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Eine für alle Stile

Barbara Damm sorgt im Festspielhaus Hellerau für Rockkonzerte und Oper. Nun inszeniert sie dort das Gipfeltreffen der Dresdner Bands.

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© kairospress

Von Rafael Barth

Der Abend war genial, die Nacht umso kürzer. Christian Friedel, der rockende Hamlet vom Dresdner Staatsschauspiel, zeigte sein Können im Festspielhaus Hellerau. Er rezitierte Büchner und sang zur Musik des Ringtrios. Davon erzählt Barbara Damm am nächsten Vormittag fasziniert, während sie in ihrem Büro Espresso trinkt gegen die Müdigkeit. Durchs offene Fenster fließt kühler November und mischt sich mit Zigarettenluft. Über den noblen Holzschreibtisch streckt sich eine Hügellandschaft aus Briefen und Prospekten, Programmheften und CDs. Barbara Damm muss recht viel im Blick behalten, seit sie vor fünf Jahren die Leitung der Musiksparte in Hellerau übernahm.

Das Programm, das sie verantwortet, bietet eine erstaunliche Fülle an Stilen im Festspielhaus, etwa beim Festival Tonlagen. Noisepunk folgt auf Neue Musik, ein Akustikkonzert auf Oper. „Es ist ja gar nicht so, dass ein Genre für sich alleine dasteht“, sagt die 51-Jährige über Trennwände in Köpfen. Barbara Damm interessiert die Mischung, das Ungehörte, das Experiment, eben alles, wofür das Europäische Zentrum der Künste insgesamt steht. Selbst mit dem Bandstand, dem Gipfeltreffen von zwanzig Dresdner Kapellen, das übermorgen beginnt, will sie mehr bieten als Auftritt plus Auftritt plus Auftritt.

Alle Sinne attackieren

Das Haus verlangt Spezialitäten. Ein gutes Stück entfernt vom Treiben der Innenstadt erhebt sich dieser Edelkoloss, den Dresdner vor allem mit Avantgarde verbinden. Geht hier auch Pop im weiten Sinn? Vor dem ersten Bandstand im vorigen Jahr war Barbara Damm unsicher. Umso mehr freute sie sich über 700 Besucher, die den eigenen Lieblingen zuhörten und den weniger Bekannten. Eben das will die Organisatorin erreichen. „Es geht darum, Überraschungen zu erleben an diesen zwei Abenden.“ Außerdem sollen sich die Bands untereinander kennenlernen, um gemeinsam Neues auszuprobieren.

Das hat bei der Premiere funktioniert. Damm erzählt von bekannten Dresdner Musikern, die in Hellerau eine Initialzündung für ein neues Projekt erlebten. Nun haben sie als AG Sånderbark ihren ersten Auftritt beim Bandstand und wollen mit Elektronik und Videokunst punkten. Ein stimmungsvolles Ambiente ist der Macherin wichtig. Für jede Band gibt es ein eigenes Lichtkonzept. Die Tribünenschräge wird als Projektionsfläche genutzt. Die Bar im Saal hat etwas Skulpturales, erzählt Damm und lobt die Techniker: „Die sind Meister darin, fantasievolle Räume zu schaffen.“

Der Bandstand könnte Tradition werden. Andere Reihen, die Barbara Damm verantwortet, sind es teils schon. Beim monatlichen Dienstagssalon spielen Dresdner Bands und plaudern mit dem Moderator auf dem grünen Sofa. Das Format Feature Ring bringt deutsche und internationale Künstler mit den Jazzern des Ringtrios zusammen. „Wir wollen ein Publikum generieren, das die Reihe mag, um es dann mit Musik zu konfrontieren, die es noch nie gehört hat“, sagt Damm. „Das funktioniert immer besser.“ Zwischen fünfzig und hundert Gäste sind jedes Mal dabei. „Musik im Liegen“ präsentiert Werke von Zeitgenossen, und die Zuhörer haben es hübsch bequem. Bequem heißt nicht, dass im Konzert Bierflaschen klirren und geredet wird. „Wir würden so was nie tun, wenn die Musik gefährdet würde“, sagt Barbara Damm.

Dafür liebt sie Musik viel zu sehr und zu lang. Ihr Schwäbisch lässt die Herkunft anklingen. Damm kam 1962 in Nagold zur Welt, einem Fachwerkstädtchen am Rand des Schwarzwalds. Als Kind lernte sie Klavier, sang in Chören. Beruf wurde die Musik erst nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Politologie. Mitte der Neunziger engagierte sie der Intendant der Leipziger Oper als Referentin. Später übernahm sie an der Deutschen Oper Berlin eine Stelle als künstlerische Mitarbeiterin.

Barbara Damm liebt Musiktheater, „eine Kunst, die alle Sinne attackiert und absolut anregend ist“. Für ihren Beruf hört sie alle möglichen Stile und entdeckt ständig Neues. Sie besucht Festivals und Konferenzen in verschiedenen Ländern, entwirft Programme, stimmt mit dem Intendanten ab, was in Hellerau aufgeführt werden soll. Zur Ruhe kommt sie in ihrem Zuhause am Rande von Oschatz, wo nur selten Klassik oder Soul erklingen. Barbara Damm hört Musik bewusst und nur ungern nebenbei.

Hellerau Bandstand 2014: Freitag und Samstag ab 20 Uhr im Festspielhaus. Im Vorverkauf kostet das Ticket für einen Abend 12 Euro, für beide Abende 15 Euro.