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Einmal reinschnuppern

Schüler aus Niesky und Kodersdorf machen bei der Woche der offenen Unternehmen mit. Die Aktion ist beliebt wie nie.

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© André Schulze

Von Sabine Ohlenbusch

Niesky. Silvia Baumgarten hält Richard Lehmer einen Plastikbeutel mit gemahlenen Haferspelzen entgegen. „Ein kleines bisschen riecht man noch den Hafer“, sagt die Laborleiterin der Celltechnik Lodenau. Der 13-Jährige hat sich wie zwei weitere Schüler zur Woche der offenen Unternehmen angemeldet. Er und sein Freund Luca Rönsch gehen in die achte Klasse der Oberschule Niesky und überlegen schon einmal, wo sie ihr Praktikum im nächsten Schuljahr machen möchten. Der 15-jährige Johannes Gerhardt hat es bereits hinter sich und macht sich Gedanken, wo er nach der Schule seine Ausbildung beginnt.

An der Aktion „Schau rein – Woche der offenen Unternehmen Sachsen“ hat der Betrieb schon in vorigen Jahren teilgenommen. Geschäftsführer Volker Altus ist zufrieden mit dem Ablauf der Woche in diesen wie in früheren Jahren. „Wir bieten immer neun Plätze an“, berichtet er. „Die Teilnehmer erfahren zunächst gemeinsam etwas über das Unternehmen und teilen sich dann in drei kleinere Gruppen auf, um die verschiedenen Berufe kennenzulernen.“ Rund sechs Schüler hätten sich im Schnitt angemeldet. An diesem Tag sind es vier, von denen sich einer für die Arbeit eines Industrieschlossers interessiert.

Die drei Jungen im Labor staunen nicht schlecht über die verschiedenen Methoden, mit denen die Produktproben hier untersucht werden. Als Silvia Baumgarten fragt, ob einer von ihnen sich damit auskennt, wie der pH-Wert einer Flüssigkeit bestimmt werden kann, schweigen sie zunächst. „Wir haben in Chemie bisher nur etwas über die Theorie gelernt, sagt Johannes Gerhardt, der die neunte Klasse der Kodersdorfer Oberschule besucht. Silvia Baumgarten zeigt ihnen verschiedene Methoden, die sie in ihrem Alltag als Laborantin einsetzt, vom Indikatorpapier bis zur elektronischen Messung mit einem empfindlichen Gerät.

Der Schritt von der Theorie in die Praxis ist wohl auch der Grund für den wachsenden Erfolg der offenen Woche. Vom 13. bis 18. März nehmen im Landkreis Görlitz 89 Unternehmen daran teil. Im Jahr 2016 sind es 57 gewesen. Von den 1 662 angebotenen Plätzen haben Interessierte 877 gebucht. Das sind immerhin mehr als die Hälfte. Im vergangenen Jahr ist das Verhältnis mit 409 Buchungen bei 1 112 Plätzen ungünstiger gewesen – etwas mehr als ein Drittel der Angebote wurde damals genutzt. „Wir freuen uns, dass die Aktion in diesem Jahr besonders gut angenommen wird“, sagt Sabine Schulze vom Verein Lausitz Matrix, der die Woche im Landkreis seit 2011 organisiert. Berit Hornke hat dabei den Hut auf und auch die kleine Statistik zusammengestellt.

Die große Motivation für die Celltechnik, bei der offenen Woche dabei zu sein, ist der Kontakt zu jungen Menschen. „Wir haben voriges Jahr für unsere Ausbildungsplätze keinen einzigen Bewerber aus der Region gehabt“, erzählt Volker Altus sichtlich enttäuscht. „Wir möchten aber gerne, dass unsere Auszubildenden auch später bei uns bleiben.“ Und diese Chance sei bei den jungen Leuten größer, die hier ihre Familie haben und verwurzelt sind. Neben Laboranten und Industriemechanikern bildet die Firma Bürokaufleute, Anlagenführer, Mechatroniker und Elektriker aus.

Luca Rönsch und Richard Lehmer sind gleich zu mehreren Termine in die Celltechnik gekommen. Am Dienstag haben sie etwas zum Beruf des Mechatronikers erfahren und am Donnerstag eben zu dem des Laboranten. Richard hat der erste, Luca der zweite Termin besser gefallen. Johannes Gerhardt will lieber etwas Handwerkliches lernen. Er ist diese Woche zum Beispiel auch beim Stahlbau Niesky gewesen.

Die gemahlenen Haferspelzen aus Silvia Baumgartens Labor kennen viele aus ihrem Alltag, aber wissen es vielleicht nicht. Ein anderes Wort für die Pflanzenfasern ist Ballaststoffe. Die Teile pflanzlicher Zellen, die der Mensch zwar nicht verdauen kann, die dem Körper aber trotzdem guttun. Solche Fasern stellt das Unternehmen her und liefert sie an Hersteller von Lebensmitteln. In Frühstückssaft, Frischkäse, Knäckebrot zum Beispiel finden sich Ballaststoffe aus Lodenau. Und Silvia Baumgarten überwacht im sogenannten Staublabor deren Qualität. Andere Produkte der Zelltechnik sind Holzfasern, die helfen, Flüssigkeiten zu filtern oder die unter den Zutaten für Straßenbeläge für Zusammenhalt sorgen.