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Einst Heilanstalt, heute Problempatient

Eine neue Initiatorengruppe will die Schweizermühle retten. Der alte Verein verhindert das und nährt damit einen Verdacht.

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Von Ines Mallek-Klein

André Rother steht zwischen alten Steinen. Die Spitze seines Schuhs schabt über eine kleine Moosfläche. Das satte Grün weicht und gibt den Blick frei auf ein weiß-schwarzes Fliesenfeld, gerahmt von rotbraunen Zierkacheln. Sie gehörten einst zum Hotel Schweizermühle und sind weit über hundert Jahre alt. Die müssen wir erhalten, sagt André Rother. Seine beiden Begleiter nicken zustimmend. Es sind Hans-Martin Henkel und Thomas Winkler.

Diese undatierte Postkarte zeigt das Areal der Schweizermühle, als alle Gebäude noch intakt waren.Repro: SZ / Quelle: Hans-Martin Henkel
Diese undatierte Postkarte zeigt das Areal der Schweizermühle, als alle Gebäude noch intakt waren.Repro: SZ / Quelle: Hans-Martin Henkel
Hans-Martin Henkel, André Rother und Thomas Winkler (v.l.) schauen sich gemeinsam historische Fotos der Schweizermühle an. Von der einstigen Pracht ist heute wenig geblieben. Das Areal gehört seit Jahren einem Verein, der glücklos agierte. Foto: Katja Fro
Hans-Martin Henkel, André Rother und Thomas Winkler (v.l.) schauen sich gemeinsam historische Fotos der Schweizermühle an. Von der einstigen Pracht ist heute wenig geblieben. Das Areal gehört seit Jahren einem Verein, der glücklos agierte. Foto: Katja Fro

Die drei Männer haben eine Vision. Sie möchten mit Unterstützung anderer engagierter Bürger die Schweizermühle wieder für Besucher attraktiv machen. Die Geröllhalden sollen endlich verschwinden. Es sind die letzten Reste des Kurverwaltungsgebäudes. Das ist am 1. August 2013, 9 Uhr, eingestürzt, sagt Hans-Martin Henkel und zeigt zum Beweis eine Nachricht auf seinem Handy.

Die stammt vom Frank Teichgräber, dem Vorsitzenden des Fördervereins Schweizermühle. Seit 2005 bemüht der sich um die Rettung des Areals. Bisher ohne Erfolg. Ein Gebäude nach dem anderen fällt in sich zusammen. Das nächste wird das ehemalige Biedermeierhaus sein. Dach und Rinnen wurden über Jahre nicht gepflegt. Wasser dringt ein. Drei, maximal vier Jahre gibt Thomas Winkler dem Haus noch. Er beobachtet als Nachbar seit Jahren den Verfall und „die Unfähigkeit der bisherigen Vereinsführung“. Zu ihr gehören neben Frank Teichgräber auch Sigrid Kreußel und Gunther Nedwig.

An deren Kompetenz für die Rettung der Schweizermühle hatte vor nicht allzu langer Zeit auch der Rosenthaler Gemeinderat große Zweifel und beschlossen, dem Verein Teile des rund zehn Hektar großen Areals der alten Kaltwasserheilanstalt abzukaufen. Die Gemeinde wollte Fördermittel beantragen, um das Areal zu retten. Doch der Deal scheiterte in letztere Sekunde. Es war der erste Versuch, den Stillstand zu beenden. Es folgte 2013 ein zweiter Anlauf. Unternehmer Thomas Winkler, der in Dresden die Zschonermühle erfolgreich betreibt, wollte dem Verein das Grundstück Schweizermühle 10 abkaufen. Der Verein sollte so Geld einnehmen, um selbst dringend nötige Fördermittel beantragen zu können. Auch dieser Plan misslang wieder in letzter Sekunde. Thomas Winkler erzählt von eilig einberufenen Mitgliederversammlungen, Vorkaufsrechten und von Intrigen. Doch die Unternehmer, die etwas für den Ort und den Tourismus tun wollen, geben nicht auf. Sie mobilisieren die Vereinsmitglieder. Der alte Vorstand soll abgelöst werden. Der aber zögert, lässt Termine verstreichen. Einen Wechsel gibt es nur mit einer Entlastung des bisherigen Vorstandes. Dafür müssen die Karten auf den Tisch, auch zu den in der Vergangenheit gelaufenen Finanztransaktionen.

