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Eine Orgel in Miniatur

Das Instrument soll in der Friedhofskapelle aufgestellt werden. Es kann aber auch an jedem anderen Ort erklingen.

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© Zeichnung Marcus Stahl

Von Tina Soltysiak und Cathrin Reichelt

Waldheim. Die Orgeln werden sich ergänzen, meint Orgelbauer Marcus Stahl. Auf dem großen Instrument in der Waldheimer Stadtkirche könne Musik gespielt werden, die auf der neuen Truhenorgel nicht möglich ist, und umgekehrt. Letztere entsteht gerade in der Dresdener Werkstatt von Stahl und soll künftig in der Waldheimer Friedhofskapelle ihren Stammplatz haben. Aber nicht nur. Denn die Truhenorgel ist transportabel.

Schon länger habe sich der Kantor der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde René Michael Röder Gedanken über ein solches Instrument gemacht und nach mehreren Gesprächen mit Marcus Stahl ein Konzept entwickelt. Inzwischen ist die Orgel im Entstehen, die vor allem auf das Spiel von Kirchenmusik vor dem Jahr 1800 ausgerichtet sein wird.

Der Bau des Instruments ist so weit fortgeschritten, „dass am Jahresende die ersten Töne zu hören sein werden“, sagt Marcus Stahl. In der kommenden Woche werde er die Klaviatur einsetzen und noch vor Weihnachten den Balg, also das Gebläse. Auch die beiden Holzregister seien bis Weihnachten fertig. Dazu kommen anschließend noch zweieinhalb Metallregister und ein sogenanntes Zungenregister aus Messing.

Die Truhenorgel werde genau 1,24 Meter breit, 1,20 Meter hoch und 65 Zentimeter tief sein. Normalerweise seien solche Orgeln kleiner. „Aber wir haben eine Lösung gefunden, das Instrument etwas größer zu gestalten, sodass es ein fester Bestandteil des Raumes wird“, meint Stahl. Trotzdem sei es durch Räder transportabel und könne beispielsweise in die Stadtkirche umgesetzt werden.

Zwar hat die eine eigene große Orgel, aber die Kleine eigne sich besser für die Begleitung eines Ensembles zu Passionen oder Kantaten, meint Stahl. Dafür stehen künftig 300 Orgelpfeifen zur Verfügung. Die Kleinste ist etwa so hoch wie ein Fingerhut, die Größte misst rund 1,50 Meter. Die Besonderheit: Die Truhenorgel hat kein Pedal und nur eine Klaviatur, große Orgeln haben mehrere.

Die Truhenorgel ist das 14. Instrument, das Marcus Stahl baut, seit er sich vor elf Jahren selbstständig gemacht hat. Seinen Beruf übt er aber schon seit 28 Jahren aus, von denen er acht Jahre im Ausland gearbeitet hat.

Stahl und Kantor René Michael Röder stehen in ständigem Kontakt. „Er schickt mir Bilder vom Baufortschritt“, so Röder. Er ist Feuer und Flamme, wenn er von dem Instrument erzählt. „Es ist toll, dass es in Sachsen hergestellt wird. Wir als Kirchgemeinde haben den Anspruch, dass es 100 Jahre hält“, sagt Röder. Drei Angebote hatte die Gemeinde eingeholt. „Marcus Stahl kenne ich noch aus meiner Zeit in Rüsseina“, so Röder. Der Kantor selbst wechselte vor 15 Jahren von dort in die Zschopaustadt.

Die Kleinorgel werde eine Maßanfertigung für die Waldheimer Friedhofskapelle. Rund 60 000 Euro kostet die Herstellung voraussichtlich. „Die Stadt und die François Maher Presley-Stiftung für Kunst und Kultur beteiligen sich mit fünf Prozent, also jeweils mit 3 000 Euro, an der Finanzierung“, so Röder. Die Landeskirche steuere etwa 10 000 Euro bei, „der Friedhof etwa 20 000 Euro. Die Restsumme muss mit Hilfe von Spenden zusammenkommen“, sagt der Organist.

Eigentlich war die Fertigstellung für September 2018 vorgesehen. „Doch Marcus Stahl kommt so gut voran, dass es möglicherweise eher soweit ist“, sagt René Michael Röder. Wenn das Instrument in der Waldheimer Friedhofskapelle eingebaut ist, wird auch das letzte Gotteshaus im evangelisch-lutherischen Kirchspiel Waldheim-Geringswalde eine Orgel besitzen. „Das ist schon eine Besonderheit, dass selbst die kleinen Dorfkirchen noch eine Orgel haben“, so Kantor Röder. Zum Kirchspiel gehören elf Kirchen sowie die beiden Friedhofskapellen in Waldheim und Geringswalde.