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Eine Bestellung bei Chemical Love

Eine 31-Jährige soll sich von einer der größten Drogenbanden beliefert haben lassen.

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© dpa

Von Alexander Schneider

Vor zwei Jahren hat die Polizei in Rheinland-Pfalz einem der umtriebigsten Drogenbarone Deutschlands das Handwerk gelegt. Mindestens seit 2015 soll der Dealer mit seinen Komplizen einen schwunghaften Internet-Handel mit Drogen aufgezogen haben. Der Shop im sogenannten Darknet, einem anonymen Bereich des Internets, wurde unter dem Namen „Chemical Love“ („chemische Liebe“) bekannt. Bis zu 50 Rauschgift-Sendungen sollen die Täter täglich aus der Pfalz verschickt haben.

Bei der Razzia am 14. April 2016 verhaftete eine Spezialeinheit das Trio und sicherte in dem „Btm-Bunker“ genannten Lager im pfälzischen Rülzheim erhebliche Beweise: darunter 54 Kilogramm Amphetamin, vier Kilo Heroin, 1,3 Kilo Kokain und 25 000 Ecstasy-Pillen. In ihrem Prozess wurde der Chef der Bande am Landgericht Landau Mitte 2017 zu insgesamt 14 Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Seine Mittäter erhielten Freiheitsstrafen von jeweils sieben Jahren und drei Monaten. Es war auch deswegen ein spektakuläres Urteil, weil der Drogenbaron den illegalen Umsatz zurückzahlen muss – dieser sogenannte Verfall wurde auf zehn Millionen Euro geschätzt. Er selbst hatte zu den Umsätzen geschwiegen und behauptet, er habe für einen Mann namens „Chino“ gearbeitet. Das nahm ihm das Gericht nicht ab – auch weil der Angeklagte einen Maserati hatte und ein luxuriöses Leben führte.

Eine Spur führt nach Dresden

Die Bande habe ihre Drogen meist direkt in den Niederlanden geholt und an Endabnehmer verkauft, was die Gewinnspanne offenbar deutlich erhöhte. Auch der Vater des Haupttäters, ein früherer Fußballprofi und Nationalspieler, war als Kurierfahrer für den geschäftstüchtigen Sohn unterwegs. Der ehemalige Sportler wurde dafür und weitere Taten im vergangenen Jahr zu drei Jahren Haft verurteilt.

Warum auch die Dresdner Justiz mit dem Fall zu tun bekam, liegt an einem unvollständigen Bestellzettel. Auch der wurde im April 2016 in Rülzheim sichergestellt. Auf dem Papier stand der Name einer 31-jährigen Dresdnerin, die Anfangsbuchstaben einer Straße, eine Postleitzahl und eine E-Mail-Adresse. Die Frau könnte ein sogenanntes Speedball-Package bei „Chemical Love“ bestellt haben – jeweils ein halbes Gramm Herion, Kokain und Crystal, was ebenfalls aus dem Zettel hervorging.

Die Deutsche stand nun wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vor dem Amtsgericht Dresden. Auf Rat ihres Verteidigers Ulf Weinhold hüllte sich die Angeklagte in Schweigen. Und das sollte sich lohnen. Denn ohne Angaben der 31-Jährigen war ihr nicht nachzuweisen, ob sie überhaupt etwas mit der Sache zu tun hatte. Sie wurde freigesprochen.