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Einfach vor die Nase gesetzt

Anwohner der Elsterwerdaer Straße sind geschockt über Pläne für Burger King und Tankstelle.

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© Anne Hübschmann

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Thomas Knigge hat es auf dem Weg zum Stadtrat wieder erlebt. 15.30  Uhr fuhren Sabine und Thomas Knigge von zu Hause an der Elsterwerdaer Straße los, um noch etwas in der Stadt zu erledigen. Das gesamte Stück bis zum Radeburger Platz ging es nur im Stop-and-go vorwärts. Ist das wirklich ihr Ernst, da noch einen Burger King und eine Tankstelle hinzusetzen?, fragte er unter diesem Eindruck die Stadträte wenig später.

Knigges waren wie Winklers vom benachbarten Autohaus zum Stadtrat gekommen, um nachzuvollziehen, was die Runde bewogen hat, das Grundstück an der B 101 genau gegenüber den Wohnhäusern an einen Investor zu verkaufen, der dort eine Jet-Tankstelle mit Burger-King hochziehen will. „Wir bekommen laut ersten Äußerungen des Investors mal drei Lkw-Parkplätze, und wenn so ein Fahrzeug wendet oder abbiegt, wissen Sie, was das hier wird?“, erforschte Anwohner Thomas Knigge das Gewissen der Stadträte. Die Anwohner vermuteten sogar schon andere Hintergründe hinter dem Grundstücksdeal. Denn es will einfach niemandem in den Kopf, dass die Stadt für einen Burger King in Kauf nimmt, knapp 230 000  Euro an den Freistaat zurückzuzahlen, weil die Fördermittelfrist für die Rekultivierung der Papierfabrikfläche nicht abgelaufen ist. In vier Jahren hätte man frei von Auflagen agieren können.

„Die Jugend wünscht sich das“

Nachvollziehen können Knigges auch nicht, warum ausgerechnet ein Burger King die Stadt aufwerten soll. „Die Jugendlichen haben sich das gewünscht“, sagte Oberbürgermeister Sven Mißbach darauf, als würde die Stadt sonst eine Fördermittelrückzahlung in Kauf nehmen, weil sich irgendwer etwas wünscht. Sabine Knigge fragte nach, ob es dazu eine Umfrage gegeben habe? „Nein“, so der OB. Das beruhe auf Meinungen aus der Jugendarbeit. Schließlich habe die Stadt einen Jugendkoordinator. Der Vorteil für die Stadt bleibt den Anwohnern ein Rätsel. Auch die direkt angesprochenen Stadträte Mario Gieb und Hubertus Marx schweigen, als sie gefragt werden, ob sie diese Art von Essen neben dem Sportpark toll finden? Knigges sollten ihre Fragen schriftlich einreichen, so der OB – und das, obwohl die Anfragen öffentlich in der Bürgerfragstunde gestellt wurden. Schließlich kündigt Thomas Knigge an, auf alle Fälle gegen die geplante Linksabbiegerspur vorzugehen, die für die Anwohner zu Dauerstau und damit Gestank und Krach führe – und übergab an Nachbar Heiko Winkler. Der hatte das Amtsblatt in der Hand, zitierte Beschlussnummer sowieso und fragte in die Runde: „Jetzt wissen Sie sicher, was gemeint ist?“ Und an OB Mißbach gewandt: „Sie wollten Bürgernähe?“ Kein Mensch könne mit so einer Beschlussnummer etwas anfangen, das sei keine Information, aber offenbar genauso gewollt. Er erinnerte den OB daran, dass es von den Anwohnern der Elsterwerdaer Straße nie eine Eingabe wegen Lärms gegeben habe, weder wegen der Remontehalle noch wegen der Skaterhalle, deren Krach es im Übrigen genau zu den Wohnhäusern hintrage und das übers ganze Wochenende. Man habe die Bahn und die B 101 – aber der Bau einer Tankstelle und eines Burger King setze dem Ganzen die Krone auf. Zur Bekräftigung seiner Worte legte er den Stadträten gleich eine Packung Burger King-Kronen auf den Sitzungstisch.

Ob sich denn die Stadträte klargemacht hätten, was mit der Energiewende passiere, ob man das nun wolle oder nicht? Schon jetzt sei der Kraftstoffverkauf um 15 Prozent gesunken. „Und da bauen wir eine sechste Tanke in Großenhain?“, fragte er.

„Für das wirtschaftliche Risiko ist die Stadt nicht zuständig“, konterte OB Mißbach. Damit hat er zwar recht, aber bislang ist Großenhain gerade damit gut gefahren, Ansiedlungswünsche und Bauvorhaben sehr wohl im Stadtsinne zu lenken. Und so wirkte es wie ein Schlusswort, als Stadtrat Thomas Proschwitz sagte: „Was nicht angenommen wird, verschwindet.“ Nur dass die Stadt dann eine neue Brache hat.