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Ein Tüftler für Depeche Mode

In der Messehalle präsentiert die Kultband am Mittwoch ihr aktuelles Album. Daran hat der Pieschener Matthias Schmidt einen Anteil.

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Am Mittwoch spielt die legendäre Synthi-Pop-Band Depeche Mode in der ausverkauften Messehalle. Seit vergangenem Jahr tourt sie mit ihrem 2013 erschienenen Album „Delta Machine“ durch die Welt. Einen wichtigen Beitrag leistete der Pieschener Matthias Schmidt: Er hat Teile für den Synthesizer beigesteuert, der die elektronischen Klänge für die 13 neuen Songs liefert.

In Pieschen hat der 42-Jährige eine unsanierte Wohnung zur schlichten Werkstatt umfunktioniert. Dielen knarren. Gegenüber den alten Holzfenstern steht ein Kachelofen. Vor ihm ist ein Tisch platziert. Lötkolben, Kabel, Zettel und allerhand andere Dinge liegen chaotisch umher.

Auf den ersten Blick fällt es schwer zu glauben, dass hier die Basis für die elektronischen Klänge gelegt wird, die später durch Millionen Lautsprecher schallen. In dieser produktiven Unordnung fühlt Schmidt sich aber wohl. Der Tüftler und Bastler legt nicht viel Wert auf Äußerlichkeiten. Die Strubbelfrisur passt.

Als er den Auftrag von Martin Gore, Keyboarder und Gitarrist von Depeche Mode, erhielt, kam es nicht gänzlich überraschend. „Im Frühjahr 2012 rumorte es schon auf den einschlägigen Internetforen, dass Gore neue Teile für seinen Synthesizer zusammenkaufe.“ Für ein neues Depeche-Mode-Album, vermuteten die Fans. Dennoch ist es für ihn, der nach Italien, Schweden, Australien, Kanada oder in Dresden einzelne Module oder ganze Synthesizer verkauft, keine alltägliche Bestellung gewesen. „Das ist schon cool und krass gewesen, als Gore drei Module bei mir bestellte. Eines davon kann man als Herzstück bezeichnen“, erzählt Schmidt. „Aber es ist auch nur ein Auftrag, den ich genauso erledige wie alle anderen.“

Schmidts Bescheidenheit wirkt nicht aufgesetzt. Für ihn gibt es keinen Grund, euphorisch zu werden. Weder ist er ein Freund elektronischer Musik, noch ein Fan von Depeche Mode. „Eigentlich hat die falsche Band bei mir bestellt“, bemerkt er trocken. Ihm gefällt eher Gothic Rock. Vor allem die frühen Alben der Band The Cure, die er in seinem Firmennamen „curetronic“ verewigt hat. „Wenn die bei mir bestellt hätten, wäre das etwas anderes gewesen. Denen hätte ich den Synthesizer bis vor die Haustür getragen und gleich noch gesagt, dass sie vor fünf Jahren hätten aufhören sollen.“ Ein Schmunzeln huscht dabei über das Gesicht des gebürtigen Markneukirchners, der seit seiner Jugend einen Hang zu technischen und physikalischen Dingen hat – zum Leidwesen seines Vaters.

Bangen um die Werkstatt

Mit 13 Jahren nahm er das heimische Radio auseinander, ohne es wieder in den Ausgangszustand zu bringen. Der Physikunterricht fiel ihm leicht. Seine damalige Lehrerin an der Polytechnischen Oberschule wollte ihn zum Physikstudium überreden, aber dann kam der Fall der Mauer, und Schmidt begann eine Lehre zum Kommunikationselektroniker. 1990 verbrachte er sein erstes Lehrjahr in Dresden. „Damals verliebte ich mich in die Stadt, weil sie im Chaos der Wendezeit zahlreiche Freiräume bot.“ Jedoch dauerte es 18 Jahre, bis er sich für die Stadt an der Elbe als Wohnort entschied. In der Zwischenzeit hängte Schmidt seinen Job an den Nagel und begann, alte Synthesizer zu reparieren. Im Laufe der Zeit lernte der Autodiktat, sie zu konzipieren, zu entwerfen und zu bauen.

Wie lange er das noch machen kann, ist jedoch fraglich. Das Haus in Pieschen soll in naher Zukunft saniert werden. Die Miete könne er sich dann nicht mehr leisten. Seine Hoffnung ruht auf dem Ausbau des Zentralwerks, dessen Genossenschaftsmitglied er seit 2013 ist. „Eigentlich ist es für eine Stadt wie Dresden traurig, dass das Zentralwerk geschaffen werden muss“, erklärt er kopfschüttelnd. Einen Teil der Erlöse, die er durch den Verkauf seiner Technik und Workshops erzielt, investiert er in das alternative Wohnprojekt. Trotz der kleinen Unsicherheiten, die den Ausbau des Zentralwerks noch verhindern, blickt der Synthesizer-Bauer optimistisch in die Zukunft. Eventuell trägt Martin Gore seinen Anteil dazu bei, wenn er für das nächste Album wieder bei „curetronic“ einkauft.