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Einfach Kollegen

Das Hotel Sebnitzer Hof hat Flüchtlinge in Arbeit gebracht. Dafür gab es jetzt den Sächsischen Integrationspreis.

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© Dirk Zschiedrich

Von Dirk Schulze

Sebnitz. Baber Munir Khan kam irgendwann einfach rein, stellte sich vor und sagte: „Ich möchte arbeiten.“ So erzählt es Hotelchefin Margaux Steiger. Was, war ihm egal. Er wollte einfach etwas tun und selbst sein Geld verdienen. Der 38-Jährige stammt aus Pakistan und landete als Flüchtling in Sebnitz. Nach der ersten Vorstellung im Hotel blieb er dran und fragte wieder nach. Seit April arbeitet er im Sebnitzer Hof, zunächst auf den Zimmern, dann in der Küche. Im September hat Margaux Steiger einen zweiten Geflüchteten eingestellt, ein dritter soll im März anfangen.

Für dieses Engagement wurde das 4-Sterne-Hotel am Sebnitzer Markt jetzt mit dem Sächsischen Integrationspreis 2016 ausgezeichnet – als einer von drei Preisträgern in ganz Sachsen. Die Verleihung ging am vergangenen Freitag im Plenarsaal des Landtags in Dresden über die Bühne, mehr als 70 Initiativen waren nominiert. Hoteldirektorin Margaux Steiger ist vor allem überrascht, dass die Jury ihr Tun für preiswürdig erachtete: „Ich hätte nicht gedacht, dass das schon ausreicht, um einen landesweiten Preis zu gewinnen.“ Schließlich habe sie den Flüchtlingen nur Arbeit gegeben – wie die gesamte Branche sucht auch sie händeringend nach Mitarbeitern – und ein bisschen Zeit geopfert.

Dabei ist der Aufwand spürbar größer. Bis ein Unternehmen einen Geflüchteten anstellen kann, ist eine Menge Bürokratie zu bewältigen. Für ihre neuen Mitarbeiter hat Margaux Steiger außerdem eine Art Patenschaft übernommen.

Beschimpfungen auf Facebook

Sie hilft beim Abschluss von Verträgen, erinnert an Überweisungen, gibt Tipps für den Kauf einer Winterjacke. Nichts, was sie nicht auch für andere tun würde, sagt sie. Mit dem großen Unterschied, dass die Flüchtlinge hier sonst niemanden haben. Schon im Frühjahr 2015 hatte sie die Teilnehmer eines Sprachkurses zum Kaffeetrinken eingeladen, vor einem Jahr gab es ein großes Begegnungstreffen im Hotel, Mitarbeiter und Geschäftsführung spendeten damals für die Flüchtlingshilfe.

Für ihr Engagement muss die 25-jährige junge Mutter einiges einstecken: Übelste Beschimpfungen auf Facebook, in E-Mails und Briefen, sogar Anfeindungen auf offener Straße. Diese komplett verrohte Kommunikation ist es, was sie am meisten betroffen und traurig macht. Sich beim Thema Flüchtlinge zu engagieren war einfach naheliegend, sagt Margaux Steiger, schließlich ist die Hotellerie von Haus aus eine internationale Branche. Als sie eine Zeit lang in London gearbeitet hat, waren dort alle möglichen Nationalitäten vertreten. „Da war ich der Ausländer, und die Kollegen haben mir auch geholfen.“

Letztlich tue sie nur das, was die Kritiker immer fordern: Sie hilft dabei, dass Flüchtlinge nicht dem Staat auf der Tasche liegen. Das ist im Alltag nicht immer leicht. Natürlich gibt es mal Verständigungsprobleme, nicht alles klappt auf Anhieb. Es würde nicht funktionieren, wenn die übrigen Mitarbeiter nicht mitziehen würden. „Integration kann nur funktionieren, wenn beide Parteien dazu bereit sind“, sagt Margaux Steiger. Im Sebnitzer Hof klappt es und am Ende lernen alle hinzu. Die neuen Mitarbeiter aus Pakistan haben wie alle anderen einen Adventskalender im Hotel – dieser Brauch musste natürlich erst erklärt werden. Im Gegenzug wissen die deutschen und tschechischen Kollegen nun etwas über den Ramadan. Über das gemeinsame Arbeiten funktioniert Integration am besten, und das ist das Ziel: „Dann ist es nicht mehr der Flüchtling, sondern einfach mein Kollege aus Pakistan“, sagt Margaux Steiger.

Ob die neuen Kollegen aus Pakistan hier bleiben dürfen, steht indes noch nicht fest. Ihre Asylverfahren laufen noch. Dass sie Arbeit haben und Deutsch lernen, ist für die Anerkennung nicht entscheidend.