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Eklat im Bautzener Stadtrat

CDU-Fraktion und Oberbürgermeister geraten bei der Sitzung aneinander. Ihr Streit endet mit einer Entschuldigung.

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© Uwe Soeder

Von Marleen Hollenbach

Bautzen. Eigentlich hätte der elfte Punkt auf der Tagesordnung schnell erledigt sein können. Zur Abstimmung standen gerade einmal 6 500 Euro für soziale Projekte. Ein Taschengeld verglichen mit anderen großen Investitionen, über die der Bautzener Stadtrat sonst entscheiden darf. Doch diesem scheinbar unscheinbaren Punkt folgte eine hitzige Debatte, die damit endete, dass eine Stadtratsfraktion den Saal verließ.

Die Stadträte sollten über Zuschüsse entscheiden. Auf der Liste standen 500 Euro für das Diakonische Werk, 1 000 Euro für die Sprachmittler des Vereins Willkommen in Bautzen und 5 000 Euro für das House of Resources, das Migranten der Region unterstützt. Doch schon als Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) am Mittwochnachmittag die Beschlussvorlage vorstellte, war klar, dass es lange Diskussionen geben wird.

Ahrens informierte darüber, dass sich einige Stadträte im Finanzausschuss bereits kritisch zum Zuschuss für das House of Resources geäußert hatten. Ein Projekt, das beinahe komplett vom Bund finanziert wird. „Wir reden hier über einen Eigenanteil von nicht einmal drei Prozent“, erklärte Ahrens und beendete sein Plädoyer mit den Worten: „Ich würde mich schämen, wenn wir als Stadt diese Unterstützung nicht leisten können.“ CDU-Stadtrat Andreas Rentsch gehörte zu den ersten, die sich zum Thema äußerten. „Wenn sich das Projekt an Migranten im Landkreis richtet, ist nicht die Stadt , sondern der Landkreis zuständig“, erklärte er.

OB reagiert heftig und emotional

Das sahen einige Stadträte anders, argumentierten dagegen. Zum Eklat kam es, als sich CDU-Stadtrat Heiner Schleppers zu Wort meldete. Er warnte: Es könne schnell Neid in der Bevölkerung entstehen, weil Menschen den Eindruck haben, dass vor allem Flüchtlingsinitiativen unterstützt werden. Zudem gebe es Ausländer, die sich nicht integrieren wollen. Auch über diese müsse man reden. Als schwierig empfindet Schleppers zudem die Kritik einiger Flüchtlingshelfer an Vize-Landrat Udo Witschas nach dessen Treffen mit dem NPD-Kreischef. Das sei nicht deren Aufgabe.

Oberbürgermeister Ahrens reagierte heftig und emotional. Er sei entsetzt über die Worte des Stadtrates. „Sie haben die Katze aus dem Sack gelassen. Und die ist nicht schwarz“, entgegnete er Schleppers und warf ihm vor, die Diskussion über eine „lächerliche Summe“ zu instrumentalisieren. Ein Vorwurf, den Schleppers nicht auf sich sitzenlassen wollte. Doch als er zur Verteidigung ansetze, untersagte ihm der Oberbürgermeister das Rederecht. Er dürfe nicht noch einmal sprechen, da sich bereits ein Mitglied seiner Fraktion geäußert habe, begründete Ahrens sein Vorgehen.

CDU-Fraktion muss sich beraten

Kurze Zeit später verließ die CDU-Fraktion für einige Minuten den Raum. Man habe sich beraten wollen, erklärte Karsten Vogt, als er mit den anderen CDU-Stadträten in den Saal zurückkehrte. Das Redeverbot sei nicht in Ordnung gewesen, meint der Chef der CDU-Fraktion. Schleppers habe das Recht darauf gehabt, ein zweites Mal das Wort zu ergreifen. „Es ist auch nicht in Ordnung, dass eine Diskussion bei der sich Stadträte Gedanken machen, eine solche Polemik erreicht“, kommentierte Vogt das Verhalten des Oberbürgermeisters.

Dass der Fraktionschef das Redeverbot zurecht kritisiert, zeigt ein Blick in die Geschäftsordnung der Stadt. Dort steht, dass ein Stadtrat zweimal zum selben Thema sprechen darf. Dass er im Unrecht ist, war wohl auch dem Oberbürgermeister schnell klar. Noch während der Sitzung entschuldigte er sich für das Redeverbot. Er sei „über das Ziel hinausgeschossen“, gab er offen zu.

Einen Tag später kann auch Heiner Schleppers entspannter über das Thema sprechen. „Herr Ahrens hat sich nach der Sitzung noch einmal bei mir entschuldigt. Damit ist die Sache erledigt“, erklärt der CDU-Stadtrat, der sich lieber an den Anfang der Sitzung erinnert. Ein Mitglied der Ostsächsischen Eisenbahnfreunde hatte gefordert, dass Schleppers für den Umzug der Dampflok eine Auszeichnung von der Stadt erhält. Ahrens nutzte die Anfrage und würdigte minutenlang das Engagement des Bautzeners. „Der Umzug der Lok ist eine Leistung, die über die Stadtgrenzen hinaus wahrgenommen wurde“, sagte er.

Auch für das House of Resources gab es am Ende noch eine gute Nachricht. Trotz der langen Diskussionen stimmte die Mehrheit der Stadträte für den Zuschuss – auch Heiner Schleppers.