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Eis aus dem Doppelstockbus

Die einstige historische Schiffsgaststätte an der Meißner B 6 soll einen würdigen Nachfolger erhalten. Diesmal ist der Erlebniswert englischer Art.

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© Robert Fox

Von Ulrike Keller

Meißen. Der Standort steht für Außergewöhnliches. Da, wo einst die historische Schiffsgaststätte beheimatet war, soll schon in naher Zukunft Gästen wieder das Wasser im Munde zusammenlaufen. Wenngleich nach ganz anderem Rezept. „Wenn alles gut geht, können wir hier im Mai den ersten Eisbus Meißens eröffnen“, sagt Bianka Sickert. Ein zum Eiscafé umgebautes Großgefährt. Erlebnisgastronomie am Ortseingang der Stadt, die Appetit macht auf mehr Meißen.

Optimistisch: Projektleiterin Bianka Sickert hofft, dass der Eisbus auf dem Gelände der früheren historischen Schiffsgaststätte im Mai öffnen kann.
Optimistisch: Projektleiterin Bianka Sickert hofft, dass der Eisbus auf dem Gelände der früheren historischen Schiffsgaststätte im Mai öffnen kann. © Claudia Hübschmann

Doch der Clou des Projekts ist der Bus. Denn das umfunktionierte Mobil ist nicht irgendein Modell. Das Areal an der B 6 soll kein Geringerer als der wohl populärste Doppelstockbus aller Zeiten beziehen: ein original Bristol Lodekka, Baujahr 1965, der jahrelang zuverlässig in England Dienst tat. Damals mit grüner Ursprungslackierung, wie ein altes Foto belegt. Nachdem der Oldtimer aus dem Verkehr gezogen wurde, diente er in Belgien als Party- und Restaurantbus. In einem Farbton, der den hiesiger Taxis ähnelt. Und nun steht ihm die Knallrot-Lackierung unmittelbar bevor. Als krönender Abschluss der monatelangen Restaurierung, die dringend not tat, wie Bianka Sickert erzählt.

Doch was hat nun die junge Wahlmeißnerin und Geschäftsführerin der Meißner Immobilien- und Hausverwaltungsfirma Fox & Co. mit einem Doppelstockbus und Großbritannien zu tun? Der Schlüssel ist ihr Chef: Der Inhaber der Fox & Co. GmbH, der aus der Nähe von London stammt und eine Schwäche für Oldtimer hat. So zahlreich und verrückt seine Geschäftsideen sind, so scheu ist er vor der Pressekamera. Auskünfte gibt er aber gern.

„Ich hatte früher in England mehrere Restaurants und bin überzeugt davon, dass Meißen eine große Zukunft hat“, sagt der 48-Jährige. Darum entschied er sich 2012 auch für einen Wohnsitz in der Porzellanstadt. Auf der Dresdner Straße.

Standort ist flutgefährdet

Von dort schweifte sein Blick regelmäßig zur historischen Schiffsgaststätte auf der gegenüberliegenden Elbseite. Und nach dem Abbau des Schiffs beobachtete er mit Bedauern, wie das Gelände am Toilettenhaus langsam verfiel. „Ich habe das als ziemlichen Schandfleck am Eingang der Stadt angesehen“, erzählt er. Außerdem findet er, man müsse in Meißen Gründe schaffen, um Touristen anzulocken.

Als Mann der Taten kontaktierte er die Stadt, der das Grundstück gehört. Und stieß auf offene Ohren. Doch als große Herausforderung erwies sich die Hochwassergefährdung des Standorts, erinnert sich Robert Fox, der das Gelände schon voriges Jahr pachtete und gleich loslegen wollte. „Es war relativ schwer, einen Weg zu finden, um das Toilettenhaus und Grundstück wieder gewerblich nutzen können.“ Die Stadt habe sehr geholfen, das Projekt dennoch auf die Beine zu stellen. Die Lösung fand sich in Form eines Cafés auf Rädern, das jederzeit weggefahren werden kann.

Doch auch dafür wurde ein Hochwasserabwehr-Maßnahmeplan gefordert. Ein Jahr lang brauchte Bianka Sickert, um alle Genehmigungen einzuholen. Seit wenigen Tagen liegt nun der Vorbescheid vom Bauamt vor. Das Toilettenhaus wird nur als WC und Lager dienen. Der Bus bleibt im Normalfall über die Sommerzeit stehen.

Doppelstockbus gesucht

Seine Fahrzeug-Attraktion stöberte Robert Fox übrigens im Internet auf. Es ist einer von nur noch 400 Bussen seiner Art weltweit. Voriges Jahr ließ er ihn von einer Firma nach Deutschland bringen. Zwölf Stunden zuckelte der Fahrer angesichts einer Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde in dem Oldtimer von Belgien nach Wilsdruff. Über das gesamte Jahr 2016 wurde der in die Jahre gekommene Bus wieder zum Schmuckstück hergerichtet. Zusammen mit der Restaurierung des Toilettenhauses investiert Robert Fox rund 100 000 Euro in sein Eisbus-Vorhaben.

Im oberen Teil des Doppelstockbusses werden 20 Gäste sitzen können. Vor dem roten Giganten ist ein Freisitz mit weiteren 40 Plätzen geplant, Elbblick garantiert .

In dem ungewöhnlichen Eiscafé soll es neben Eisspezialitäten auch Kaffee und Kuchen sowie Cocktails geben. Als Eislieferanten haben sich Robert Fox und Projektleiterin Bianka Sickert für Sven Fochtmann entschieden, den Inhaber der Moccamilcheisbar in Großweitzschen. Er macht bereits das Eis für das „Foxy Eiscafé“ in Zehren, das Robert Fox im vergangenen Sommer übernahm. „Wir haben verschiedene Hersteller durchprobiert, und sein Eis hat uns am besten geschmeckt“, sagt der Engländer. Außerdem habe dieser Lieferant fast durchweg laktosefreie Sorten im Angebot. „Wonach viele Kunden fragen“, weiß Bianka Sickert.

Kaum zu übersehen: Auch in Zehren steht ein roter Oldtimer vorm Geschäft: ein echtes London-Taxi. Inzwischen hält Robert Fox schon nach dem nächsten Doppelstockbus Ausschau. Für ein weiteres Eiscafé auf Rädern, das entweder fest in Dresden stehen oder durch die Region fahren soll. „Es macht mir Spaß, Geschäftsideen auszutesten“, sagt er. Und zur Einweihung seines Meißner Eisbusses will er sich vielleicht sogar mal fotografieren lassen. Dieser Anlass wäre ihm eine Ausnahme wert.