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Eingreiftrupp gegen Graffiti

Die Stadt Coswig lässt fotografieren. Mit der Dokumentation sollen Täter überführt werden können.

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© André Wirsig

Von Wolf Dieter Liebschner

Coswig. Lauchs endet kurz vor Coswig. Aber irgendein anderer schmiert etwas wie Hose an die Wände. Immer wieder. Kunst ist das nicht. Es macht die Besitzer der beschmierten Gebäude wütend.

Coswig leidet unter den Schmierfinken. Zwar hat die Stadt keinen Lauchs, der seinen Schriftzug vor allem in Radebeul und Dresden hinterlassen hat und derzeit mit der Farbsprühdose anscheinend an seiner bundesweiten Bekanntheit arbeitet. Der Schriftzug taucht nun auch in Bayern und an der Nordsee auf. Aber auch Coswig scheint eine aktive Szene zu haben. „Mauern, Hauswände, Schaufensterscheiben, Stromkästen – die Tags, wie die Schriftzüge in der Szene genannt werden, tauchen überall auf, wo sich eine freie Fläche findet“, sagt Olaf Lier, der Coswiger Ordnungsamtsleiter.

Coswig ist inzwischen übersät davon. Da sind die Dynamo-Fans mit ihren oft überdimensionalen und teilweise farblich gestalteten SGD-1953-Bekenntnissen. Da gibt es Liebes- oder auch Hass-Botschaften. Oder auch nur Kritzeleien. „Dabei ist es ganz gleich, ob sich die Wand im öffentlichen Raum oder im privaten Bereich befindet“, so Lier. „Die Sprayer haben keine Achtung vor dem Eigentum anderer. „Sind Wände erst einmal besprüht, gibt es schnell Trittbrettfahrer, die sich auch gleich noch verewigen müssen, sei es schnell mit einem Stift oder Stein“, hat der Ordnungsamtschef festgestellt.

Man kann die Schmierereien beseitigen. Mühevoll in Eigeninitiative oder professionell von einer spezialisierten Firma. Letzteres kostet Geld. Nicht selten eine drei- bis vierstellige Summe. Die Stadt Coswig geht jetzt einen Schritt weiter und will das Übel an der Wurzel packen. Seit Jahresbeginn sind zwei Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung – Maria Gruner und Elvira Winter – im Ort mit der Kamera unterwegs. Ihr Auftrag: Unerlaubte Graffitis fotografieren.

Jedem Hinweis wird nachgegangen

Die Betonung liegt auf „unerlaubt“. Denn die Stadt hat auch geeignete Flächen zum Besprühen freigegeben. Anschließend werden die Fotos registriert und katalogisiert. Der Ordner ist bereits gut gefüllt. Ziel ist es, alle unerlaubten Schmierereien vollständig zu erfassen. Das geschieht nicht planlos. „Natürlich liegen wir nicht hinter jeder Mauer auf der Lauer und warten, dass etwas passiert“, sagt Lier. „Aber wir gehen jedem Hinweis nach, den wir von den Einwohnern bekommen“, sagt der Coswiger Ordnungsamtschef Olaf Lier. „Wir wollen damit nicht nur das Sprayen eindämmen, sondern auch versuchen, den einen oder anderen Schmierfink festzustellen.“

Lier hätte es am liebsten, wenn den Schmierereien auch Strafen folgen würden. Doch in den meisten Fällen gehen die Sprayer straflos aus – wenn man denn überhaupt einen der Übeltäter erwischt. „Es ist doch so“, meint Lier, „da wird einer mit einem Graffiti ertappt, ist noch jung, hat sich bisher auch noch nichts zu schulden kommen lassen, welcher Richter spricht denn in so einem Fall eine Strafe aus?“ Das soll sich mit der Hilfe des Schmierfinken-Registers nun ändern.

Lier und seine Mitstreiterinnen setzen dort an, wo es vielleicht nicht mehr ohne Konsequenzen abgeht. Unter den zahlreichen Graffitis kristallisieren sich einige ganz klar heraus. Den Mitarbeitern des Ordnungsamtes ist aufgefallen, dass sich einige dieser Tags ständig wiederholen. Diese teilweise kompliziert ausgeführten und schwer nachzuahmenden Zeichen gelten als Pseudonyme. Das Pseudonym eines besonders fleißigen Graffiti-Sprayers ist im Coswiger Schmierfinken-Register gleich 23mal dokumentiert. „Ich denke, dass ein Coswiger oder jemand aus der näheren Umgebung dahintersteckt“, meint Lier.

Würde dieser Sprayer auf frischer Tat gefasst, dann könnte man ihm eben anhand der Foto-Dokumentation nicht nur einen Tag, sondern die ganze Serie nachweisen. Und das, so hofft Lier, sollte dann doch eine Strafe nach sich ziehen.

Dafür braucht es aber eine Anzeige bei der Polizei. Auch dafür ist vorgesorgt. Betroffene Grundstücksbesitzer können vom Ordnungsamt Anzeigen-Vordrucke bekommen. „Denn oft wissen die Betroffenen gar nicht, wie sie sich in so einem Fall verhalten sollen“, sagt Lier. Und sie bekommen auch Kontakte zu Spezialfirmen, die die „Kunstwerke“ sachgerecht entfernen. Es helfe ja nicht, wenn das Graffiti weg ist und der sich darunter befindliche Korrosionsschutz beschädigt wird.

Die Kosten für die Entfernung eines Graffitis betragen etwa 100 Euro pro Quadratmeter. „Wir halten es trotz der Kosten, die bis zur Feststellung des Täters der Eigentümer zahlen muss, für erforderlich, dass die Graffitis entfernt werden“, so Lier.