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Einen Teppich, bitte!

Eine Hamburger Firma wirbt damit, Teppiche zu verschenken, bis auf die Mehrwertsteuer. Ein Besuch vor Ort, wo die Angebote nicht so richtig nach Schnäppchen klingen.

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© SZ/Kay Haufe

Von Kay Haufe

Wie schnell sich doch ein leer stehendes Geschäft in ein Teppichlager verwandeln kann. Gerade geschehen auf der Zwinglistraße 28. In allen Farben gemusterte Teppiche liegen nach Größen sortiert übereinander. Vom kleinen Bettvorleger, über lange Brücken bis zum großen Wohnzimmerteppich ist alles dabei. Auf einigen sind Muster mit Menschen eingewebt, andere sind klassische Perser.

„Gesamter Warenbestand wird in Dresden verschenkt“ – mit dieser Überschrift warb eine Anzeige am Donnerstag in der Sächsischen Zeitung. Und sollte damit Kunden in die Verkaufsräume locken. Angeblich sei die Hamburger Firma Ahrari GmbH durch die Insolvenz wichtiger Geschäftskunden in Schieflage geraten, mit der Folge Zwangsliquidation. Trotz Sonderverkaufs seien noch Teppiche da, die man nicht mehr teuer lagern könne. Deshalb wolle man sie jetzt in Dresden verschenken, heißt es in der Anzeige. Lediglich die Mehrwertsteuer müsse bezahlt werden.

Na, mal schauen, ob sich ein Schnäppchen machen lässt. Bei einem Besuch ist der Laden am Freitagmittag gähnend leer. Ein Verkäufer sitzt auf einem der Teppichberge. Er fragt höflich, ob er helfen könne, ist nicht aufdringlich und lässt in Ruhe schauen. Auf Nachfrage, was denn ein kleiner Teppich in den Maßen 1,30 Meter mal 80 Zentimeter kostet, dreht der Mann die Rückseite nach oben. Darauf klebt ein Schild mit dem Preis 2 650 Euro. „Unser Gutachter hat den Preis bestimmt“, sagt der Verkäufer. Lediglich 503,50 Euro wären jetzt noch zu zahlen, dies seien die 19 Prozent, also die ermittelte Mehrwertsteuer.

Klingt nicht nach Schnäppchen, aber schließlich ist man ja kein Experte. Weiter geht es, immerhin sind noch viele andere Teppiche im Angebot. Alle seien garantiert handgeknüpft, dafür gibt es ein Zertifikat, sagt der Verkäufer, zu dem sich innerhalb kurzer Zeit weitere drei Mitarbeiter gesellt haben. Seide, Schurwolle und Korkwolle seien die Materialien, aus denen die angebotenen Teppiche hergestellt sind. Beim weiteren Rundgang fällt ein Exemplar aus Seide ins Auge, beigefarbener Untergrund mit hellblauem Muster in den Maßen 1,80 mal 1,24 Meter. 9 300 Euro sei er wert, sagt der Verkäufer, aber jetzt für nur 1 767 Euro zu haben. Mit einem Foto hat der Mann kein Problem. So ein Kauf müsse ja schließlich in der Familie besprochen werden.

Im Internet kann man ähnliche persische Seidenteppiche in der Größe finden. Sie sind beispielsweise bei Teppich Kibek und anderen Händlern für rund 1 200 bis 1 600 Euro zu haben. Und liegen damit weit unter dem angeblichen Verkaufswert, sogar noch unter dem Mehrwertsteuerpreis. „Vorsicht ist bei solchen Aktionen immer angeraten“, sagt Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen. Allein schon die Werbung, dass man Teppiche verschenke, sei unzulässig, weil sie ja nicht stimme und irreführend sei, sagt der Referatsleiter Recht. Allerdings findet er keine Verstöße, die sich die Ahrari Trading GmbH in den letzten drei Jahren in Sachsen geleistet hat.

„Hier ist der gesunde Menschenverstand der Kunden gefragt, die einstigen Teppichpreise wirken absolut unrealistisch“, sagt Hummel. Wer Interesse an einem solchen Teppich hat, solle vorher immer im Internet anhand von Fotos Preisvergleiche anstellen. Leider seien solche angeblichen Preissenkungen ein recht üblicher Trick, um Kunden anzulocken. „Der Händler darf mit diesen Preisen eigentlich auch nur werben, wenn er sie vorher schon mal verlangt hat“, sagt Hummel. Doch das sei schwer nachprüfbar.

Im Teppichlager schaut sich inzwischen ein Kunde um, nimmt einige Ecken in die Hand, prüft das Material. Als er hört, dass die Mehrwertsteuer für einen 2,50 mal 3,50 Meter großen Teppich noch knapp 4 000 Euro beträgt, verlässt er das Geschäft. „Das ist der klassische Nepp“, sagt Peter Peppinghaus später draußen vor der Tür. „Die Preise sind hochgepuscht, um dann abzukassieren.“ Trotzdem wollte er mal vorbeischauen. „Man denkt ja immer, es könnte doch wirklich mal mit einem Schnäppchen klappen.“