Merken

Eine Französin macht Görlitz internationaler

Laure Teillet ist seit zehn Jahren in der Stadt. Jetzt gibt sie einen kompakten kleinen Reiseführer in acht Sprachen heraus.

Teilen
Folgen
© Pawel Sosnowski

Von Ines Eifler

Görlitz. Alles, was man über Görlitz und Zgorzelec wissen muss, auf 44 kleinen Seiten. Geschichte, Zahlen und Sehenswürdigkeiten komprimiert und gut sortiert, die Fotos zahlreich und treffend. Das Ganze in sechs, bald acht Sprachen: Das ist schon eine kleine Meisterleistung für jemanden, der nicht aus Görlitz stammt, keinen Medienberuf erlernt hat und Deutsch nicht als Muttersprache spricht. Die Französin Laure Teillet hat sich dieses große Projekt trotzdem vorgenommen und es inzwischen fast vollendet. Vergangene Woche ist ihr kleiner Görlitz-Reiseführer auf Tschechisch erschienen, zuvor auf Englisch, Französisch, Spanisch und Polnisch. Die deutsche Version ist bereits seit dem Frühjahr auf dem Markt, inzwischen in der zweiten Auflage. Die italienische Fassung ist in Arbeit, die russische für 2018 geplant.

„Görlitz ist einfach meine Stadt“, sagt Laure Teillet, die ursprünglich aus Besancon im Osten Frankreichs stammt. Das habe sie sofort gewusst, als sie vor zehn Jahren in Görlitz aus dem Zug stieg, die Bahnhofstraße entlanglief und dann die Gebäude in der Blockhausstraße bewunderte. „Und die waren damals wirklich noch nicht zum Verlieben“, sagt die 33-Jährige, „aber ich wusste, dass ich hierher gehöre, nach Görlitz.“ Ihr Aufenthalt in der Neißestadt sollte eigentlich nur ein halbes Jahr dauern, ein Auslandssemester in ihrem Kultur- und Managementstudium, das sie in Nantes begonnen hatte. Doch schon nach kurzer Zeit wandelte Laure Teillet Görlitz zu ihrem Hauptstudienort, ließ ihre bisherigen Leistungen aus Frankreich anerkennen und blieb.

Schon 2008 machte sich die damalige Studentin nebenbei selbstständig und bot Stadtführungen auf Französisch und Spanisch an. Auch mit der Organisation verschiedener Feste und Festivals ist Laure Teillet inzwischen schon seit vielen Jahren befasst. Bei den Jazztagen ist sie als Koordinatorin mit dabei, das Fest der Kulturen organisiert sie mit, die Veranstaltungen des Vereins Philmehr unterstützt sie, beim Viathea betreut sie jedes Jahr jeweils eine französischsprachige Künstlergruppe. Überhaupt sind ihre Sprachkenntnisse in Görlitz sehr gefragt: Sie gibt recht erfolgreich Nachhilfekurse für Schüler und Urlaubssprachkurse für Erwachsene. Sie übersetzt für Görlitzer Händler, die online ihre Produkte in verschiedenen Sprachen bewerben oder mit internationalen Kunden zu tun haben. Vom Landkreis wird sie öfter als Übersetzerin für französischsprachige Flüchtlinge angefragt.

Seit einigen Jahren arbeitet Laure Teillet auch stundenweise in der Touristeninformation auf der Brüderstraße. Dort kam ihr die Idee, einen Stadtführer für internationale Gäste herauszugeben. „Es gibt zwar genügend Informationen auf Deutsch, auch Englisch und Polnisch“, sagt sie, „aber Touristen, die keine von diesen Sprachen verstehen, erfahren häufig nur recht wenig über die Stadt.“ Oft seien Touristen nur zu zweit oder in kleineren Gruppen unterwegs und buchten gar keine Stadtführung, sicher auch wegen des höheren Preises für wenige Teilnehmer. Also beschloss Laure Teillet, einen Stadtführer als Broschüre herauszugeben, der genau wie ein echter informativer Stadtspaziergang aufgebaut ist, kurz und knapp, mit interessanten Fakten und so zu lesen, dass man die beschriebenen Orte gut hintereinander besuchen kann. „Ein Spaziergang mit Laure Teillet“ steht deshalb auf dem Titel. Die Inhalte recherchierte die Autorin in zahlreichen Büchern über die Görlitzer Geschichte und Architektur. „Vieles wusste ich zwar durch meine Stadtführungen“, sagt sie, „aber ich habe lieber noch einmal genau nachgelesen.“ Mit anderen Görlitzer Stadtführern stimmte sie sich darüber ab, was für Touristen am Wichtigsten sei. Für die Übersetzungen und die Korrekturen holte sie sich Unterstützung.

Sehr viel Zeit, Arbeit und auch Geld, etwa für Fotos und Übersetzungen, steckt in dem kleinen Büchlein. So viel, dass Laure Teillet nach 700 eigenen Arbeitsstunden allein für die deutsche Ausgabe aufgehört hat zu zählen. Und froh ist, dass sich die Broschüren in Görlitzer Buchläden und Touristeninformationen schon jetzt ganz gut verkaufen.