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Eine Frau und ihr Saftladen

Kirstin Walther setzt in Arnsdorf eine lange Familientradition fort.

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© Bernd Goldammer

Von Bernd Goldammer

Arnsdorf. Einen „Saftladen“ mit eigener Herstellung zu managen gehört zu den echten Herausforderungen. Kirstin Walther aus Arnsdorf hat sie angenommen. Und in diesem Jahr scheint es eine gute Ernte zu geben. Die Bäume und Sträucher hängen voller saftiger Früchte. Doch schon im nächsten Jahr kann die Ernte spärlicher ausfallen. Die Natur ist launisch. Das weiß Kirstin Walther genau, und bleibt als Geschäftsführerin der Arnsdorfer Kelterei Walter gelassen. „Dann muss die Ware ausnahmsweise mal anderswo geordert werden“, sagt sie. „Hauptsache sie entspricht unseren hohen Qualitätsanforderungen…“

Kirstin Walther führt 14 Beschäftigte und den alteingesessenen Familienbetrieb seit 2003. In vierter Generation! Zusammen mit ihrem Bruder Jens begann sie die Firma gründlich umzugestalten. Saft ist eben nicht nur ein Getränk. In ihm liegt der besondere Geschmack der Region. Jede Generation setzt ihre Zeichen. 1927 hat es angefangen. Karl Walther war nicht nur ein Gartenfreund. Er tüftelte gern. Die Apfelernte war damals sehr gut. Überangebote waren bei Obstgärtnern und Bauern gefürchtet. Grund: Die Marktpreise rutschten dann in den Keller. Und das bei konstanten Kosten. Karl Walther wollte sich diesem Fiasko nicht länger aussetzen. Er presste seine Früchte aus – und den Saft machte er haltbar. Als die eigene Ernte verarbeitet war, brachten auch die Nachbarn ihre Früchte und holten später die Saftflaschen ab. So begann die Geschichte der Arnsdorfer Lohnmosterei. Am 1. Juni 1927 wurde am Karswald die „Kelterei Walther und Sohn“ gegründet. Äpfel und Beeren aus der Region wurden nun in größerem Stil zu Säften und Obstweinen verarbeitet. 1939 begann die Firma sogar, Zuckerrüben zu Sirup zu verarbeiten. So überstand der Betrieb Krieg und Nachkriegsjahre. Und die Einwohner der Umgebung hatten in den Hungerjahren eine erschwingliche Nahrungsergänzung auf den Tischen. Die Kelterei wurde weitbekannt. Auch zu DDR Zeiten waren Säfte und später Nektare von hier in aller Munde. Die Verarbeitung in der Lohnmosterei nahm weiter zu. Am einstigen Firmensitz an der Karswaldsiedlung wurde es immer enger.

Säfte nach dem Öffnen bis zu drei Monate haltbar

„Und mit der Wende ergaben sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten“, macht Kirstin Walther klar. Die Kelterei zog ins Arnsdorfer Gewerbegebiet. 1995 fand die Einweihung am neuen Standort statt. Gleichzeitig begann die Verarbeitung einheimischer Obst- und Gemüsesorten aus biologischem Anbau. Als erste Kelterei in Sachsen gingen die Walthers damit an den Markt. Inzwischen verschieben sich die Trends etwas. „Wir stellen fest, dass viele junge Familien Obst- und Gartenbau betreiben, die Lohnmosterei hat stärker zugenommen“, beschreibt die Firmenchefin.

Aber auch in Sachen Verpackung ging das Unternehmen neue Wege. 2005 führten Walthers die 3- und 5 Liter Saftbox ein. Seitdem sind die Säfte nach dem Öffnen bis zu drei Monate haltbar. Ungekühlt und ohne Qualitätsabstriche. „Der Kundengeschmack ist im steten Wandel“, weiß Kirstin Walther. Und verweist auf Ariona-Saft. Der führt jetzt die Erzeugnispalette der Firma an. Apfelsäfte und Nektare landen auf dem zweiten Platz. Zudem veränderte Kirstin Walther die Kundenkommunikation komplett. „Der Saftblog und Twitter gehören zu unseren alltäglichen Kommunikationskanälen“, sagt sie.

Aber auch der persönliche Kontakt ist geblieben. Zum Beispiel im bereits erwähnten Saftladen, dem Werksverkauf der Firma am Standort.