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Einfach anhalten in Görlitz

Wenn am Aschermittwoch die Fastenzeit beginnt, startet in Görlitz wieder die ungewöhnliche Aktion „Haltestellen“.

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© Christian Suhrbier

Von Daniela Pfeiffer

Es war schön bei den Mönchen. Schön und still. Die Menschen kamen aus allen Ecken der Stadt dorthin, in die Klosterkirche nach Weinhübel. Aber hier, wo noch zwei Franziskanermönche leben, war es dann eben doch etwas zu abgelegen.

Und so wurde die „Haltestelle“ vor zwei Jahren die sogenannte Citykirche von Görlitz verlegt: die Frauenkirche. Um noch mehr Menschen zu erreichen. Die Idee dafür hatte Gemeindereferentin Gabriele Kretschmer vor drei Jahren. Mit Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch sollten die Görlitzer einmal das Hamsterrad, das sich ständig dreht, wenigstens kurz stoppen. Und aufbrechen zu etwas Neuem – zu Besonnenheit, einem gesünderen Leben, zu einer besseren Figur, zu sich selbst. „Immer mehr Menschen nutzen die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern, um einen besonderen Akzent zu setzen, ihr Leben anders zu gestalten oder zu ordnen“, sagt sie.

Die „Haltestellen“ wollen eine solche Möglichkeit bieten. Genau genommen ist es nur eine Haltestelle, die Frauenkirche. Zwischen Aschermittwoch und Ostern kann hier jeweils am Mittwoch um 17.30 Uhr eine halbe Stunde innegehalten und Stille gefunden werden. Nach der Begrüßung aller Gäste mit einer Kerze und etwas Gesang, wird immer ein anderes stadtbekanntes Gesicht einige Minuten seine Gedanken zu einem Thema äußern. „Danach ist Stille, einfach Stille“, sagt Gabriele Kretschmer. Manche würden dann auch ihre Kerze nach vorn bringen. Nach einem abschließenden kurzen Choral zieht jeder wieder seiner Wege. Eintreten darf jeder. Er brauche auch gar nichts tun, nur sitzen, die Ruhe einatmen und hören, erläutert Gabriele Kretschmer. Hören, was es heißt, anderen zu verzeihen, die einem beleidigt haben, hören, ob es Sinn macht, Lästige geduldig zu ertragen, hören, dass auch der Einzelne das Recht und die Pflicht hat, Sünder zurecht zu weisen.

Die ungewöhnliche Aktion wird auch auf ungewöhnlichem Wege in der Stadt publik gemacht. So werden die Görlitzer und Besucher der Stadt in den nächsten Tagen in allen Bussen und Straßenbahnen einen entsprechenden „Fahrplan“ entdecken. Er empfiehlt eine gute halbe Stunde für eine besondere Haltestelle – die Frauenkirche.

Haltestellen, jeweils 17.30 Uhr in der Frauenkirche, mit diesen Themen: 17. Februar: Denen, die uns beleidigen, gern verzeihen mit Annemarie Franke, 24. Februar: Betrübte trösten mit Anika Dürrbeck, 2. März: Unwissende lehren und Zweifelnden recht raten mit Katja Wöhle, 9. März: Lästige geduldig ertragen mit Martina und Michael Kasper, 16. März: Im Leben der Toten gedenken mit Evelin Mühle, 23. März: Sünder zurechtweisen mit Friedrich-Leopld Stolberg