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Eine Hoheit im Kuhstall

Stephanie Zabel hat ihren Traumjob gefunden. Als sächsische Milchkönigin hat sie aber keine leichte Amtszeit erwischt.

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© Claudia Hübschmann

Von Peggy Zill

Weinböhla/Meißen. Wie eine Königin sieht sie nicht aus, in Jeans und T-Shirt mit Schlamm an den Arbeitsschuhen. Gerade musste Stephanie Zabel noch helfen, eine widerspenstige Kuh auf der Weide einzufangen. „Wir haben sieben Leute gebraucht, damit sie mal auf den Hänger geht“, erzählt die 25-Jährige. Auch als Milchkönigin packt sie mit an. Denn für die Studentin gibt es nichts Schöneres, als mit Kühen zu arbeiten. Ihre Leidenschaft für die Tiere und ihr Fachwissen rund um Milch und Kuh überzeugten vor einem Jahr auch die Jury. Auf der Landwirtschaftsmesse Agra in Leipzig wurde sie zur Milchkönigin gekrönt. Zuvor wurde ihr Wissen zur Milch und Molkereiwirtschaft getestet, sie musste mit der Hand melken und einen kurzen Vortrag halten. Seitdem ist sie als Stephanie I. auf Hof- und Erntefesten unterwegs. Während ihrer einjährigen Amtszeit hat sie schon dem Bundeslandwirtschaftsminister die Hand geschüttelt. „Es ist Wahnsinn, was man so erlebt, wie viele Betriebe und Menschen man kennenlernt“, sagt Stephanie Zabel.

Königin auf Demo

Wer aus Weinböhla kommt, sollte eigentlich Weinkönigin werden, mag man denken. Stephanie Zabel interessiert sich aber mehr für Tiere. Wein trinkt sie auch. Dabei sitzt sie am liebsten an der Weide in Brockwitz und beobachtet ihre Kühe. Denn auch in ihrer Freizeit kümmert sie sich mit Freunden um 15 Mutterkühe und einen Bullen. Als Jungzüchterin ist sie mit ihren Kühen regelmäßig bei Wettbewerben vertreten und sahnt Preise ab.

„Mit Tieren wollte ich schon immer etwas machen“, erzählt sie. Deshalb bewarb sie sich für ein Praktikum im Zoo Dresden. Die exotischen Tiere seien schon toll gewesen, aber der direkte Kontakt fehlte. „In den Kühen habe ich gefunden, was ich wollte“, sagt sie und gerät ins Schwärmen. Die Tiere hätten sie von Anfang an fasziniert, weil sie so vielseitig sind. „Früher hat man sie vor den Karren gespannt, sie geben Milch und Fleisch. Und Kuhaugen sind sehr tief und treu.“ Sie könne gar nicht beschreiben, was es genau ist. Kühe seien einfach liebe Tiere, auch wenn sie schon zu spüren bekommen hat, wie viel Kraft sie haben.

Seit zweieinhalb Wochen macht sie ein Praktikum in der Milchviehanlage Pitschütz zwischen Lommatzsch und Ostrau. Als Assistentin des Stallchefs will sie Neues lernen und verbringt jetzt mehr Zeit im Büro als im Melkkarussell. Praktische Erfahrungen sammeln gehört zum Studium der Agrarwirtschaft dazu. Dabei hat die 25-Jährige davon schon viel. Ihre Ausbildung zur Tierwirtin Fachrichtung Rinderhaltung hat sie auf dem Milchhof Diera gemacht und mit sehr gut abgeschlossen. Gemolken habe sie immer gerne, aber auch gemerkt, dass sie das nicht ihr Leben lang machen will. Sie entschied sich für eine Ausbildung zur Technikerin für Landbau in Freiberg-Zug. Gleichzeitig holte sie ihr Fachabitur nach und machte ihren Ausbilderschein. Seit zwei Jahren studiert sie in Dresden. In einem Jahr hat sie ihren Bachelor in der Hand. Dann ist aber Schluss mit Ausbildung. Die dauert jetzt immerhin schon sieben Jahre. „Irgendwann will man ja auch mal Geld verdienen.“ Mit dem Bachelor stehen ihr alle Türen offen. Sie könnte einen Betrieb übernehmen oder einen eigenen gründen. „In der Milchwirtschaft ist das aber grad schwierig.“

Als Milchkönigin war sie auch mit in Dresden, als vor Kurzem mehrere Hundert Landwirte aus Sachsen vor dem Landtag gegen die aktuell existenzbedrohenden Erzeugerpreise, insbesondere für Milch, protestierten. Die Soforthilfe ist in ihren Augen keine Hilfe. „Die Milchpreise müssen reguliert werden.“ Aber nicht nur die Politik müsse handeln. Ein Umdenken bei Verbrauchern, Discountern und Molkereien sei nötig. „Es kann doch nicht sein, dass die Milch für 40 Cent pro Liter verscherbelt wird.“ Zurzeit zahlen die großen Betriebe jeden Tag 3 000 bis 4 000 Euro drauf. „Es gibt unterdessen so viele Hofläden. Die Leute sollten regionale Produzenten unterstützen.“ Sie ärgere sich jede Woche beim Einkaufen, wenn sie die Preise sieht. Nicht nur für Milch.