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Einer mit goldenen Händen

Wenn Metallgestalter Martin Scholz durch Wittichenau geht, sieht er viele von ihm geschaffene Arbeiten.

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Von Heinz Hirschfeld

Unlängst kam Leni, die siebenjährige Tochter von Martin Scholz, ganz aufgeregt mit einem alten Schlüssel in seine Wittichenauer Metallbauwerkstatt gerannt und wollte wissen, ob es denn zu ihrem im Keller gefundenen Schlüssel auch ein Schloss gibt. Da musste der Vater zwar passen, aber er zog sich noch gut aus der Affäre, indem er sagte: „Schloss ist keines dazu da, aber wir können eins nachbauen.“ Und so kam es, dass er außer Metallarbeiten zur Abwechslung einmal eine Papp-Arbeit mit seiner Tochter bastelte. „Ich habe mich riesig gefreut, dass sich meine Tochter so indirekt für meine Arbeit interessiert“, sagte er.

Der 38-jährige Christ Martin Scholz gehört zu den wenigen Menschen, die gleich frühmorgens, wenn sie das Fenster öffnen, die Früchte ihrer Arbeit vor Augen haben. Schaut er über den Kolpingplatz, sieht er „seine“ evangelische Kirche, mit dem von ihm vergoldeten und selbst installierten Turmkreuz. Schaut er etwas weiter über Wittichenau, grüßt ihn weithin die vergoldete Turmbekrönung der katholischen Pfarrkirche. Selbst wenn er durch die Stadt geht, begegnet ihm so manches Kleinod, das seine Handschrift trägt. Am Markt hat er in aufwendiger Kupfertreibarbeit den Adler über dem Eingang der Apotheke geschaffen.

Martin Scholz, der sich schon als Kind dafür interessierte, was und wie in der väterlichen Werkstatt produziert wird, steckte oft seine Nase dort hinein. Er sah aber auch, wie schwer es dem Vater als einzigem privaten Handwerksbetrieb, der Tierfallen in der DDR herstellte, gemacht wurde. Er wollte aufs Gymnasium. Wegen seiner christlichen Weltanschauung war das damals nicht möglich. Er lernte im väterlichen Betrieb Metallbauer mit der Fachrichtung Metallgestaltung. Das ist der frühere Beruf eines Schmieds. Schon damals probierte er vieles aus, schmiedete Rosen aus Metall, die er zu Geburtstagen verschenkte.

Auch seinen Glauben versuchte er in seiner Arbeit umzusetzen. So schuf er im Jahr 2000 für einen Theologen ein kunstvoll geschmiedetes Grabkreuz, an dem sich der Theologe noch zu Lebzeiten erfreut. Das war gleichzeitig das Meisterstück von Martin Scholz.

Aber da gab es noch etwas, was ihn sehr reizte. Das Vergolden eignete er sich 2003 in dem international anerkannten Maestrokurs in Venedig an. Dem folgte der „Restaurator im Handwerk“. Jetzt war der Weg frei für Aufträge im Denkmalbereich, wie das Herstellen vergoldeter Turmbekrönungen. An der katholischen Pfarrkirche Wittichenau geschah das 2012 und zwei Jahre später an der evangelischen Kirche seiner Heimatstadt.

Die Arbeiten der Firma „Metallbau Scholz GbR“, die er gemeinsam mit seiner Schwester betreibt, liegen inzwischen nicht mehr nur im Stahl- und Metallbau, sondern auch im Denkmalbereich. Der Absatz von Tierfallen ist seit der Wende stark zurückgegangen. So erneuerte er das Taufbecken in der Wittichenauer Pfarrkirche, hat einen Osterleuchter für die evangelische Kirche in Wittichenau geschaffen und das Friedhofstor in Wittichenau erneuert und vergoldet. Er hat seine eigenen Eheringe aus rostfreiem Damaszenerstahl vor etwa zwei Jahren gefertigt.

Inzwischen ist sein Rat als stellvertretender Obermeister der Innung Metall Kamenz/Bischofswerda gefragt. Mittlerweile hat er vier Lehrlinge ausgebildet, die bei ihm weit mehr lernen als das Übliche fürs Alltagsgeschäft. So hatte er seinen damaligen Lehrling Elia Unger, der inzwischen von ihm übernommen wurde, bei den Arbeiten zur Vergoldung der Turmbekrönung der katholischen Pfarrkirche herangezogen.

Ehrenamtlich ist er im Verein für Evangelische Jugendarbeit EVJU tätig, zu dessen Gründungsmitgliedern er gehört. Schon in seiner Lehrzeit hat er am Haus „Engedi“ des EVJU in Schwarzkollm ein schmiedeeisernes Tor mitgeschaffen. Er hat beim Landesjugendcamp der Landeskirche Berlin, Brandenburg und schlesische Oberlausitz Mitte Juni in Schwarzkollm mit Jugendlichen eine Skulptur zum Thema „Hand in Hand“ geschmiedet. Im ökumenischen Posaunenchor von Wittichenau bläst er die Posaune. Wenn mal irgendein Ventil klemmen sollte, Martin Scholz weiß bestimmt Rat. Aber ansonsten gehört die Freizeit seiner Familie. So sieht man ihn mit seiner Frau und den beiden Töchtern manchmal durch Wittichenau radeln, vorbei an Stellen, wo seiner Hände Arbeit drinsteckt. „Das sind dann solche Momente, wo das Fahrrad von ganz allein läuft“, sagt Martin Scholz nicht ohne Stolz.