Von Rainer Kasselt

Sie singt: Komm, gib mir alles. Sie verlangt: Lass dich gehn, lass es raus. Sie stöhnt: Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre.

Ihre Fans wissen längst: Anna-Maria Scholz gehört auf die Bühne. Dort steht sie mit der Wucht eines Naturereignisses und singt und röhrt und haucht und stöhnt – und reißt jeden vom Hocker. Die 31-jährige Dresdner Rock-, Chanson- und Jazzsängerin wuchert im doppelten Sinn des Wortes mit ihren Pfunden. Annamateur, wie sie sich nennt, hat Musik im Blut, Witz im Kopf und Gefühl im Bauch. Selbstironisch singt sie in „Walgesänge“: Mein Busen hat mir mein Leben versaut. Mit ihrem kongenialen Trio „Außensaiter“, den Gitarristen Reentko Dirks, Daniel Wirtz und dem Cellisten Stephan Braun, betreibt sie parodistische Nabelschau und philosophische Weltsicht.

Anna-Maria Scholz singt eigene Lieder, beherrscht den Wechsel vom leisen ins laute Fach, springt von Musikgenre zu Musikgenre. Mal ist sie verschüchterte Anfängerin, mal männermordender Vamp, mal entfesselte Rockdiva, die mit dem Publikum und ihren Musikern nach Belieben spielt. Mal nimmt sie André Rieu auf den Arm, mal parodiert sie hinreißend Milva, mal legt sie los wie Ella Fitzgerald.

Am Sonnabend ist ihr der begehrte Radiopreis „Salzburger Stier“ beim von MDR Figaro organisierten Gala-Abend in Erfurt verliehen worden. Den mit 6 000 Euro dotierten Preis für Kleinkunst erhielten neben Annamateur die Kabarettisten Joesi Prokopetz aus Österreich und Manuel Stahlberger aus der Schweiz. Die renommierte Auszeichnung wurde zum 28. Mal von der Arbeitsgemeinschaft für Unterhaltung deutschsprachiger Sender vergeben.

Anna-Maria Scholz ist laut Jury ein wahres Stimmwunder. Die Musik wurde ihr in die Wiege gelegt. Die Eltern sind Musiklehrer, die drei Geschwister spielen jeder mindestens drei Instrumente, Hausmusik war programmiert. In der Theatergruppe des Dresdner Vitzthum-Gymnasiums war Anna-Maria schon der heimliche Star. Von 1997 bis 2003 studierte sie an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden. 1999 kam ihr Sohn Kaspar zur Welt.

Seit sechs Jahren ist sie freischaffend, schreibt Varitéstücke wie „Mutter Blamage und ihre Kinder“, tourt mit Programmen durch die Lande und verspricht mit ihren Musikern: „Wir zeigen alles, was wir zeigen können.“

Empfehlung: Annamateur und Außensaiter: Walgesänge, 1 CD, ROOF Music