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„Eine Dreck-weg-App wäre gut“

Silvio Kockentiedt hat seit Jahresbeginn das Sagen über die Ordnung in der Stadt. Was er anpacken will, verrät er der SZ.

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© Claudia Hübschmann

Meißen. Zu Ostern wird Meißens neuer Ordnungsamtschef drei Monate im Amt sein. Höchste Zeit also, dass die SZ den 37-Jährigen einmal näher vorstellt. Und Fragen klärt, wie: Was wird sich im Bereich Ordnung ändern, was läuft schon gut? Oder: Was macht er eigentlich, wenn er nicht in seinem Amtszimmer ist? Zum Interview bittet Silvio Kockentiedt, gebürtiger Karl-Marx-Städter, aufgewachsen im Muldentalkreis, in sein Büro am Marktplatz. Bei einer Tasse Kaffee erzählt der Wahl-Radebeuler, dass er nach dem Abitur in Bad Lausick und dem Zivildienst an einer Kita in Naunhof bei Leipzig Verwaltungsfachangestellter im ehemaligen Landratsamt Muldentalkreis wurde und wie er über Wurzen und Dresden in Meißen landete. Im Sozialamt der Landeshauptstadt, erzählt Kockentiedt, habe er als Abteilungsleiter Wohngeld einst 80 Mitarbeiter geführt. Dass es in Meißen nun „nur“ noch knapp 40 sind, sei kein Rückschritt. „Es ist für mich der nächste Schritt, ich hatte Lust auf was Neues“, sagt das CDU-Mitglied.

Herr Kockentiedt, ihre Vorgängerin hat es im Amt nicht leicht gehabt, die Probezeit nicht überdauert. Es gab Stimmen, die das raue Klima in der Verwaltung dafür verantwortlich machten. Fühlen Sie sich denn bisher wohl?

Sehr sogar. Das Umfeld ist gerade im Vergleich zu meiner Dresdner Zeit richtig familiär. Die Mitarbeiter helfen sich untereinander und sind vor allem füreinander da. Als Familienvater kann ich Job und Zeit für die Familie in meiner jetzigen Position gut vereinbaren, selbst wenn es zwei- bis drei Mal in der Woche später wird, etwa bei Stadtrats- oder Ausschusssitzungen. Hier sollte man als Ordnungsamtschef Präsenz zeigen.

Zur Person

Seit 2008 wohnt Silvio Kockentiedt mit seiner Lebensgefährtin in Radebeul. Er hat zwei Kinder.

Beim ehemaligen Landratsamt Muldentalkreis absolviert er zwischen 2002 und 2005 eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten, arbeitet dann im Bereich Leistungsgewährung für ALG II – unter anderem in Wurzen.

In der Abendschule lernt Kockentiedt nebenbei Verwaltungs- und Betriebswirtschaftsrecht, schafft so die Voraussetzungen für den gehobenen Verwaltungsdienst.

Im Jobcenter Dresden beginnt er 2009 als Teamleiter, wechselt zwei Jahre später ins Sozialamt der Stadt und leitet die Abteilung Wohngeld, Teilhabe und Bildung.

Bei der Wahl zum Finanzbürgermeister in Freital scheitert er im September 2016 mit elf Stimmen am Fraktionsvorsitzenden der CDU Peter Pfitzenreiter (18 Stimmen).

CDU-Mitglied ist der 37-Jährige seit 2010, heute fungiert er als Mitgliederbeauftragter im CDU-Stadtverband Radebeul.

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Deutlich erfolgreicher lief es für den jetzigen Bürgermeister Markus Renner. Auch er war Ordnungsamtschef, viele trauen ihm sogar den Oberbürgermeisterposten zu. Für sie nachahmenswert?

Ich bin gerade mit meinem Beruf und Familie gut ausgelastet, habe erst als Ordnungsamtschef begonnen. Ich hatte noch keine Zeit über die kommenden fünf Jahre nachzudenken. Momentan habe ich keinen Sinn für etwas anderes als meine jetzigen Aufgaben.

Aber Sie würden einen ähnlichen Werdegang nicht ausschließen?

Nein. Das würde ich nicht.

