine Rettungsgasse zu bilden, berichtet Manfred Schulz: „Leider vergessen die Leute viel zu oft, was sie in der Fahrschule gelernt haben.“