Ein klarer Schnitt muss her

Das könnte kritisch werden. Es ist zum Beispiel völlig offen, was aus den Parkplatzeinnahmen geworden ist. 2,50 Euro kassiert der Verein für jeden Pkw, der an der Schweizermühle parkt. Jährlich kämen so bis zu 10 000 Euro zusammen, rechnen Thomas Winkler und Hans-Martin Henkel nach ihren Recherchen vor. Die Parkgebühren sind ein wesentlicher Baustein im Konzept von Winkler, Henkel und Rother.

Das sieht eine Sanierung der Schweizermühle 10 vor. Dort soll es künftig ein Café mit Kuchen, Eis und Gebäck geben, ein Puppentheater ist geplant, und auch über ein Sommerkino denken die Macher nach. Dort, wo einst das Hotel Bad Schweizermühle mit seinen schwarz-weißen Kacheln stand, würden die Mauerreste gesichert und Bänke aufgestellt. Tafeln sollen an die Geschichte der Heilanstand erinnern, in der sich die gekrönten Häupter Europas erholten. Die passenden Fotos dazu hat Hans-Martin Henkel schon zusammengetragen. Der ehemalige Gemeinderat hat auf Börsen wertvolle, alte Postkarten gefunden, die zeigen, wie idyllisch sich die Schweizermühle den Urlaubern einst präsentierte.

Das Areal des ehemaligen Kurhauses und der Villa Austria soll komplett beräumt werden. Dort türmt sich der Schutt, liegen Elektrokabel neben den Resten eines Schornsteins, dazwischen klemmt eine alte Tischdecke. André Rother ist sich sicher, dass sich beim Aufräumen noch einige Schätze finden lassen. Die Aktion wird allerdings nicht billig. Bei 175 000 Euro liegt das Angebot eines Entsorgungsunternehmers. Über Förderprogramme ließe sich auch das Geld organisieren. Den Anstoß hat die neue Initiativgruppe schon gegeben. Sie hofft jetzt noch auf die Unterstützung der Gemeinde und der Öffentlichkeit. „Wir machen das nicht für uns“, sagt André Rother. Die Schweizermühle ist weit über die Grenzen der Sächsischen Schweiz hinaus bekannt. Doch was hier in den letzten Jahren gelaufen ist, sei ein Trauerspiel, sagt Thomas Winkler. Ein neuer Verein, der dem alten die Immobilien abkauft, soll nun die Lösung bringen. Einen Namen gibt es schon: „Kulturbad Schweizermühle“.

Soweit, so gut. Doch was hält der bisherige Vereinschef von den Plänen? Immerhin hat er am 2. Oktober zu einer Mitgliederversammlung geladen. Dort steht unter Punkt 8 die Auflösung des Vereins auf der Tagesordnung. Ist damit der Weg frei für einen Neuanfang?

Mitnichten, sagt Frank Teichgräber. Er und die anderen Vorstände wollen weitermachen, „wie auch immer“. Eine große Mitgliederzahl ist dabei aber offensichtlich eher hinderlich. Denn unter Punkt 6 sollen insgesamt 14 Vereinsmitglieder ausgeschlossen werden. Ihnen wird Vereinsschädigung vorgeworden. Mit dabei sind, wenig überraschend, André Rother, Hans Martin Henkel und Thomas Winkler. Äußern mag sich Frank Teichgräber dazu gegenüber der SZ nicht. „Das sind Vereinsinterna“, sagt er. Vielleicht ist er ja am kommenden Montag auskunftsfreudiger. Da hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus Brähmig seinen Besuch angekündigt, um über die Zukunft der Schweizermühle zu beraten.