Was gibt es bezogen auf Ihren Aufgabenbereich in Meißen nicht, in ihrer Heimatstadt aber schon?

Mobile Blitzer (lacht). Es wäre sicher eine Überlegung, so etwas in Meißen zu forcieren. Etwa vor Schulen oder Kitas. Ich bin ein Befürworter davon, zu zeigen, dass Kinder den Verkehr nicht so beurteilen können wie Erwachsene und geschützt werden sollten. Aber ein mobiler Blitzer kostet zwischen 40 000 und 50 000 Euro. Das Geld muss erst eingeplant werden. Dagegen gibt es schon zwei Verkehrsmesstafeln in der Stadt. Sie werden an verschiedenen Stellen aufgestellt. Gerade etwa in Oberspaar. Wir machen gute Erfahrungen damit. Perspektivisch wären mehr solcher Tafeln wünschenswert. Das ist aus meiner Sicht besser als feste Blitzer, wie es sie in Radebeul gibt. Die bringen vielleicht ein, zwei Jahre etwas, dann wissen die Autofahrer Bescheid. Da sind mobile Blitzer wirkungsvoller und außerdem auch deutlich günstiger.

Und was wird sich perspektivisch außerdem im Bereich Ordnung tun, was wollen Sie anpacken?

Ich fände zum Beispiel die Einführung einer Dreck-weg-App gut. Bürger hätten dann die Möglichkeit, über eine WhatsApp-Nummer zum Ordnungsamt Kontakt aufzunehmen und schnell und unkompliziert Dreckecken zu melden. Ich finde es außerdem wichtig, die Freiwillige Feuerwehr attraktiver zu machen. Im letzten Jahr haben lediglich 48 Kameraden fast 300 Einsätze absolviert. Hier sollten wir versuchen, ehrenamtliches Engagement zu fördern, Anreize für neue Mitglieder zu schaffen. Was genau solche Anreize sein könnten, werden wir in den nächsten Monaten erarbeiten.

Ein leidiges Thema sind Hundehaufen und sonstiger Schmutz auf den Straßen und Wegen. Was lässt sich hier verbessern?

Ich habe nicht den Eindruck, dass Meißen eine schmutzige Stadt ist, auch was den Hundekot betrifft. Es stehen fast 20 Hundekotspender und viele Papierkörbe im Stadtgebiet zur Verfügung. Damit besteht für jeden die Möglichkeit, für Sauberkeit zu sorgen. Das Problem von liegengelassenem Hundekot wird sich nie gänzlich lösen lassen.

Was sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit bisher und in Zukunft? Was ist anders als in ihrem vorherigen Beruf im Dresdner Sozialamt?

Ich habe die Verantwortung über die Mitarbeiter im Bereich Ordnung, Standesamt und Bürgerbüro. In den letzten Wochen habe ich mir die Arbeit in jedem der Bereiche angeschaut, sozusagen gelernt. Anders ist die vielschichtigere Arbeit. Ich muss öffentlich präsenter sein, trage mehr Verantwortung. Ich bin mehr unterwegs als im Sozialamt, es passiert nicht alles am Schreibtisch.

Was machen Sie zur Entspannung in der Freizeit, wenn sie nicht am Arbeitsplatz sind?

Da ist Zeit für die Familie. Ich bin leidenschaftlicher Hobbyhandwerker, repariere gerne Dinge oder baue sie zusammen. Man kann schon sagen, dass Hammer und Nagel meine Freunde sind. Vor vielen Jahren habe ich außerdem als ehrenamtlicher Helfer längere Zeit eine sachsenweite Radtour unterstützt. Ich habe darüber hinaus einen Nebenjob am sächsischen kommunalen Studieninstitut in Dresden, unterrichte hier sechs- bis sieben Mal im Jahr Verwaltungsrecht.

Welchen Wunsch haben Sie an die Meißner Bürger?

Dass jeder, so gut es geht, vor seiner Tür Ordnung hält. Dann könnte das Stadtbild noch schöner werden. Manchmal genügen kleine Handgriffe, um große Wirkung zu erzielen.

Gespräch: Marcus Herrmann