Merken

Einstürzendes Haus in Zittau?

Im Internet sind Bilder von einem einstürzenden Haus zu sehen. Das beschäftigt die Zittauer Stadtverwaltung.

Teilen
Folgen
© Bernd Gärtner

Von Mario Heinke

Die Bilder sind dramatisch. Zu sehen ist ein eingestürztes Hinterhaus, Schutt, Ziegel, Balken und große Löcher. „Fällt das nächste historische Gebäude in Zittau?“ Diese Frage stellt Thomas Göttsberger vom Zittauer Stadtforum im Internet. Weiter schreibt er im sozialen Netzwerk Facebook: „Die Rückfassade des Gebäudes Albertstraße 18, ein in der Denkmalliste eingetragenes Gebäude, ist vor einiger Zeit teilweise eingestürzt.“

Der Eintrag von Thomas Göttsberger bei Facebook.
Der Eintrag von Thomas Göttsberger bei Facebook. © Screenshot: SZ

Göttsberger vermittelt den Eindruck, als wäre das Haus gerade erst eingestürzt, auch wenn er den Zeitpunkt nur vage mit „vor einiger Zeit“ bestimmt. Es folgt, einem Ritual gleich, seine Ankündigung: „Das Stadtforum Zittau bemüht sich derzeit, Kontakt mit dem Eigentümer aufzunehmen. Wichtigstes Ziel ist es, die Geschlossenheit der straßenbegleitenden Bebauung zu bewahren“. Das Stadtforum Zittau ist eine Gruppe von Ehrenamtlichen, deren Ziel der Erhalt der historischen Gebäude in der Stadt ist. Immer wenn in der Stadt denkmalgeschützte Häuser einsturzgefährdet sind oder abgerissen werden sollen, melden sich das Stadtforum und dessen Sprecher im Netz und in den Medien zu Wort. So auch in diesem Fall.

Die SZ ging der Sache nach und rief in der vergangenen Woche den Baudezernenten der Stadtverwaltung, Ralph Höhne, an. Als er von dem vermeintlichen Einsturz in der Albertstraße hörte, setzte er sich sofort ins Auto und begab sich an den vermeintlichen Ort des Geschehens. Zur selben Zeit sprach die SZ mit Sebastian Glaubitz, dem Inhaber der gleichnamigen Fahrradwerkstatt in der Franz-Könitzer-Straße. Glaubitz kann von seinem Wohnzimmerfenster aus die Rückseite des Gebäudes in der Albertstraße 18 sehen. „Da ist jetzt nichts eingestürzt“, sagt er und fügt hinzu: „Das sieht dort seit sieben Jahren so aus.“

Auch die Stadtverwaltung erklärte nach der Ortsbesichtigung des Baudezernenten, dass der derzeitige Zustand des Gebäudes mindestens seit anderthalb Jahren unverändert bestehe. Fotos der Bauaufsicht könnten dies belegen, so die Stadt. Der Eigentümer habe im September 2014 angezeigt, den hinteren Gebäudeteil, das Dach sowie marode Decken zurückzubauen, so Stadtsprecher Kai Grebasch. Die Fassade soll erhalten und gesichert werden. „Für den Teilabbruch wurde im Januar 2015 die denkmalschutzrechtliche Zustimmung erteilt“, so Grebasch.

Der Einsturz in der Albertstraße entpuppt sich somit als Falschmeldung. Nun stellt sich die Frage, wer die Panikmache im Internet ausgelöst hat. Im Nachhinein lässt sich nicht mehr feststellen, wer den Stein des vermeintlichen Einsturzes ins Rollen gebracht hat. „Wir bekommen oft Hinweise von besorgten Bürgern der Stadt“, sagt Thomas Göttsberger, der sich selbst in der Vermittlerrolle zwischen Baubehörden und Grundstückseigentümern sieht. Zweifellos wurde das Haus in den vergangenen Jahren dem Verfall überlassen, vielleicht auch, weil es Bestandteil der Einkaufs-Center-Planungen der AVW Immobilien AG war.

Der angebliche Einsturz zeigt jedenfalls, die öffentliche Debatte um das kulturelle Erbe der Stadt ist zuweilen nicht frei von Nervosität und Hysterie. 18 Prozent der historischen Gebäude in der Zittauer Innenstadt sind unsaniert, fünf Prozent einsturzgefährdet, das geht aus einem Papier der Stadtentwicklungsgesellschaft hervor. Sie markierte die Problemfälle auf einer Karte, auf der auch die Albertstraße 18 eingezeichnet ist.

Die Bauaufsicht versuche nun mit dem Grundstücksbesitzer ins Gespräch zu kommen, um über die angekündigten Bauarbeiten zu sprechen, so die Stadt.

Am Montag meldete sich Göttsberger wieder bei Facebook zu Wort: „Zittau verliert schon wieder ein historisches Gebäude durch Abriss“, schreibt er unter die Bilder der ehemals als „Totenschänke“ bekannten Gaststätte an der Görlitzer Straße, gegenüber dem Krematorium.

Das seit vielen Jahren leerstehende Haus stand nie auf der Denkmalschutzliste des Freistaates und wird derzeit abgerissen. Grundstückseigentümer ist die Glaubitz Autodienst GmbH. Geschäftsführer Andreas Ullmann plant auf der Fläche zunächst zusätzliche Stellplätze für die Autos der 90 Mitarbeiter anzulegen, die im benachbarten, ehemaligen „Lindenhof“ in der Görlitzer Straße 53 arbeiten. Späterer Neubau nicht ausgeschlossen, so Ullmann.