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Eine Straße, die man fälschlich oft Platz nennt

Die im Volksmund gern und falsch Elisabethplatz genannte Elisabethstraße ist mit ihren 80 Metern die breiteste Straße in der Stadt Görlitz. Mächtige Bäume beiderseits der Straße geben ihr ihren unverwechselbaren Charakter und lassen eben eher an einen Platz als an eine Straße denken.

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Von Erich Feuerriegel

Die im Volksmund gern und falsch Elisabethplatz genannte Elisabethstraße ist mit ihren 80 Metern die breiteste Straße in der Stadt Görlitz. Mächtige Bäume beiderseits der Straße geben ihr ihren unverwechselbaren Charakter und lassen eben eher an einen Platz als an eine Straße denken.

Ihr Name geht auf die Gemahlin Elisabeth Luise (1801-1873) des Königs Wilhelm Friedrich IV. zurück. Dieser hatte mit seiner Gattin Elisabeth 1844 Görlitz besucht und Gottlob Demiani zum Oberbürgermeister ernannt. Früher lag das gesamte Terrain innerhalb der doppelten Stadtmauer, die hier mit mehreren Bastionen verstärkt war. Sie wurde im Westen durch den 1250 erbauten und 1305 erstmals erwähnten Frauenturm (im Volksmund wegen seiner 5,34 m starken Mauern „Dicker Turm“ genannt), mit dem 1433 durch Kaiser Sigismund verliehenen Stadtwappen und im Osten durch die 1425 erbaute Stadtpforte begrenzt.

Letztere verlor im 19. Jahrhundert zunehmend ihre strategische Bedeutung und wurde deshalb 1845 abgebrochen. Vom Frauenturm bis etwa zur heutigen Bismarckstraße erstreckte sich der Schießzwinger. Hier war 1591 das hölzerne Schießhaus durch ein steinernes ersetzt worden. Da man in diesem die „Bliden“ genannten Steinschleudern und Geschütze aufbewahrte, hieß dieses auch das „Blidenhaus“.

Auf dem östlichen Teil befand sich der „Rähmzwinger“ mit seinem an der Ecke zur heutigen Klosterstraße gelegenen „Rähmen- und Trockenhaus“. Die Rähmen waren Rahmen, in welchen die Tuchmacher ihre Tuche spannten. Nachdem 1843 die Rähmen entfernt worden waren, verlegte man den Töpfermarkt hierher.

Im Jahre 1369 regte Kaiser Karl der IV. den Bau des vom Frauenturm über die Stein- und Nonnengasse bis fast zum Fischmarkt sich erstreckende Schlosses Herzogs Hans von Görlitz als Zwingburg an. 1474 erteilte dann der ungarische König Matthias Corvinius die Genehmigung, das Schloss abzureißen und mit dem Bau von Bürgerhäusern zu beginnen.

Im Sinne der sich notwendig machenden Stadterweiterung fasste der Rat 1843 auf Veranlassung Demianis den Beschluss, dieses künftige Terrain zur Promenade auszubauen. Mit dem Abriss der Stadtmauer, der Auffüllung und Regulierung des Stadtgrabens, des Schießzwingers und Rähmhofes sollte der Platz geschaffen werden, „der mit Bäumen bepflanzt künftig einen der schönsten Boulevards darzubieten wüßt“. Da sich dieser jedoch um einige Jahre verzögerte, konnte erst zwischen 1853 und 1855 mit der Gestaltung der Elisabethstraße begonnen werden.

Im Jahre 1853 wurde sie vierreihig mit Linden bepflanzt, von denen viele die spätere Asphaltierung allerdings nicht überlebten. Die Lücken wurden mit Kastanien und Ahornbäumen bepflanzt, und seit 1864 ist die Elisabethstraße zum Standplatz für den Wochenmarkt geworden (was ja auch heute zum Teil noch der Fall ist), später gelegentlich auch für Weihnachtsmärkte. Als unübersehbarer Zeuge jener starken Stadtmauer aber steht heute noch am Marienplatz der „Frauenturm“. Ab Oktober 1974 diente er nach fünfjähriger Arbeit über Jahrzehnte hinweg als Klub der Studenten der damaligen Ingenieurschule für Elektronik und Informationsverarbeitung (heute Fachhochschule), wurde jedoch vor einigen Jahren für diesen Zweck gesperrt.