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Eine Institution schließt

„Peschi hat’s“ in Langebrück öffnet am 31. Dezember zum letzten Mal. Für die Inhaber ein schwerer Schritt.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Ein Schwatz am Morgen beim Zeitung holen, die freundliche Bedienung und natürlich die rappelvollen Regale: Das ist es, was die Langebrücker an Peschi hat’s so lieben. Jeder sollte in den nächsten Tagen noch einmal den Laden an der Dresdner Straße besuchen, einfach eine Flasche Wein holen, eine Schokolade oder nur mit Bernd Peschke und seiner Frau plaudern. Denn diese Möglichkeit besteht nur noch bis zum 31. Dezember. Dann nie mehr. Das Geschäft schließt.

Kaum vorstellbar. Fast 10 000 Tage hat das Ehepaar in dem Geschäft verbracht. Geöffnet war von 1989 täglich Montag bis Sonntag. „Ganz die 10 000 haben wir nicht geschafft, zweimal waren wir im Urlaub und dann fehlen auch so noch ein paar Tage. Über die Zahl haben wir sogar gestaunt“, sagt Bernd Peschke. Genau fünf Monate vor dem Zerfall der DDR im November 1989 öffnete er sein Geschäft. Vorangegangen waren unzählige Besuche bei Behörden, um die Genehmigung für das private Geschäft zu bekommen. Außerdem baute er in den Wochen zuvor den Laden mit Freunden und Bekannten aus. „Das war eine Scheune. Es sah völlig anders aus. Ladenräume waren ja sonst nicht zu bekommen.“ Es war immer sein Traum gewesen, als Selbstständiger zu arbeiten. „Das muss wohl angeboren sein. Meine Eltern hatten nämlich eine Gärtnerei.“

Plötzlich war alles zu haben

Vom Ende der DDR ahnte der Langebrücker damals noch nichts. „Nein, das war Zufall, das konnte im Juli noch niemand wissen.“ Ab November, Dezember änderte sich das Bild schlagartig, erinnert er sich. „Wir konnten alle Waren aus dem Westen anbieten. Plötzlich war alles zu haben.“ Für das Ehepaar war das eine enorme Umstellung. „Von Marktwirtschaft hatten wir ja keine Ahnung.“

Die Kunden griffen zu der Zeit jedoch zu. „Das war ein regelrechter Ansturm. Vor dem Geschäft bildeten sich häufig lange Schlangen“, sagt Bernd Peschke. Kaufen konnten die Kunden damals sowohl mit Ost- als auch mit Westmark. Sieben Tage die Woche täglich von 4 Uhr bis spät abends arbeiteten die Peschkes plus einer Angestellten. „Die Konkurrenz der Supermärkte gab es damals noch nicht. Wir waren die einzigen. Das war unser großer Vorteil“, erinnert sich der Langebrücker. Eine sehr schöne Zeit sei das gewesen, aber auch sehr anstrengend.

Konkurrenz der Supermärkte

Nach zehn Jahren ließ der Andrang nach. Zuletzt sei schon viel Idealismus dabei gewesen, den Laden weiter zu betreiben. „Die Konkurrenz der Supermärkte war groß. Mit den Billigpreisen konnte er kaum mithalten. Die Menschen kauften bei uns eher Kleinigkeiten, mal ein Stück Butter, eine Bockwurst, Zeitungen. Die Großeinkäufe werden woanders gemacht“, sagt Bernd Peschke. Ein Einschnitt bedeutete auch das Ende der Bankgeschäfte in dem Laden. Die Deutsche Post änderte den Vertrag. In der Poststelle bei Peschkes durften nur noch Pakete, Brief und Päckchen aufgegeben werden. In der Folge gab das Ehepaar die Poststelle ganz auf.

Ihre Tochter wollte das Geschäft nicht weiterführen. „Sieben Tage die Woche im Laden stehen. das macht heute keiner mehr.“ Den Ausschlag das Geschäft jetzt zu schließen gaben notwendige Investitionen. „Wir hätten beispielsweise eine moderne Kasse anschaffen müssen mit einem Chip, mit dem das Finanzamt die Verkäufe genau überprüfen kann.“ Auch neue Regale wären notwendig gewesen, sagt Birgit Peschke. „Das alles hätten wir ja erst mal wieder erwirtschaften müssen. Für uns war das der Zeitpunkt zu sagen: Das war’s, wir schließen.“ Im entsprechenden Alter sind beide. Bernd Peschke ist 65 Jahre, seine Frau 63. Worüber sich die beiden noch nicht so richtig Gedanken gemacht haben: Was kommt danach? Wenn sie nicht mehr in aller Herrgottsfrühe aufstehen und Tag für Tag in den Laden müssen. „Ja das könnte ein Problem werden. Mir haben aber alle gesagt, dass nach einer gewissen Umstellungsphase sich neue Aufgaben finden. Wir haben ja noch unser Grundstück, auf dem gibt es genug zu tun.“

Die beiden hoffen auf diese Art, mögliche Entzugserscheinungen schnell überwinden zu können. Bei ihren Kunden werden die mit Sicherheit kommen, vermutlich schon Anfang, Mitte Januar. Wenn es den Plausch beim Zeitung holen, die freundliche Bedienung und vollen Regale nicht mehr um die Ecke gibt.