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Einblick in die Hexenküche

Die Historikerin Ariane Bartkowski erhält das Mättig-Stipendium 2015. Für ihre Forschungen zur Alchemie in Sachsen und der Oberlausitz.

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© Miriam Schönbach

Von Miriam Schönbach

Bautzen/Kamenz. Einem Alchemisten begegnet Ariane Bartkowski schon zu Kinderzeiten. Die gebürtige Meißnerin wächst im Schatten der Albrechtsburg auf, wo einst Johann Gottfried Böttcher für August den Starken statt Gold das Porzellan entdeckt. Doch schon 150 Jahre vorher zogen die Naturforscher mit dem teuflischen Ruf in die Fürstenhäuser ein. Auch August (1525–1586) und Anna (1532–1585) von Sachsen pflegten den Kontakt zu den Goldmachern. Diese „fürstlichen Laborpartner in der alchemistischen Praxis“ stehen im Mittelpunkt der Promotion der jungen Historikerin. Für die Arbeit erhielt sie am Sonntag in Kamenz das Mättig-Stipendium.

Nach der ersten Begegnung in der Kindheit begibt sich Ariane Bartkowski während des Studiums der Geschichte des Mittelalters und der Philosophie an der TU Chemnitz aus Interesse wieder auf die Spur der Alchemie. Sie entdeckt für den Studienabschluss den Görlitzer Alchemistenkreis. Die Gruppe um den Kaufmann und Bürgermeister Georg Emmerich betreibt im 16. Jahrhundert ernsthafte Wissenschaft statt Scharlatanerie jenseits von Hexenküchen. Tatsächlich legen solche Verbindungen von Herren mit ihren Forschungen den Grundstock für die Chemie und Pharmazie. Genau dieses Spannungsfeld interessiert Ariane Bartkowski – und seinerzeit auch Königin Anna. Schon deren Mutter am dänischen Hofe sammelt Heilkräuter und interessiert sich für die Medizin. „Diese Neigung bringt die Kurfürstin mit nach Dresden, während sich August anfangs gegen die Alchemisten-Mode sträubt“, sagt die 28-Jährige. Für die Recherchen las sie unter anderem ein Großteil der 55 000 Briefe der Kurfürstin und ihres Manns. Denn das Paar war seiner Zeit weit voraus. In den 37 Ehejahren verbrachten sie fast keinen Tag getrennt voneinander und teilten das Schlafzimmer. Normalerweise lagen seinerzeit Welten zwischen den höfischen Gemächern. Die Briefe zeigen aber mehr als die große Liebe. Sie stellen den Austausch über alchemistische Themen in die Herrscherhäuser bis nach Prag, Österreich, Spanien und Dänemark dar.

Neue Gründe für den Bruch

Auch die Oberlausitz streift das königliche Netzwerk. Der Bautzener Caspar Peucer steigt 1570 zum Leibarzt des Kurfürsten August von Sachsen auf. Vier Jahre später fällt der Onkel Gregorius Mättigs jedoch bereits in Ungnade und landet im Gefängnis. Bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse gingen davon aus, dass Religionsstreitigkeiten der Auslöser der Fehde waren.

Die junge Historikerin legt mit ihrer Dissertation neue Gründe für den Bruch vor: „Peucer schrieb ein langes Traktat gegen die Alchemie und das Weiberregiment am sächsischen Hof. Das gefiel August bestimmt nicht“, sagt Ariane Bartkowski.

Ihre Erkenntnisse will sie Anfang 2016 verteidigen. Danach sollen die Forschungen veröffentlicht werden. Dabei hilft ihr die einmalige Unterstützung von 1 200 Euro durch die Mättigstiftung. Ermöglicht wurde sie in diesem Jahr durch eine Spende des Kamenzer Rotary-Clubs.

Die Dr.-Gregorius-Mättig-Stiftung geht auf eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Oberlausitz zurück: Nachfahren des Bautzener Arztes und Ratsherren Gregorius Mättig (1585 bis 1650) riefen sie 2007 wieder ins Leben.