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Eine Straße mit schöpferischer Atmosphäre

Aus der Carl-Thieme-Straße in Freital stammen das Dresdner Porzellan und bekannte Leuchter – aber auch Biene Carli.

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© Andreas Weihs

Von Dorit Oehme

Freital. Beschwingt steigt Anne Konstanze Lahr aus dem Wagen. Sie schaut zurück. Schräg gegenüber steht das Gebäude der Sächsischen Porzellan-Manufaktur Dresden. Einige Scheiben sind erhellt. Ein Mitarbeiter ist zu sehen. „Das wird der Brennmeister sein. Wir winken uns ab und an über die Straße zu“, sagt die Diplom-Designerin. Sie hat zur Porzelline eine besondere Beziehung.

Auf der Carl-Thieme-Straße in Freital rauscht der Verkehr vorbei. „Bis etwa 2002 standen hier auf beiden Straßenseiten Mietshäuser, in denen es einst Läden gab. Sie waren baufällig und wurden abgerissen“, erzählt Anne Konstanze Lahr. Das Wohn- und Firmengebäude in der Nummer 9 war ein Hinterhaus. Nun steht es einzeln da. Es ist saniert, der Ockerton verleiht der Fassade alten Charme. Sonnenblumen blühten im Sommer davor.

Biene Carli, das Maskottchen der Freitaler Familien-Card, hat Anne Konstanze Lahr hier in ihrem Büro für Gestaltung entwickelt. Sie entwirft Typografisches, Buch- und Ausstellungsdesign wie auch Bühnenbilder. Ursprünglich hat sie Gürtler gelernt, eine Fachrichtung des Metallbildners. Am Eingang hängt das Schild der Gürtlerei Alwin Lahr im Jugendstil.

„Mein Urgroßvater Alwin Lahr hat die Firma 1889 aus dem Bedarf der Porzellanmanufaktur heraus gegründet. Hier wurde Metallzubehör für Gefäße und Ähnliches gefertigt und an den Porzellanobjekten montiert“, verrät Anne Konstanze Lahr. Nach dem Zweiten Weltkrieg restaurierte die Gürtlerei unter Albert Lahr Beleuchtungskörper für Kirchen und Festsäle. Einige wurden neu geschaffen, teils im modernen Stil. Bundesweit und teils sogar im Ausland wirkte dann Gürtlermeister Wolfgang Lahr noch bis 2014 mit seinem Team. In der Dresdner Frauenkirche, der Semperoper, auf Schloss Albrechtsberg oder in der Dorfkirche Seiffen ist die Handschrift zu sehen. Ebenso in Potschappel: in der Emmauskirche und dem Sparkassengebäude.

Anne Konstanze Lahr offenbart, dass sie gern in den Porzelline-Laden geht. Erst kürzlich habe sie eine Vase gekauft. Es ist ein wiederaufgelegtes Stück jener Urformen aus Gips, die aus dem desolaten Lager der Porzelline geborgen wurden. Die Fläche an der Wiederitz ist inzwischen geräumt. Mit dem jetzigen Straßennamen wird seit 2001 Carl Thieme geehrt, der Gründer der Manufaktur. Er nannte sie zunächst „Sächsische Porzellan-Fabrik zu Potschappel von Carl Thieme“. Seit 1872 wird darin Zier- und Luxusporzellan von Hand produziert, heute vorrangig auf Kundenwunsch. Das älteste Modell Nummer eins hängt im Geschäft: eine barock anmutende Wandkonsole.

Carl Thieme, 1823 bis 1888, und seine Frau Henriette hatten neun Kinder. Über die Straße gab es auch familiäre Kontakte: Ihre 14 Jahre jüngere Schwester war die Mutter des Gürtlermeisters Alwin Lahr. Erwin Thieme wiederum, ein Enkel des Manufakturgründers, war mit Gertrud Lahr verheiratet. Sie war eine Tochter Alwin Lahrs und Porzellanmalerin. „Die Liebe zum Porzellan bleibt. Ich hoffe, dass die Zeit kommt, in der es wieder mehr geschätzt wird“, sagt Anne Konstanze Lahr.

In der Porzelline gibt es am Sonnabend, 2. Dezember, von 10 bis 18 Uhr, einen Weihnachtsverkauf mit Schaumalerei und Porzellancafé.