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Ein starkes Team

Schon seit 1881 gibt es den Schmiedebetrieb in Krögis. Erhard Wachtel führt ihn in der vierten Generation.

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Käbschütztal. Nein, ein rundes Jubiläum ist es nicht. Und doch ein Datum, auf das man in Krögis stolz ist. Am 1. Juli besteht die Firma Wachtel seit 136 Jahren. Der Metallbaubetrieb hat zwei Weltkriege und die DDR-Zeit überlebt. Der 62-jährige Erhard Wachtel führt ihn in vierter Generation. Sein Urgroßvater Gustav kaufte und übernahm die Schmiede damals, Bruno Wachtel übernahm sie 1918.

1948 übernahm Herbert Wachtel, der Vater des jetzigen Inhabers, die Firma. Seit 21 Jahren nun führt Erhard Wachtel das Zepter des Familienbetriebes. Ehefrau Undine kümmert sich um die Büroarbeit, Sohn Matthias (30) absolvierte dort seine Lehre, machte die Meisterprüfung und qualifizierte sich zum Betriebswirt, er ist im elterlichen Betrieb angestellt. „Die beiden sind ein starkes Team, ergänzen sich sehr gut. Matthias ist sozusagen der Technische Direktor, mein Mann der Chef“, sagt Undine Wachtel. Zwei weitere Angestellte ergänzen das Team. Das waren mal mehr, bis zu acht in den 1990er Jahren. „Aber die Zeiten sind wieder anders geworden, wenngleich wir mit der derzeitigen Auftragslage zufrieden sein können “, sagt sie.

„Wegen der Niedrigzinsen tragen viele Leute ihr Geld nicht mehr auf die Bank, weil es praktisch keine Zinsen gibt und an Wert verliert. Stattdessen investieren sie in die eigenen vier Wände“, sagt Erhard Wachtel. Handwerker wie er profitieren von der Finanzkrise. Doch wie lange der Boom anhält, ist unklar.

Wer einen Auftrag erteilt, muss erst mal warten, im Schnitt so drei Monate. Und auch eine andere Entwicklung kommt dem Handwerksbetrieb zugute. „Leute, die es sich leisten können, legen wieder mehr Wert auf gute Qualität, sind bereit, dafür auch mehr Geld zu zahlen“, weiß der junge Familienvater Matthias Wachtel. Mit den Billigmärkten können und wollen die Krögiser nicht mithalten. „Gegen die Billigkonkurrenz aus China und Polen haben wir preislich keine Chance. Die Geiz-ist-geil-Mentalität ist zwar nach wie vor bei vielen Leuten vorhanden. Doch manche haben inzwischen begriffen, dass sie bei Billigprodukten meist zweimal bauen müssen“, so Schmiedemeister Erhard Wachtel.

Dennoch, von Kunden nur aus der Gemeinde könnten die Wachtels nicht leben. Ihre Kundschaft kommt aus einem Umkreis von rund 50 Kilometern, vor allem aus Radebeul und Dresden. „Kürzlich haben wir für ein Ehepaar aus Weinböhla einen Zaun gebaut. Die Leute sagten, dass sie etwas Ordentliches haben wollen und dies der letzte Zaun in ihrem Leben sein sollte. Deshalb haben sie sich für uns entschieden‘“, so Matthias Wachtel. Er hat noch zwei Schwestern. Die 36-jährige Dorothea ist Pfarrerin, Friederike (28) arbeitet als Pressesprecherin einer großen Dresdner Musikschule. Sie ist übrigens auch die amtierende sächsische Weinkönigin.

An öffentlichen Ausschreibungen beteiligt sich der Betrieb kaum noch. „Es ist ja so, dass der billigste Anbieter genommen werden muss. Da fallen wir meist hinten runter. Deshalb beteiligen wir uns nicht mehr. Der Aufwand ist viel zu hoch“, sagt Erhard Wachtel, der in den 1990er Jahren auch mal vier Jahre Gemeinderat war, das Prozedere kennt. Mitunter belegten die Krögiser bei einer Ausschreibung unter 30 und mehr Bewerbern den zweiten oder dritten Platz. Doch bei öffentlichen Ausschreibungen ist es wie beim Sport: der zweite Sieger ist der erste Verlierer.

In der Werkstatt wird so ziemlich alles gebaut, was mit Metall zu tun hat. Zaunanlagen, Tore mit und ohne elektrischem Antrieb, Treppen, Überdachungen, Kunstschmiedearbeiten. „Wir haben keine Spezialstrecke, sind breit aufgestellt, fertigen individuell an“, so der Firmenchef. Er hat nicht nur viele Jahre im Kirchenvorstand gearbeitet, sondern nimmt auch am Gemeindeleben regen Anteil. Oft sieht man ihn bei Gemeinderatssitzungen.

Die Zukunft von Käbschütztal liegt auch ihm am Herzen. „Egal, was mit der Gemeinde wird, ob wir nach Nossen oder Meißen kommen, wir werden immer das fünfte Rad am Wagen sein“, sagt er. „Bei jeder Variante sind wir nur das Anhängsel. Es interessiert doch einen Meißner nicht, ob die Straßenbeleuchtung in Luga in Ordnung ist oder nicht“, ergänzt sein Sohn.

Die Gründe für die heutige finanzielle Lage der Gemeinde Käbschütztal sieht Erhard Wachtel nicht erst in den letzten Jahren. Schon kurz nach der Wende seien falsche Weichen gestellt worden. „Wenn wir als Privatbetrieb so arbeiten würden, wären wir längst pleite“, sagt er.

Traurig findet Erhard Wachtel auch, dass mit der „Kugel“ die letzte Gaststätte in der Gemeinde dicht machte. Die soll jetzt verkauft werden. „Ich hoffe, dass die von mutigen Leuten gekauft wird, die Elan haben und es richtig anpacken“, sagt er.

So wie die Wachtels ihren Familienbetrieb seit 136 Jahren in nun vierter Generation führen.