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Einer für alle?

Die Oberlausitz diskutiert die Fusion der Verkehrsverbünde in der Region.

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© Steffen Füssel

Von Irmela Hennig

Bautzen/Dresden. Kleiner Bahnhof im Bahnhof – der Deutsche Bahnkunden-Verband hatte am Mittwoch zu einer Diskussion in den Görlitzer Bahnhof eingeladen. Das Thema lautete „Fusion von VVO und ZVON? Vorteile und Nachteile einer möglichen Änderung von Strukturen im öffentlichen Personenverkehr“. Etwa ein Dutzend Vertreter von Interessenverbänden, Behörden und dem Verkehrsverbund Zvon waren dem Aufruf gefolgt. Die SZ beschreibt den Hintergrund und fasst Aussagen zusammen.

Die Ausgangslage: Eine Region mit zwei Verkehrsverbünden ist kompliziert
Bus- und Bahnnutzer merken es immer wieder: Sie leben in einer Oberlausitzer Region, müssen aber für den öffentlichen Nahverkehr unterschiedliche Tickets nutzen. Grund dafür ist, dass es hier zwei Verkehrsverbünde gibt. Im Landkreis Görlitz und dem östlichen Landkreis Bautzen gelten die Tarife des Zweckverbandes Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (Zvon) und im Westen des Bautzener Kreises mit Wittichenau, Hoyerswerda, Radeberg und Kamenz die des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO). Auch der Fahrtakt passt über die Verbundgrenze hinweg teilweise nicht zusammen.

Die Idee: Aus zwei mach eins – VVO und Zvon schließen sich zusammen
Dass diese Situation unpraktisch ist, wissen die zuständigen Landkreise und die zum VVO gehörende Stadt Dresden. Sie haben verschiedene Ideen, was man ändern könnte. Der Landkreis Bautzen strebt eine Fusion der Verbünde an. Landrat Michael Harig (CDU) hat gerade deutlich angekündigt, einen großen Verbundraum zu schaffen. Noch in diesem Jahr wolle er im Kreistag eine Entscheidung zur Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs zwischen Radeberg, Bautzen und Görlitz treffen. Der Landkreis Görlitz ist gegen ein Zusammengehen. Denn man fürchtet eine Übermacht der Stadt Dresden. Stattdessen solle es einen einheitlichen Oberlausitz-Tarif geben.

Die Vorteile: Tarifdschungel wird gelichtet, der Takt wird besser
Bislang gibt es nur wenige Möglichkeiten, um mit einem Ticket durch die beiden Verbünde zu kommen. Michael Cleve, Vorsitzender des Bahnkunden-Regionalverbandes Oberlausitz-Niederschlesien wohnt in Herrnhut. Will er von da in die Landeshauptstadt Dresden, brauche er bis zu drei Fahrscheine. Auch die Koppelung von Bus- und Schienenverkehr funktioniere nur teilweise. Eine Fusion könnte solche Probleme vielleicht lösen.

Das Problem: Die Verbünde haben unterschiedliche Tarifsysteme
Ein Mitglied der Ostsächsischen Eisenbahnfreunde wies auf das Kernproblem hin. Im VVO gebe es einen Zonentarif – innerhalb einer Zone gilt ein Preis – egal, wie lang die Strecke ist, die man dort fährt. Der Zvon nutzt einen Entfernungstarif. Bei einer Fusion könne nur noch ein System gelten. Darauf machte auch Jens Kunstmann, Verkehrsplaner der Stadt Görlitz, aufmerksam. Ein Zonentarif könnte Fahrten im Görlitzer Stadtverkehr beispielsweise teurer machen. Görlitz würde dann vermutlich zu einem Zonengebiet. Darin gelte dann der VVO-Fahrpreis von 2,30 Euro beziehungsweise 2,40 Euro, da der VVO die Preise erhöhen wird. Momentan koste die Stadtfahrt nach dem Zvon-Streckentarif aber nur 1,50 Euro.

Die Bedenken: Regionale Strecken werden schneller stillgelegt
Preissteigerungen durch den Tarifwechsel könnten den öffentlichen Nahverkehr unattraktiv machen. Die Folge seien weniger Fahrgäste. Dann könnte der neue Verbund entscheiden, die wenig genutzten Strecken stillzulegen. Bautzens Landrat Michael Harig hatte zwar kürzlich im Gespräch mit der SZ gesagt, dass der VVO ja auch vorwiegend den ländlichen Raum bediene und Dresden sich aus dem Regionalverkehr raushalte. Doch Jens Kunstmann verwies darauf, dass der VVO die Strecke Nossen – Meißen stillgelegt habe. Und an der Finanzierung der Strecke Hoyerswerda – Görlitz, die ja zu einem Drittel im VVO-Gebiet liege und ab Dezember 2018 wieder bedient werde, beteilige sich der VVO nicht. Die Befürchtung, dass der Görlitzer Straßenbahn-Verkehr eingestellt werden könnte, teilt er hingegen nicht. Das liege in der Hand des Trägers und das sei die Stadt Görlitz. Ähnliches gelte für die Busnetze.